Heels - Review Staffel 2

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"Heels" ist leider ein Opfer des Streiks geworden. Die zweite Staffel wurde mitten im Doppelstreik von WGA und SAG-AFTRA von Starz veröffentlicht, Promotion war dementsprechend nicht möglich, was beheimatet bei einem eher kleineren Sender durchaus keine ideale Situation ist. Hauptdarsteller Stephen Amell ist deswegen auch länger in den Medien gewesen, weil er sich darüber negativ geäußert hat. Während seine Wortwahl gegenüber der Streiksituation seiner Gewerkschaft sicherlich höchst unglücklich war, so kann ich dem als impulsiv geltenden Schauspieler nicht vorwerfen, dass er sein Serienprojekt "Heels", für das er alles gegeben hat, vor allem körperlich (das beweisen beide Staffeln deutlich) nicht auch so stolz nach außen tragen darf, um auch Zuschauer*innen anzuziehen. Angesichts dieser bedauerlichen Voraussetzungen war es dann kaum noch ein Wunder, dass "Heels" zum Rundumschlag von Starz im September 2023 gehörte. Während in der Heimat die Serie damit auch von den VoD-Plattformen verschwunden ist, ist die Chance in Deutschland durch MGM+ erhalten geblieben und auch wenn ich wusste, dass "Heels" mittendrin eingebremst wurde, ich wollte diese Staffel 2 unbedingt sehen.

Foto: Alexander Ludwig, Mary McCormack & Stephen Amell, Heels - Copyright: 2020 Starz Entertainment, LLC; Quantrell Colbert
Alexander Ludwig, Mary McCormack & Stephen Amell, Heels
© 2020 Starz Entertainment, LLC; Quantrell Colbert

Mein schnelles Urteil ist: Staffel 2 übertrifft die erste nochmal. Auch wenn ich wieder gewisse Kritikpunkte habe, aber insgesamt war der Cast schon deutlich vertrauter und auch Schwächen aus Staffel 1 sind offensiv angegangen worden. Das war in Kürze das, was für mich die Qualitätssteigerung begründet. Im Detail betrachtet startet diese Staffel 2 erstmal mit einer Episode, die fast ausschließlich aus Rückblenden besteht. Das war erstmal eine ungewöhnliche Entscheidung, wie ich finde, aber eine, die sich auf einer emotionalen Ebene durchaus gelohnt hat. Denn in Staffel 1 wurde sehr deutlich, wie der Selbstmord von Tom (David James Elliott) über allem hängt und dass er auch vor seinem Tod schon jemand war, der die Menschen mit seiner Art enorm geprägt hat, im Guten wie im Schlechten, und der damit wirklich einen Scherbenhaufen hinterlassen hat. Nicht nur auf einer emotionalen Ebene, sondern eben auch bei der DWL. Somit setzt dieser Auftakt ein ganz wichtiges Thema der ganzen Staffel ins Zentrum: Aufarbeitung. Erst wenn man aufarbeitet, kann es wirklich wieder nach vorne gehen und man ist bereit für die neuen Herausforderungen des Lebens, sonst stapelt es sich nur. Das gilt dann eben besonders für die Spade-Brüder Jack (Amell) und Ace (Alexander Ludwig), die ein großer Streit im Staffel 1-Finale auseinandergetrieben hat. In Staffel 1 waren schon die großen Unterschiede zwischen ihnen sehr gut ausgearbeitet worden, aber Staffel 2 stand ganz im Zeichen dessen, was sie trotz ihrer Differenzen gemeinsam sein können. Während Ace erstmal Duffy verlassen hat, um allem zu entkommen, um wirklich eine blanke Seite Papier vor sich zu haben, ist Jack ein sehr stolzer Charakter und da parallel auch seine Ehe zu Staci (Alison Luff) bedroht ist, muss er wirklich über seinen Schatten springen und sich selbst stellen. Ich fand es sehr gut dargestellt, wie unterschiedlich die beiden Brüder das alles angegangen sind und wie sie am Ende doch zusammen auskamen. "Heels" erzählt wirklich eine überzeugende Brüdergeschichte mit ihren Hoch und Tiefs und ich habe es genossen, dass es in der Staffel 2 mehr der Zusammenhalt war.

Ace ist in dieser Staffel 2 extrem gereift. Wenn man ihn zu Staffelbeginn erlebt, wie er tollpatschig den Berg runterkugelt und dann seine Retterin gleich erstmal anbaggert, dann ist das fast kaum mit dem späteren Ace zu vergleichen. Er wird immer ein Kindskopf bleiben und er wird sich oft genug am besten selbst blamieren, aber man merkt doch auch, dass er sich auch mehr um die Perspektiven anderer schert. Dass er später auch in einem Pflegeheim arbeitet, ein wirklich gutes Bild, weil er dort Mitmenschlichkeit in den Fokus stellt. Parallel entwickelt er für die DWL zwar auch eine neue Figur, die als Rächer das komplette Gegenteil darstellt. Dennoch passt es irgendwie auch, weil sein Privatleben sich so nicht im Ring widerspiegeln muss und umgekehrt; er kann besser separieren, was was ist. Zudem stellt er seine neue Rolle auch in den Dienst der DWL, das ist auch viel wert. Jack wiederum steht oft sein Stolz im Weg und dass er von seinem Vater auf eine bestimmte Art erzogen wurde, auch wenn er nicht der Starsohn war. Aber Jack erkennt vermehrt, dass er das ablegen muss, vor allem für seine Familie. Dass er Staci wirklich liebt, da gibt es wohl für niemanden Zweifel, aber ich fand es konsequent, dass sie so lange hart geblieben ist. Auch wenn es für Thomas (Roxton Garcia) so auch zu einer belastenden Situation geworden ist, aber er hätte noch mehr auf Dauer gelitten, wenn seine Eltern einfach weitergemacht hätten, ohne zwischen sich mal aufzuräumen. Wichtig war auch, dass Jack in Bezug auf seine Mutter Carol (Alice Barrett Mitchell) eine klarere Grenze ziehen kann, denn auf eine Art war sie wohl für ihn toxischer als sein Vater. Insgesamt war es auf jeden Fall ein emotionaler Höhepunkt, als Jack sowohl Frau und Kind als auch Bruder in einer Episode zurückkommt, weil ihn das innerlich so stärkt, dass er die gesamte Staffel sich darauf konzentrieren kann, was für ein Talent er als Autor seiner Wrestling-Shows hat und dass ihm das auch neue Türen öffnet. So bekommt Jack auch die Anerkennung, dass er etwas kann, was ihm niemand so schnell nachmacht. Bei Staci wiederum fand ich es etwas schade, dass ihr Traum mit dem Singen gar nicht mehr weiterverfolgt wurde. Dafür hat sie sich bei der DWL richtig reingekniet, was natürlich auch eine Symbolik hat, weil es eben ein Problem war, dass es zu sehr Jacks Baby war und nun geht sie es gemeinsam mit ihm an. Dennoch ist es wohl nicht ihr 'Traum'. Aber es war immerhin gut, wie sie dann speziell Willie (Mary McCormack) auf die Finger geguckt hat.

Foto: Stephen Amell & Alexander Ludwig, Heels - Copyright: 2021 Starz Entertainment, LLC; Quantrell Colbert
Stephen Amell & Alexander Ludwig, Heels
© 2021 Starz Entertainment, LLC; Quantrell Colbert

Ansonsten ist die Staffel von wirklich viel Wrestling geprägt und das finde ich genau richtig. Die Serie widmet sich mit voller Leidenschaft dem geskripteten Sport und eigentlich jede Episode hat längere Sequenzen im Ring. Speziell als Wrestling-Fan kommt man da voll auf seine Kosten, wenn man denn TV-Fan ist. Ich bin zwar immer noch kein Wrestling-Fan, aber ich kann mich nicht dessen erwehren, wie gut es hier fiktional verarbeitet wird. Zunächst geht es um die individuelle Entwicklung der DWL, die mit Crystal (Kelli Berglund) ein neues Aushängeschild hat, aber Charlie Gully (Mike O'Malley) will etwas vom Kuchen abhaben und erzwingt über die Erpressung einer Anklage wegen Körperverletzung eine Cross-Promotion. Das war sicherlich ein cleverer Schachzug, auch um Rooster (Allen Maldonado) weiterhin in die Serie einbinden zu können. Ich war in Staffel 1 ja nun wahrlich kein Fan von Gully und Bill (Chris Bauer), die für mich eine üble Sorte Mann dargestellt haben, aber beide waren in dieser Staffel 2 besser zu ertragen. Gully bleibt der klare Antagonist, aber auf eine Art, die entscheidend den Handlungsverlauf der Staffel beeinflusst und das eben positiv. Er hat die größere Show, er hat mehr Kohle, er kann mehr bewegen, aber er hat nicht den Erzähler Jack und er hat nicht diese Familie hinter den Kulissen. Es brauchte Dystopia und Gully einfach, um das eindrucksvoll aufzuweisen. Mir haben diese Crossover-Promotions auch extrem gut gefallen. Da sind unerwartete Wendungen erzählt worden und ich habt gerade im Staffelfinale, das gleichzeitig auch das erzwungene Serienfinale ist, am Bildschirm geklebt.

Bill hatte ich gerade schon angesprochen. Er macht eigentlich sogar noch eine beeindruckendere Entwicklung als Ace durch. So wie mich Bill in Staffel 1 genervt hat, so war es in Staffel 2 ein annehmbarer Geselle. Er hat sich überzeugt in die DWL integriert und weiterstgehend seine Art nur noch im Ring rausgelassen, während er sonst Jack das Feld überlässt. Insgesamt geht es bei Bill viel um das Altern und wie lange man das Spielchen Wrestling treibt und ob es die ganzen Entbehrungen am Ende wert sind. Das müssen sich Profisportler immer fragen und ich fand es anhand von Bill gut dargestellt, auch weil es sensiblere Seiten an ihm offenbart hat. Eine sensible Seite in ihm schlägt auch definitiv immer Willie an, die mich diesmal eher enttäuscht hat, auch wenn ich grundsätzlich diese Entwicklung nachvollziehen kann. Sie war immer schon ruppig, bei ihr darfst du nicht auf Liebesbekundungen warten, aber es war dennoch klar, sie lebt die DWL und sie ist auch eine Mentorin für Crystal. In dieser Staffel 2 fühlt sie sich mehr und mehr für selbstverständlich empfunden durch die anderen und da parallel die Vergangenheit immer wieder hochkommt, wird sie an das erinnert, was sie hätte haben können, aber nie bekommen hat. Gully hat das natürlich sofort erkannt und diesen Funken weiter genährt. Es war schon echt traurig, wie Willie mit ihren Mitmenschen umgegangen ist, speziell mit Ehemann Ted (Larry Clarke) und Tochter Robin (Margaret Morris). Auch wenn es richtig ist, für seinen Platz im Leben zu kämpfen und auch im höheren Alter noch an Träume zu glauben, das gibt keinen Freifahrtschein für asoziales Verhalten.

Foto: Kelli Berglund, Heels - Copyright: 2020 Starz Entertainment, LLC; Quantrell Colbert
Kelli Berglund, Heels
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Während Figuren wie Rooster, Diego (Robby Ramos), Jim (Duke Davis Roberts) weiterhin nicht ordentlich ausgearbeitet werden, so hat es Crystal wieder spielerisch leicht, mich am meisten zu beeindrucken. Sie ist einfach Badass und es ist schön, dass sie das privat und im Ring gleichermaßen rüberbringt. Auch sie hat Zweifel, auch sie hat Träume, aber sie kümmert sich um die Menschen um sie herum. Sie ist für Ace da, als dieser etwas hilflos zurück nach Duffy kehrt, macht ihm gleichzeitig aber keine falschen Hoffnungen, auch wenn sie sicherlich noch einen Platz im Herzen für ihn hat. Auch wenn ich die Chemie zwischen Ludwig und Berglund mega gut finde, aber ich finde Bobby (Trey Tucker) als Figur auch so sympathisch, dass es ihm einfach zu gönnen ist, dass sich Crystal voll auf ihn einlässt und ihm immer mehr das Gefühl nimmt, dass er nur ein Notnagel ist. Das ist so die Aura von Crystal und deswegen passt es perfekt, dass sie den Verführungen durch Gully so eine klare Absage erteilt. Crystals Traum war immer die DWL und es ist vollkommen okay, dass nach einem Traum nicht immer der nächstgrößere Traum erfolgen muss, denn das ist irgendwann auch Gier.

Nun endet diese Staffel 2 auf einem wirklich fiesen Cliffhanger, ein weiterer Beleg dafür, dass dieses Serienaus alles andere als geplant war. Zwar hieß es seitdem auch von O'Malley, dass eine neue Serienheimat gesucht wird und da sich nach dem Streik in Hollywood alles erst wieder einspielen muss, mag das ja noch kommen, aber ich glaube es nicht. Es ist für mich insgesamt unverständlich, auch weil Wrestling überall boomt und diese Serie das sehr gut auffängt, aber auch andere tolle und ein Trendthema bedienende Serien haben es nicht langfristig geschafft. Es ist immer wieder bedauerlich, denn Staffel 2 von "Heels" hat eindeutig bewiesen, dass man sich steigern konnte und auch noch genug Potenzial für mehr in petto hatte. Aber es soll wohl nicht sein, daher bleibe ich lieber bei einer anderen Hoffnung: Gesichter wie Ludwig, Berglund und Luff in anderen tollen Projekten zu sehen.

Fazit

"Heels" hat den Serientod zum Höhepunkt erfahren. Es gibt Schlimmeres, aber für Fans gibt es ganz sicher auch Besseres. Diese zweite Staffel hat eindeutig noch einmal einen drauf gelegt im Vergleich zu Staffel 1, weil Schwächen ausgemerzt wurden und weil so eine einnehmende Mischung aus Drama und Wrestling geboten wurde. Das Potenzial für Staffel 3 bleibt nun auf der Strecke, aber die ersten beiden Staffeln haben ihre Fußspur hinterlassen.

Die Serie "Heels" ansehen:

Lena Donth - myFanbase

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