Baz Luhrmann

Moulin Rouge

Es knistert. Ein Dirigent schwingt virtuos den Taktstock zur Melodie der Twentieth Century Fox, die von einem Orchester vor einem roten Theatervorhang gespielt wird. Der Vorhang öffnet sich und was sich dahinter verbirgt, lässt sich nur mit einem Ausdruck beschreiben: ein Rausch der Sinne...

Foto: Copyright: Twentieth Century Fox Home Entertainment
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Inhalt

Paris, um 1900. Im „Moulin Rouge“, der Attraktion des Amüsements jener Zeit, lassen sich allabendlich vergnügungssüchtige Männer das Nachtleben durch Can Can-Tänzerinnen und Kurtisanen versüßen. Eine Schar von Herren betritt das Etablissement und schmettert lauthals Nirvanas „Smells Like Teen Spirit“: „Here We Are Now, Entertain Us…“. Ein wahrer Bilder- und Akustiksturm bricht los und der Zuschauer findet sich im Nu inmitten röckeschwingender Damen und absinthträchtiger Männer wieder.

In dieses Milieu verschlägt es auch den jungen Dichter Christian (Ewan McGregor), der nach Paris reist und im „Moulin Rouge“ auf die Kurtisane Satine (Nicole Kidman) trifft, in Künstlerkreisen als „Sparkling Diamond“ des Klubs bekannt. Christian, der von der Künstlergruppe um Toulouse Lautrec (John Leguizamo) zur Beteiligung am Erschaffen eines neuartigen Theaterstückes überredet wurde, ist von Satine sofort hingerissen, besitzt diese doch nicht nur eine atemberaubende Schönheit, sondern auch äußerst eigensinnige Verführungskünste. Allerdings stellt sich heraus, dass Christian das Opfer einer Verwechslung ist, denn Satine ist von Theaterleiter Harry Zidler (Jim Broadbent) beauftragt worden, den schwerreichen Duke (Richard Roxburgh) zu bezirzen, der das „Moulin Rouge“ vor dem drohenden finanziellen Ruin bewahren soll.

In feinster Arbeit wird mit dessen finanzieller Hilfe ein Theaterstück geschrieben, dass von Christian inszeniert und mit Satine besetzt werden soll. Doch um Christian ist es längst geschehen und spätestens, wenn er die eigensinnige Kurtisane mit Elton Johns „Your Song“ anschmachtet und die beiden auf einer riesigen, glitzernden Elefanten-Gestalt hoch über den Dächern von Paris euphorisch Lovesongs von „All You Need Is Love“ bis „I Will Always Love You“ schmettern und von dem lächelnden Mond dabei mit tiefer Tenorstimme begleitet werden, ist es nicht nur um die beiden Liebenden, sondern auch um den Betrachter geschehen.

Satine schweben ohnehin andere Pläne vor, als allabendlich die Männerwelt von Paris zu beglücken. Sie will das „Moulin Rouge“ um jeden Preis verlassen und Schauspielerin werden. Melancholisch und mit hoffnungsvoller Mine stimmt sie des Nachts in ihren Gemächern „One Day I´ll Fly Away“ an. Doch der verstoßene Duke schmiedet indes Rachepläne, als er von der geheimen Affäre Christians und Satines erfährt. Er droht dem Poeten ohne dessen Wissen mit dem Tod, wenn sich Satine weiterhin mit ihm einlässt. Doch nicht nur der eifersüchtige Aristokrat stellt sich Christians und Satines Liebe in den Weg. Satine ist todkrank…

Kritik

Die genial-verzaubernde Kraft hinter diesen Bildern hat einen Namen: Baz Luhrmann heißt der Mann, der mit seinem famosen „Moulin Rouge“, nach „Strictly Ballroom“ (1992) und „William Shakespeare´s Romeo und Julia“ (1996) dem letzten Teil seiner so genannten „Red Curtain“-Trilogie, wieder einmal seine Schöpferkraft in Sachen Bildergewalt unter Beweis stellt.

„Moulin Rouge“ ist ein Musical. Doch es ist noch weit mehr als das. Es entführt den Zuschauer auf eine schwindelerregende Reise in eine Welt aus Glanz, Tanz, Schmachten und Tränen. Was die Musik zu einem solch besonderen Genuss macht ist die Verbindung aus klassischen Can Can-Kompositionen und modernen Pop-Stücken. So verschmelzen Werke von David Bowie, Elton John, Nirvana, Madonna oder Phil Collins scheinbar mühelos mit dem pompösen orchestralen Stil des frühen vergangenen Jahrhunderts. Da ist es kaum verwunderlich, dass die durchweg hinreißenden Darsteller erst einmal Gesangs- und Tanzstunden verordnet bekamen. Nicole Kidman, die die ebenso temperamentvolle, wie melancholische, „Moulin Rouge“-Attraktion Satine mit einer passenden Mischung aus Stärke und Tragik verkörpert, verzaubert mit einer wunderbar zarten Stimme, die besonders in Verbindung mit ihrem Liebsten Christian zur Geltung kommt.

Der sich vor Liebe verzehrende Dichter wird von Ewan McGregor dargestellt und schon die Vorstellung macht es besonders für die weiblichen Beobachter verständlich, dass Satine trotz aller Verpflichtungen für den jungen Poeten entflammt. Bereits in der Jane Austen-Verfilmung „Emma“ (1996) machte McGregor auf sein nicht zu verachtendes Gesangstalent aufmerksam. Stand er damals jedoch noch recht steif, wenn auch mit einem verschmitzten Lächeln, neben Gwyneth Paltrow, die ihn am Klavier begleitete, so beeindruckt er als Christian in der Welt des „Moulin Rouge“ nicht nur mit einem gereiften stimmlichem Eindruck, sondern auch mit euphorischem Körpereinsatz, der den Zuschauer jedes Mal erneut von Christians ekstatisch-geschwellter Brust gefangen nimmt.

Nicole Kidman und Ewan McGregor schaffen es bei jeder gemeinsamen Szene, bei jedem Duett, bei jedem gemeinsamen Augenzwinkern dem Zuschauer ein Lächeln ins Gesicht zu zaubern. Man weiß sehr früh, dass Satine tödlich erkrankt ist. Man weiß, dass die gesellschaftlichen Konventionen der Liebe keine Chance lassen. Man weiß, dass die Tragik siegen wird. Dennoch nimmt man all dies nicht bewusst wahr oder will man es einfach nicht wahrnehmen? Es ist einfach zu berauschend, mitanzusehen, wie Satine und Christian ihre Gefühle besonders vor Duke, herrlich egozentrisch dargestellt von Richard Roxburgh, zu verbergen versuchen und sich doch immer wieder verschmitzt-verstohlene Blicke zuwerfen.

Umgeben werden die Protagonisten von einer Riege kauziger und wunderbar-einzigartiger Charaktere, allen voran Theaterbesitzer Harry Zidler, gespielt von einem Meister der Nebendarsteller, Jim Broadbent und Schriftsteller Toulouse Lautrec, herrlich skurril dargestellt von John Leguizamo, den Baz Luhrmann schon für „Romeo und Julia“ als unterstützenden Mimen für sich entdeckte.

Doch das Klangreich des „Moulin Rouge“ ist natürlich nichts ohne die beeindruckenden Massentanzszenen in eben jenem sagenumwobenen Amusement-Tempel, bei denen nicht nur die rasende Kamerakunst dem Beobachter keine Gelegenheit zum Ausatmen gibt. Die Kulissen funkeln und glitzern und der Kinosaal scheint mit der Gewaltigkeit dieser neuen Welt zu verschmelzen, einer Welt, die gleichsam zu bezaubern wie auch zu rühren weiß.

Fazit

Die Anziehung, die vom „Moulin Rouge“ ausgeht, ist berauschend. Doch vor allem ist sie eines: Charme pur!

Britta - myFanbase
09.08.2004

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