Bewertung

Review: #1.01 Pilot

Es ist schon sehr interessant, welche Mittel diese knapp 90-minütige Auftaktepisode von "Defiance" verwendet, um die Zuschauer zu gewinnen. Auf der einen Seite gibt es viele aufwendige Actionmomente, die ihren Höhepunkt in einer Schlacht finden, die zwischen den Bewohnern von Defiance und einer feindlichen Armee entbrennt. Eine Schlacht, die sich ein bisschen bei filmischen Vorlagen wie "300", "Mad Max", "Star Wars" und "Transformers" bedient. Einen solchen Showdown, der in der Regel am Ende einer Geschichte steht, als Einstimmung auf noch mindestens elf weitere Folgen erleben zu dürfen, kommt nicht oft vor.

Auf der anderen Seite fällt die Charakterzeichnung in dieser ersten Episode durch extreme Klischeehaftigkeit auf. Alle Figuren sind nach so altbekannten Mustern gestrickt, dass man die Mottenkiste, aus der sie stammen, förmlich riechen kann. Als da wären: ein Romeo und eine Julia, die in diesem Fall Alak und Christie heißen und ein Alien und ein Mensch sind, eine Hure mit Herz (Kenya), die das raubeinige Männergesindel um den Finger wickelt, die neue Anführerin (Amanda), die sich noch Respekt verschaffen und aus dem überlangen Schatten ihrer Vorgängerin treten muss, die intriganten Strippenzieher à la "Dallas" (Datak und Stahma), die fiese Pläne schmieden, um ihre Macht und ihren Reichtum zu mehren, die rebellische Teenagerin (Irisa), die erste Anzeichen dafür zeigt, vielleicht die große Liebe des herzensguten Aufrechten (Tommy) zu werden, obwohl beide ja eigentlich gar nicht zusammenpassen, und natürlich der Frontman der Serie (Nolan), der Tunichtgut, Held, Vater und Liebhaber in Personalunion ist. Man kommt sich im Laufe dieser ersten Folge durchaus ein bisschen vor wie in einer großen, spektakulären Sci-Fi-Soap.

Das klingt nicht unbedingt positiv, aber man spürt in jeder Minute, dass "Defiance" viel mehr kann. Die gesamte Hintergrundgeschichte der Serie sowie die politischen, gesellschaftlichen und religiösen Eigenheiten der sieben Alien-Rassen, die auf der Erde gestrandet sind, werden in dieser ersten Folge nur angedeutet und bieten noch so unendlich viel Potential, dass man berechtigte Hoffnung haben darf, dass die Serie in den kommenden Episoden an Tiefe gewinnt. Daran, dass die Macher von "Defiance" gewillt sind, die Zuschauer in eine spannende und faszinierende neue Welt zu entführen, besteht allein schon aufgrund der sorgfältig ausgearbeiteten Aliensprachen, von denen wir in dieser Folge einige Hörproben bekommen, kein Zweifel. Die Liebe zum Detail und die kreativen Ansätze kann jeder erkennen, jetzt muss das alles nur noch origineller und kitschfreier aufbereitet werden.

"Defiance" verwendet optisch und handlungstechnisch viele klassische Westernelemente, was schnell an "Firefly" denken lässt - und daran, dass "Firefly" ein Flop war. Allerdings scheint "Defiance" die Westernelemente überzeugender einzusetzen, schon allein deshalb, weil "Defiance" auf der Erde spielt, dort, wo es den Wilden Westen einst wirklich gab, wenn auch weniger romantisch, als er gerne in Filmen dargestellt wird, und nicht wie "Firefly" im Weltraum. Dass ein verheerender Krieg und die Veränderung der Erde durch fremde Technologie dazu geführt haben, dass die Menschen wieder einige alte Strukturen und Traditionen aus der Vergangenheit übernehmen, finde ich durchaus passend. Gewisse Bedürfnisse und Verhaltensmuster sind einfach in uns verankert und kommen irgendwann wieder zum Vorschein.

Nach den Eindrücken dieser Auftaktfolge empfinde ich das Vater-Tochter-Verhältnis zwischen Nolan und Irisa als besonders reizvolles Thema. Die beiden haben starke und humorvolle Momente, die Lust auf mehr machen. In Irisas Enthüllung, dass Nolan sie gerettet hat, indem er ihre leiblichen Eltern tötete, steckt zudem noch viel Stoff für gute Geschichten, vielleicht auch für den einen oder anderen Flashback. Überhaupt darf man sich von dem Charakter Irisa viel versprechen.

Auch die überraschende Wendung, dass ausgerechnet die allseits beliebte Ex-Bürgermeisterin von Defiance, die so etwas wie die Mutter der Stadt ist, hinter dem Angriff steckt und die größte Gefahr für Defiance darstellt, verspricht einige Spannung.

Im Übrigen möchte ich noch darauf hinweisen, dass ich zu den Nur-Zuschauern der Serie gehöre, ich spiele das dazugehörige Game nicht. In allem, was über Solitaire und Tetris hinausgeht, bin ich ziemlich unbegabt.

Maret Hosemann - myFanbase

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