Review: #4.07 Der Schutzschild
"Homeland", "Homeland", "Homeland"… Man denkt ja immer, die eine oder andere Episode hätte einen schon mit offenem Mund vor dem laufenden Abspann zurückgelassen. Aber diese Folge toppt sie alle. Zumindest die bisherigen der vierten Staffel. Wahrscheinlicher ist wohl, dass "Homeland" im Verlauf der Serie bereits so viele unglaubliche Momente bereithielt, dass man schon gar nicht mehr weiß, in welcher Reihenfolge man die "Oh mein Gotts" auflisten soll… Fakt ist: Auch diese Episode hielt einen dieser Momente bereit. Und zwar einen, der sich gewaschen hat.
"Maybe it started to grow on me?"
Lockhart kommt nach Islamabad, um zu erfahren, was hinsichtlich Saul Sache ist – und tritt Martha Boyd dabei gehörig auf die Füße. In seiner sehr eigenen, sehr undiplomatischen Art beschuldigt er die pakistanische Regierung, die Männer zu schützen, die hinter Sauls Entführung stecken. Er droht ihnen (angeblich in Absprache mit dem Präsidenten) mit Sanktionen, sollten sie nicht bald für Sauls Freilassung sorgen. Martha Boyd passt das verständlicherweise überhaupt nicht. Sie hatte keine Ahnung von Lockharts Plan, ganz abgesehen davon, dass er einfach in ihren Kompetenzbereich hineingrätscht. Lockhart ist also nach wie vor so herrlich unsympathisch wie eh und je. Da bleibt nicht aus, dass man mit Martha Boyd sogar ein wenig mitleidet, während sie sich mit ihm rumplagt. Dabei ist er nicht mal ihr größtes Problem. Ihr Mann scheint nämlich an seiner neuen Rolle als Spion für die ISI zunehmend Gefallen zu finden. Man möchte sogar meinen, er hätte neues Selbstbewusstsein getankt. So besteht sein neuster Auftrag darin, heimlich Carries Medikamente gegen Drogen auszutauschen. Hier ereignet sich übrigens eines der größten Mankos der Folge: Beinahe wäre Dennis Boyd von Quinn erwischt worden. Nur so richtig Sinn will nicht machen, warum Quinn überhaupt in Carries Wohnung geht. Er sucht sie – doch wurden dafür nicht Mobiltelefone erfunden?
Aber was soll's… Angesichts der restlichen Folge kann man darüber wohl noch einmal großzügig hinwegsehen.
"I was willing to let you die."
Carrie leidet. Zum einen fühlt sie sich, als hätte sie nicht nur Brody auf dem Gewissen, sondern nun auch Aayan . In einem 'schwachen' Moment mit Quinn gibt sie zu, froh zu sein, nicht auch noch Sauls Tod verantwortet zu haben. Und dennoch denkt sie, es wäre richtig gewesen, Haqqani in #4.06 From A To B And Back Again auszuschalten – egal, ob dabei auch Saul umgekommen wäre. Ein Gedankengang, der unerwartet ist und auch nicht so recht zu ihren ohnehin schon vorhandenen Schuldgefühlen passen mag.
Zum anderen kommen also auch noch körperliche Beschwerden zu ihrem gefühlsmäßigen Chaos hinzu. Und dieses Chaos wird dank der ihr untergejubelten Drogen von Minute zu Minute größer. Sie hat Wahnvorstellungen, wirkt vollkommen paranoid. Der Zuschauer nimmt ihre Perspektive ein, versteht dadurch, dass ihr Verhalten für sie selbst zwar plausibel ist, für Außenstehende aber vollkommen verrückt wirkt. Am Ende der Episode weiß man aber selbst als Zuschauer nicht mehr genau, was man eigentlich noch glauben soll. Denn plötzlich steht Brody vor ihr! Brody? Moment mal. Das geht doch gar nicht. Er ist doch gestorben! Oder etwa nicht!?? Ein tolles Verwirrspiel. Schließlich wäre durchaus denkbar, dass "Homeland" Trick 17 aus der Tasche zieht und für die wundersame Auferstehung Brodys sorgt. Ganz so hanebüchen ist es dann glücklicherweise doch nicht. Brody ist in Wirklichkeit Aasar Khan. Im Nachhinein fragt man sich, ob Khan von Carries psychischem Zustand überrascht ist oder ob er genau weiß, was vor sich geht und Carrie hier gerade in eine ziemliche große Falle tappt. Richtig durschaubar ist er momentan jedenfalls nicht. Khan wirkt zwar relativ unschuldig, das könnte aber auch nur reine Fassade sein. Mit der Geschichte um ihn und Carrie hat die Serie einen super Twist aus dem Hut gezaubert. Einen so guten, dass man es bis zur nächsten Folge gar nicht abwarten kann. So muss Fernsehen sein!
"I have no value to you." - "But you have already proven yourself to be of great value."
Wie Fernsehen außerdem sein muss, hat die Storyline um Saul und Haqqani gezeigt. Saul ist dessen Gefangener. Statt aber plakativ irgendwelche stereotypen Szenarien zu malen, dreht "Homeland" den Spieß um und zeigt dem Zuschauer, dass die Dinge oftmals eben doch nicht so sind, wie man denkt. Bereits in den letzten Folgen wurde deutlich, dass es kein Schwarz/Weiß, kein Gut oder Böse gibt. Es gibt nicht das eine Richtig und das eine Falsch. Vertreten werden die beiden Pole von Saul und Haqqani: Saul stellvertretend für die US-amerikanisch geprägte westliche Welt, Haqqani für die islamische. Beide verkörpern das Feindbild des jeweils anderen - und sind sich im Grunde doch gar nicht so unähnlich. Sie sind Menschen mit ganz ähnlichen Bedürfnissen. Und doch unterscheiden sie sich in einem Punkt ganz fundamental, nämlich in ihrer Weltanschauung. Und so führen Saul und Haqqani eines der wohl tiefgründigsten, ja fast schon philosophischsten Gespräche der gesamten Serie: "You point your finger at Islam. But if Christianity is to be judged by the misery it has caused mankind, who would ever be a Christian?" - "I'm a Jew." Wer da nicht ins Grübeln gerät…
Alle Achtung, dass "Homeland" nicht davor zurückschreckt, ein derart sensibles Thema anzusprechen. Die Serie sorgt dafür, dass man als Zuschauer auf einmal beide Seiten sehr gut nachvollziehen kann. Diese Tiefgründigkeit bei all der Spannung, all der Action dennoch nicht aus den Augen zu verlieren, ist eine der großen Stärken von "Homeland". Und spannungsgeladen war diese Folge ohne Frage. Man hat bei all dem nie vergessen, dass Saul in großer Gefahr schwebt. Bis zum Schluss rätselt man, welches Schicksal ihn ereilen könnte. Dabei liegt es auf der Hand: Saul ist nicht nur Haqqanis lebendiges Schutzschild. Er ist vor allem ein ausgezeichnetes Druckmittel gegen die US-amerikanische Regierung. Haqqani will einen Gefangenenaustausch bewirken. Fraglich nur, ob sich Lockhart und Co. tatsächlich darauf einlassen.
Fazit
"Homeland" macht zurzeit wieder richtig Spaß. Die Geschichte ist im Vergleich zu den vorherigen Staffeln erfrischend anders, weist aber dennoch immer wieder tolle Parallelen zu bereits Erzähltem auf. Das Wiedersehen mit Damian Lewis kam als große und ziemlich gute Überraschung daher, wird aber sicher eine einmalige Sache gewesen sein?! Es sei denn natürlich, das, was wir bisher von Carries Halluzinationen gesehen haben, war nur der Anfang!? #4.07 Redux entlässt einen definitiv mit dem Wunsch nach mehr! Hoffentlich geht's genauso erstklassig weiter!
Franziska G. - myFanbase
Die Serie "Homeland" ansehen:
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Informationen zur Episode
Englischer Titel: ReduxErstausstrahlung (US): 09.11.2014
Erstausstrahlung (DE): 24.07.2015
Regie: Carl Franklin
Drehbuch: Alexander Cary
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