Girlfriend Experience, The
"I should probably see a shrink, but it seems like a lot more fun to see you."
Inhalt
"The Girlfriend Experience" gewährt einen Einblick in fünf Tage eines Edel-Callgirls in Manhattan, die zeitlich kurz vor der Präsidentschaftswahl 2008 angesiedelt sind. Sie denkt, dass sie ihr Leben vollkommen unter Kontrolle hat, da sie Unsummen an Geld mit ihrem Beruf verdient und darüber hinaus einen verständnisvollen Freund hat, der ihren Lebensstil akzeptiert. Doch wenn man beruflich Menschen trifft, weiß man nie, was das für Menschen sind und inwieweit sie die aufgebaute Fassade, um die eigene Würde zu bewahren, einzureißen versuchen.
Kritik
Sasha Grey ist kein Opfer. Sie ist nicht zugedröhnt, ist nicht durch einen bösen Zufall in diese Branche geraten und wird dort auch nicht gegen ihren eigenen Willen festgehalten. Sie war bereits vorher sehr daran interessiert und hat sich, sobald sie 18 war, einen Agenten geholt, der ihre Karriere voranbringen sollte. Heute ist Sasha Grey 21 und eine der angesehensten Pornodarstellerinnen der Branche, berühmt für ihren Willen zu und ihren Spaß an besonders harten Sexszenen. Zudem modelt sie seit Jahren für den größten Kleidungshersteller der USA, hat ein Duett mit Moby aufgenommen und bereits in einem kanadischen Horrorfilm mitgespielt. Vor kurzem hatte sie zudem eine kleine Rolle in der Web-Satire "James Gunn's PG Porn" mit Nathan Fillion inne.
Wie jemand wie Steven Soderbergh, der Regisseur der "Ocean's"-Reihe sowie den oscarprämierten Dramen "Traffic" und "Erin Brockovich" dazu kommt, jemanden wie Sasha Grey für eine Hauptrolle für einen seiner Filme zu casten? Weil er ein Interview mit ihr im "Los Angeles Magazine" gelesen und sofort von ihrer Haltung und Eloquenz beeindruckt war, weil er von ihrer Vielseitigkeit fasziniert war und weil er fand, dass sie aufgrund ihrer Erfahrung in der Pornobranche die perfekte Besetzung für ein Callgirl in "The Girlfriend Experience" wäre.
Was sie letzten Endes auch war. Nicht nur, dass dem Film dadurch sehr viel Authentizität gegeben wurde, man merkt Grey auch deutlich an, dass sie sechs Jahre lang Schauspielunterricht nahm. Sie schafft es bravourös, die einzelnen Emotionen, die von ihr gefordert werden, glaubhaft auf die große Leinwand zu transportieren. Dass das geforderte Repertoire nicht unbedingt das vielschichtigste ist, das man je gesehen hat und dass aus Grey (sehr wahrscheinlich) keine gefeierte Schauspielerin wird, ist klar. Ihre Rolle und ihre Leistung funktionieren in dem Film aber in dem Maße, in dem sie funktionieren sollen, sprich vor allem in Form einer kühlen und teilweise arrogant wirkenden Frau, die aber durchaus in manchen Situationen ihre Fassade fallen lässt, und allein darum geht es.
Steven Soderbergh hat sich mittlerweile einen Ruf als Regisseur gemacht, der immer wieder zwischen seinen Blockbustern oder Kritikerlieblingen Arthouse- bzw. Experimentalfilme dreht, weil er oft das Gefühl hat, dort seiner Kreativität eher freien Lauf lassen und einem ausgewählteren Publikum mehr zumuten zu können. Das führt sowohl bei Zuschauern als auch bei Kritikern oft zu Kopfschütteln, hat ihm aber auch viel Lob eingeheimst. Auch bei "The Girlfriend Experience" merkt man nicht nur aufgrund der Wahl von Thema und Hauptdarstellerin, dass das keine typische Hollywood-Produktion ist: Das Budget ist mit 1,3 Millionen US-Dollar vergleichsweise gering ("Ocean's 13" hatte beispielsweise ein Produktionsbudget von 113 Millionen US-Dollar) und der gesamte Film wurde mit einer sehr kostengünstigen Digitalmethode gefilmt. Soderbergh spielt dabei zudem mit relativ wenigen Einstellungen, bei denen die Kamera starr auf einen Punkt fixiert bleibt, auch wenn der Fokus der Handlung (und damit des Bildes) sich auf einen anderen Punkt hinbewegt hat. Dazu kommt das interessante Spiel mit Schärfe und Unschärfe von Vorder- und Hintergrund, wodurch ein inszenatorisch äußerst ansprechender Kontrast erzeugt wird.
Handlungstechnisch kommt es zu zahlreichen Zeitsprüngen zwischen den einzelnen Szenen und Erzählsträngen, die aber nie für Verwirrung sorgen, sondern explizit genug sind, um den Überblick nicht zu verlieren. Trotz einer Laufzeit von lediglich 78 Minuten wurde dennoch die eine oder andere unnötige Erzählebene mit eingeschoben. Dass kein Spannungsaufbau im klassischen Sinne vorhanden ist, war aufgrund der Form des Films zu erwarten und ist nicht weiter schlimm, sehr wohl aber, dass der Einblick in das Leben von Chelseas bzw. Christines Umfeld zu unkontrolliert und unfokussiert geschieht, als dass man sich dafür interessieren könnte. Insbesondere die zahlreichen Andeutungen zur aktuellen ökonomischen Krise sowie zur bevorstehenden Präsidentschaftswahl wirken teilweise zu sehr als einfach in die Handlung geworfen, um dem Film einen Rahmen zu geben, was aber letzten Endes eher stört als die Erzählebene sinnvoll zu erweitern.
Fazit
"The Girlfriend Experience" ist ein interessanter Experimentalfilm Soderberghs, der vor allem aus optischer Sicht und dann, wenn der Fokus auf der Hauptperson liegt, zu überzeugen weiß. Sonst macht er trotz relativ kurzer Laufzeit einen teilweise unkonzentrierten und nervösen Eindruck. Dennoch bietet er einen reizvollen und wirklichkeitsnahen Einblick in ein auch heutzutage viel zu sehr tabuisiertes Berufsbild.
Andreas K. - myFanbase
25.08.2009
Diskussion zu diesem Film
Weitere Informationen
Originaltitel: Girlfriend Experience, TheVeröffentlichungsdatum (USA): 22.05.2009
Länge: 78 Minuten
Regisseur: Steven Soderbergh
Drehbuchautor: David Levien, Brian Koppelman
Genre: Drama
Darsteller/Charaktere
Sasha Grey
als Chelsea / Christine
Chris Santos
als Chris
Philip Eytan
als Phillip
Peter Zizzo
als Zizzo
Aktuelle Kommentare
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