Bewertung
Mike Mills

Beginners

"Arthur, you're coming to live with me now."

Foto: Copyright: 2011 Universal Pictures Germany
© 2011 Universal Pictures Germany

Inhalt

Müll – einen Haufen Müll. Das und der kleine Jack-Russell-Terrier Arthur sind neben Erinnerungen das Einzige, was vom Leben von Hal (Christopher Plummer) zurückgeblieben ist. Lange ist dessen Tod noch nicht her, da rümpelt sein Sohn Oliver (Ewan McGregor) das Haus aus. Er ist tief erschüttert über den Tod des Vaters, obwohl dieser alles andere als plötzlich kam. Hal hat sein Leben genossen, die letzten Jahre waren wohl die glücklichsten seines Lebens. Sechs Monate nach dem Tod der Mutter, hatte sein Vater Oliver eröffnet, dass er schwul ist und dies nun auch ausleben möchte. Der neue Freund (Goran Visnjic) zog bald ein und Oliver kümmerte sich weiterhin um ihn. Nun, nach dem Tod seines Vaters, hat Oliver jeglichen Halt verloren. Erst als er Anna (Mélanie Laurent) kennen lernt, scheint es eine Wendung zu geben. Doch die Vergangenheit lastet noch immer auf dem Mann.

Kritik

Es gibt Probleme, die jede Generation prägen. So ist man als junger Erwachsener damit beschäftigt, seinen Platz im Leben zu finden und selbstständig zu werden. Ab Mitte 30 dann wird einem wohl irgendwann klar, dass auch die Familie immer wichtiger ist und man muss sich langsam an ein Leben gewöhnen muss, in dem die eigenen Eltern nicht mehr die große Rolle spielen. Eben in dieser Situation befindet sich Oliver, der in "Beginners" nach dem Tod der Mutter nun auch den Tod seinen Vaters verkraften muss.

Der Film beginnt mit dem Ausmisten des Hauses von Hal, mit Medikamenten, die die Toilette heruntergespült werden und einem ganzen Müllberg. In Rückblicken erzählt Oliver vom Leben seines Vaters – vor allem dessen letzten Jahre. Sechs Monate nach dem Tod der Mutter hat sich dieser vor seinem Sohn geoutet. Für Oliver war dies ein Schock und gleichzeitig eine Befreiung, ist dies doch die Antwort darauf, warum seine Eltern niemals ein warmherziges Verhältnis hatten. Doch wer jetzt glaubt, einen Film über den Wiederaufstieg des gebrochenen Oliver über die Trauer hinweg zu sehen, der irrt. Denn eigentlich ist "Beginners" ein Beziehungsfilm. Ein charmanter, graziöser und gleichzeitig naiver Beziehungsfilm über einen Mann, der die Beziehung zu seinem Vater verarbeitet und gleichzeitig eine neue Beziehung eingeht. Es wäre - in falschen Händen - wohl ein Leichtes gewesen, den Film zu einem deprimierenden Streifen über den Tod und seine Auswirkungen zu machen - doch zum Glück inszenierte Mills sein eigenes Drehbuch selber und schafft es so, es zu dem einzigartigen Ereignis zu machen, das der Film letztlich ist.

In mehreren Zeitzonen angesiedelt ist es für den Zuschauer durchaus eine Herausforderung, immer am Ball zu bleiben. Dabei spielt die Hauptstoryline nach dem Tod von Hal, in der Oliver noch mit seinem Schicksal hadert und in Anna endlich wieder die Liebe findet. Doch gleichzeitg wird auch den anderen Geschichten unheimlich viel Zeit gegeben zu wachsen, die mit den Off-Kommentaren von Oliver immer wieder auf den neusten Stand gebracht werden. Mills ist dabei schlau genug zu wissen, dass die Trauer eines Menschen ein Prozess ist und gleichzeitig eine Erfahrung. So ist das Leben von Oliver nach dem Tod seines Vater mit Erinnerungen gepflastert, die vor allem von seinem späteren Vater handeln. Dabei erzählt der Film die Erinnerungen eben so wie sie kommen. Manchmal etwas durcheinander, aber dennoch niemals unwichtig. Die Rückblicke, auch an den Bildern zu erkennen, vor allem aber an den Spielereien, die der gelernte Grafikdesigner Mills einbaute.

Der Film schafft es außerdem wunderbar, die Balance zu finden zwischen dem so wichtigen Humor und dem Gefühl, das einem als Zuschauer das Herz bricht. Obwohl so vieles in Olivers Leben keinesfalls witzig oder gar lebenswert ist, so hat Mills mit ihm einen Charakter geschrieben, der es schafft, Humor zu zeigen. So kann sich bereits die erste Szene einer gewissen Komik nicht entziehen, wenn Oliver dem Jack Russell Arthur die Wohnung zeigt und dabei mit ihm spricht. Oliver ist als einfacher Mann geschrieben und wird von Ewan McGregor auch als solcher gespielt. In einer seiner wohl besten Performances zeigt McGregor erneut, was er für ein großartiger Darsteller ist.

Mit dem Verlauf des Filmes werden die Beziehungen des Films ernster. Hal wird krank und Anna und Olivers frische Beziehung füllt sich mit den üblichen Problemen, die wohl in jeder Beziehung stecken. Was wird aus ihnen? Was wollen sie vom Leben? Viel Zeit des Films - gerade in dieser Phase - wird damit verbracht, Olivers Gedanken zu lauschen und zu verstehen, wie er sich fühlt. Ob dies nun Gedanken um den Vater, oder Anna sind. Mit dem Outing von Hal wird die Beziehung von Vater und Sohn enger und entwickelt eine unglaublich tolle Chemie, die den Zuschauer jede gemeinsame Szene genießen lassen. Eine bereits im Trailer gezeigte Szene, in der Hal nachts bei Oliver anruft, zeigt dies auf urkomische Art. Darin will Hal nach einem Abend in der Disco wissen, was dies für Musik war, die lief. Oliver erzählt, dass es sich um House-Musik handelt. Nur wenige Szenen später beobachtet Oliver seinen alternden Vater am Krankenbett. Mills schafft es, diese Momente des Glücks ebenso wie die der Bedrückheit hintereinander zu senden, ohne dass der Film seine Integrität und seine Ehrlichkeit verliert.

Ebenso wie McGregor überzeugt auch Plummer auf ganzer Linie. Er kann jede Eigenheit seines außergewöhnlichen Charakters zu Bild bringen und liefert hier ebenfalls eine außergewöhnlich gute Performance ab. Genauso wie Laurent, die einfach hinreißend ist. Sie ist süß und sympathisch.

Fazit

Mit einem wunderbaren Drehbuch, einer handvoll meisterhaft agierender Darsteller und einer Inszenierung, so herrlich einzigartig, wie man sie lange nicht gesehen hat, überzeugt "Beginners" auf ganzer Linie. Von der ersten bis zur letzten Minute gefesselt und begeistert erleben wir mit, wie Oliver durch die Trauer um seinen Vater erfährt, wie man wirklich lebt.

Eva Klose - myFanbase
28.06.2011

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