Bewertung
Hideo Nakata

Chatroom

Kontrollieren. Editieren. Löschen.

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Inhalt

"Chelsea Teens!" nennt sich der von William (Aaron Johnson) eröffnete Chatroom, der zum festen Treffpunkt für seinen Gründer und vier weitere Jugendliche wird. In der virtuellen Welt entsteht eine vermeintlich tiefe Freundschaft und nach und nach vertrauen Nachwuchsmodel Eva (Imogen Poots), der extrem schüchterne Jim (Matthew Beard), die sich von ihren Eltern mehr Aufmerksamkeit wünschende Emily (Hannah Murray) sowie der in eine erst 11-jährige verliebte Mo (Daniel Kaluuya) dem ihnen gegenüber so gutherzig wirkenden William ihre Sehnsüchte, Hoffnungen, Sorgen und Geheimnisse an. Doch die jungen Menschen ahnen nicht, mit welcher labilen und bösartigen Persönlichkeit sie es tatsächlich zu tun haben. Und schon bald gerät der unter Depressionen leidende Jim in Williams lebensgefährlichen Strudel aus Manipulation und Selbsthass...

Kritik

Facebook, MySpace, Twitter, Blogs – das Internet bietet eine Vielzahl von Möglichkeiten zur Darstellung der eigenen Person, Ausübung von Kreativität, Verbreitung unterschiedlichem Gedankengut sowie Austausch zwischen Personen jeden Alters, sozialer und geographischer Herkunft. Unter der Regie von Hideo Nakata (verantwortlich für "Ringu", das japanische Original zu "The Ring" und "The Ring 2" entstand mit "Chatroom" ein Film, welcher sich mit den Abgründen der virtuellen Welt befasst und aufzeigt, zu welcher Gefahrenquelle eben jene werden kann. Da der pädophile Erwachsene auf Suche nach jungen Mädchen, dort brutales Cybermobbing und schließlich – das diesbezügliche Hauptthema des Psychothrillers – die vermeintliche Glorifizierung von Selbstmord. William führt Jim in einen versteckten Chatrroom, in dem er und eine weitere Frau ihrem Opfer die Wertlosigkeit seines Lebens einreden. Das ist harter Tobak und erfordert vom Zuschauer psychische Stabiliät.

Vom Handy oder Laptop aus nutzen die Figuren das Internet. Das Originelle: Die verschiedenen Chatrooms werden visualiert. So sitzen William und Co. zu Beginn des Films in einem schmucklosen Raum im Stuhlkreis und unterhalten sich. Jeder Chatroom besitzt eine andere optische Gestaltung und drückt damit die Persönlichkeit seines Gründers beziehungsweise seiner Gründerin aus. Nakata verzichtet auf den Einsatz natürlicher Farben. Kalt erscheint die Realität, knallbunt die virtuellen Plauderräume. Der Soundtrack, bestehend aus harten elektronischen Klängen, mag Geschmackssache sein; er passt jedoch perfekt zur äußerlichen Künstlichkeit.

Nakatas Werk ist nicht nur visuell interessant, sondern auch rasant und packend erzählt. Im Verlauf des Films wird die Spannungschraube immer stärker angezogen. Die Darsteller leisten ordentliche Arbeit, wobei Aaron Johnson der größte Spielraum zuteil wird. Als William versteht er auf ganzer Linie zu überzeugen. Von allen Figuren ist hier keine derartig gelungen und ausgereift, wie dieser im Grunde zutiefst unglückliche Jugendliche, der zu Auto- wie Fremdagressionen neigt und so unfassbar kaltschnäuzig agiert.

Würde das Finale nicht nach einem vorhersehbaren Schema F ablaufen (inklusive Logiklöcher), so hätte "Chatroom" die zweithöchste Wertung erhalten.

Fazit

Bis auf das allzu konventionelle Finale ein optisch kreativer, hochspannender und beklemmender Psychothriller über die dunklen Ecken innerhalb der virtuellen Welt. Top: Die Charakterisierung des innerlich zerrissenen Antagonisten.

Maren Langos - myFanbase
17.07.2011

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