Bewertung
Gabaldon, Diana

Ferne Ufer

"Faith is as powerful a force as science - but far more dangerous"

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Inhalt

Im Jahr 1968 setzt Claire mit der Hilfe von Roger und Brianna alles daran, Jamies Schicksal aufzudecken. Es ist eine mühsame Suche nach kleinen Hinweisen, doch Schritt für Schritt kommen sie voran und können rekonstruieren, wohin es Jamie in den Jahren nach Culloden verschlagen hat. Schließlich finden sie den finalen Hinweis, der es Claire ermöglicht, noch einmal durch die Steine zu reisen und mit Jamie wiedervereint zu werden. Schweren Herzens verabschiedet sich Claire von ihrer Tochter und macht sich auf den Weg durch die Zeit. Sie findet Jamie genau dort, wo sie ihn vermutet hat und die Wiedersehensfreude ist groß. Doch je mehr Zeit Claire im Jahr 1766 verbringt, desto mehr erfährt sie von dem, was Jamie in den vergangenen 20 Jahren erlebt hat. Während sie nicht beanstandet, wie er seinen Lebensunterhalt verdient, machen ihr die Geheimnisse, die Jamie erst einmal vor Claire verbirgt, durchaus zu schaffen. Dennoch raufen sich die beiden wieder zusammen und machen sich etwas unfreiwillig auf eine Seereise in Richtung der karibischen Inseln, um Jamies entführten Neffen Ian zu suchen. Dieses Abenteuer bringt viele Wendungen mit sich und am Ende der Geschichte finden sich Jamie und Claire an einem sehr fernen Ufer wieder.

Kritik

Diana Gabaldon schenkte uns im ersten Roman der Outlander Reihe Feuer und Stein mit Claire und Jamie ein episches Liebespaar und es schmerzte sehr, als sie in Die geliehene Zeit getrennte Wege gehen mussten. Genau aus diesem Grund fiebert man in "Ferne Ufer", dem dritten Teil der Geschichte, inbrünstig darauf hin, dass die beiden wieder miteinander vereint werden. Es ist eine lange Reise, denn ungefähr ein Drittel des Romans konzentriert sich darauf, auf das Wiedersehen vorzubereiten. In Claires Zeit liegt der Fokus auf der Suche nach Jamie. Hier ist es wieder etwas ungewohnt, dass die Geschichte nicht aus Claires Perspektive erzählt wird, denn ihre Gedanken bleiben vor uns verborgen. Man kann nur ahnen, wie groß ihre Sehnsucht nach Jamie ist. Jedes Mal, wenn sie einen Hinweis auf Jamie finden, geht der Fund mit der Möglichkeit einher, dass es der letzte Fingerzeig sein könnte oder das sie herausfinden, dass Jamie gestorben ist. Auch ungewiss ist durch die Erzählweise, wie Claire für ihre Tochter empfindet und wie es kommt, dass sie sich gegen Brianna und für Jamie entscheidet. Natürlich kann man nachvollziehen, dass Brianna eine erwachsene Frau ist, die die Fürsorge ihrer Mutter nicht länger braucht, dennoch wirkt Claires Entscheidung, Brianna zu verlassen und zu Jamie zu gehen, recht kalt. Erst später bekommen wir Einblicke in ihren Abschiedsbrief und können Claires Gefühle ein bisschen besser nachvollziehen. Gleichzeitig rollt man Jamies Geschichte auf. Wir erfahren von seinen Jahren als Dunbonnet, der Zeit in Ardsmuir und den Jahren auf Helwater. Jede einzelne dieser Etappen endet für Jamie mit einem Verlust, erst seine Familie, dann seine Männer, schließlich sein Sohn und so erzeugt man eine traurige Grundstimmung, bei der man hofft, dass Claire und Jamie wieder lächeln können, wenn sie einander endlich wiederhaben.

Lange arbeitet der Roman auf das Wiedersehen der beiden hin und als es dann schließlich soweit ist, überzeugt es auf ganzer Linie. Sowohl beim ersten Wiedersehen, als auch in der darauffolgenden Zeit spürt man beim Lesen, wie verbunden sich die beiden Hauptcharaktere sind. Es sind kleine Momente, wie Jamies Blick auf Briannas Fotos, die einem die Tränen in die Augen treiben und unglaublich nah gehen. Der Friede zwischen Claire und Jamie hält jedoch nicht lange an, denn bei ihrer Rückkehr nach Lallybroch kommt ein Geheimnis ans Licht, das Jamie bisher verschwiegen hat. Rückblickend und nach seiner Erklärung kann ich seine Zurückhaltung verstehen, doch es gab viele Momente, in denen er die Karten hätte auf den Tisch legen können, weshalb ich finde, dass man hier unnötigerweise die Dramatik auf die Spitze getrieben hat. Ähnlich ergeht es mit beim Thema Willie. Aus dem ersten Dritten des Buches wissen wir von Jamies Sohn und während einen das andere Geheimnis kalt erwischt, wartet man bei Willie förmlich darauf, dass Jamie die Bombe platzen lässt. Wieder zögert man es bis zur letzten Sekunde heraus und erzeugt dadurch einen großen Knall. Das Aufeinandertreffen mit Lord John wird von langer Hand eingeläutet und lässt mich hin und her gerissen zurück. Zwar habe ich in den Flashbacks, die aus Lord Johns Sicht geschrieben waren, durchaus gespürt, dass er sich zu Jamie hingezogen fühlt, die enorme Vertrautheit, die man uns auf dem Ball präsentiert hat, hat mich dann aber doch verdutzt.

Abgesehen von dem emotionalen Hin und Her mit den Nebenfiguren der Geschichte schafft Diana Gabaldon ein Abenteuer für unser Liebespaar, das noch exotisches ist als das vorangegangene. Ich kann mich noch gut daran erinnern, wie fremd mir die Atmosphäre Frankreichs im zweiten Roman vorkam, nachdem man sich mit Schottland angefreundet hatte, das zwar rustikal war, aber das Gefühl von Heimat vermittelte. Mit der Seereise verschärft man den Kontrast zu Schottland dieses Mal um einiges mehr und ich muss sagen, dass ich den Ausflug in die Welt der Piraten nicht vermissen werden. Die Entfernung von Schottland und der Verlust der Heimat ist ein harter Brocken, den es zu schlucken gilt und es wird noch dadurch erschwert, dass 20 Jahre vergangen sind, in denen sich die Figuren durchaus verändert haben oder verschwunden sind. Wir haben keinen Dougal und keinen Colum mehr, Murtagh ist nicht mehr da und Jenny ist Claire gegenüber sehr kalt. All die kleinen Säulen, die zu den Grundpfeilern der Geschichte gehörten, sind im dritten Teil nicht mehr vorhanden, oder haben sich sehr verändert, weshalb es mit der zusätzlichen geographischen Entfernung zum Ursprung der Geschichte zeitweilig schwerfällt, sich richtig einzufühlen.

Was allerdings unverändert geblieben ist, ist die Liebe, wie Claire und Jamie für einander empfinden. Es gibt viele Momente, in denen sie ihre Gefühle unter Beweis stellen können und müssen. Und auch wenn ich überrascht davon bin, wohin es die beiden am Ende der Geschichte verschlagen hat, sehe ich dem nächsten Teil der Geschichte mit Freude entgegen.

Fazit

"Ferne Ufer" trifft in Bezug auf die Liebesgeschichte von Claire und Jamie den gleichen rührenden Ton, wie seine beiden Vorgänger. Doch es ist viel Zeit vergangen und die Reise der beiden führt uns weit in die Ferne, was manchmal etwas zu viel des Guten ist und dazu fühlt, dass sich die vertraute Geschichte fremd anfühlt. Im letzten Kapitel fokussiert man sich jedoch wieder stark auf die Hauptfiguren und schürt die Hoffnung, dass der nächste Teil ihrer Reise etwas weniger exotisch sein wird.

Zum ersten Roman der Outlander-Saga: "Feuer und Stein"

Zum zweiten Roman der Outlander-Saga: "Die geliehene Zeit"

Zur Serienadaption der "Outlander-Saga"

Marie Müller - myFanbase
27.09.2023

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