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Im Grunde Knut & Belasco

Nur noch "15 Seconds", Mama! - Belasco in Köln

"Nur noch '15 Seconds', Mama!" - Einen Tag, wie er schöner kaum hätte sein können, mit viel Sonnenschein und Vogelgezwitscher, haben sich Tim Brownlow, Duff Battye und Bill Cartledge von Belasco ausgesucht, um sich auch im Jahre 2006 in der Rheinstadt Köln die Ehre zu geben. Als Einheizer konnte man die Kölner Band Im Grunde Knut verbuchen. Damit stand einem Abend gefüllt mit Freud, Leid und großen Gefühlen nichts mehr im Wege.

Foto: Belasco am 7. Mai 2006 in Köln - Copyright: myFanbase/Aljana Pellny
Belasco am 7. Mai 2006 in Köln
© myFanbase/Aljana Pellny

Die Nerven lagen blank, als ich aus dem Auto sprang, in welchem ich wegen Stau und stockendem Verkehr auf der A1 viel zu langsam vorangekommen war. Um viertel vor neun endlich am Ziel angelangt, zog ich vorbei an vielen Gästen der Konzertveranstaltung nebenan, die so gar nichts mit jener gemeinsam haben sollte, die ich nun in Windeseile aufzusuchen versuchte.

Mit dem Stempel auf der Hand betrat ich den kleinen, in ein warmes Rot getauchten Showroom des Yard Clubs. Auf der Bühne machte die Support-Band "Im Grunde Knut", bestehend aus Andy an Mikrophon und Gitarre, Bassist Kalle und Schlagzeuger Ronny, bereits ordentlich Dampf. Drei freundliche Gestalten reichten den ersten Gästen mit ihrem überaus liebenswerten wie charmanten Deutsch-PopRock einen musikalischen Aperitif, um auf den Act des Abends, das Londoner Trio Belasco, vorzubereiten. Spätestens, als sich Andy bei allen Erschienenen dafür bedankte, dass sie ihr Weg zu ihnen in den Yard Club, und nicht –eine Tür weiter– in "Die Kantine" gefunden hatten, wo niemand Geringeres als Azad auf der Bühne stand, hatte er die Sympathien definitiv auf seiner Seite.

Bereits nach "Unter Den Linden" steht fest: In Sachen Ohrwurm geht hier einiges. Andy schüttelt seine lange blonde Mähne genauso wie es sich gehört und die knut’schen Songs würden sich nicht nur exzellent im Radio machen, sondern auch auf jeder guten Gartenparty. Gute Laune macht die Musik von Im Grunde Knut auf jeden Fall und manchmal sogar ein bisschen traurig: "Wann kommt der Tag/ an dem wir aus alten Scherben/ neue Paläste bau’n?" . "Es Ist" ist eine wunderbare Symbiose aus Melodie und Gefühl und "VonDerLiebe" eine verträumte Liebeserklärung: "Du weißt/ dass ich es liebe/ wenn Du dieses eine Lied/ für mich spielst."

Nach einem zwölf Stücke starken Set der drei Kölner wird umgebaut. Geduldig wird abgewartet, alle Kabel verklebt, die Gitarren gestimmt bis die Jungs von Belasco startklar sind. Nach gut 45 Minuten begeben sich drei der Männer auf die Bühne, die zuvor bereits den Aufbau arrangierten und sich vorübergehend selbst unter das Publikum gemischt hatten.

Um Punkt 22 Uhr läutet Leader Tim Brownlow das Konzert ein. Die Gäste haben sich vor der kleinen Bühne versammelt und die besonders großen unter ihnen versperren mir die Sicht. Ich recke meinen Hals, als "Summer" den Anfang macht. Es beginnt melancholisch, die Augen sind geschlossen. Hinter dem zweiten Lied verbirgt sich der "Boy On A Bus" und spätestens jetzt ist klar: Hinter diesem Sound steckt mehr. Die so kraftvolle Stimme, mit der Tim Brownlow gesegnet ist, bahnt sich ihren Weg in meinen Kopf und lässt nicht mehr los.

Betend, dass ich an diesem Abend in den Genuss von "I Know", einem der Album -Highlights überhaupt, kommen werde, nahm ich erst beim Refrain wahr, dass mir mein Wunsch bereits auf dritter Position erfüllt wurde. Von diesem Moment an habe ich nur noch genossen. In seiner Haltung noch sichtlich unentspannt und mit den Augen immer einen bestimmten Punkt fixierend, ist übrigens der Trick des gekonnten Aufeinembeinstehens, stimmlich nicht so ganz so kraft- wie gefühlvoll die Zeile "Just give them all they want", die man an diesem Abend auch ohne weiteres anders interpretieren könnte und welcher er im Laufe des Abends auch voll und ganz gerecht werden sollte.

Denn die Show ließ keine Wünsche offen für die unverdienterweise nicht allzu zahlreich erschienene, aber größtenteils eingefleischte Zuschauerschaft. Sänger Tim wurde von Song zu Song lockerer und scherzte mit dem Publikum. Charmant war er – und sich der Wirkung seines Hundeblicks durchaus bewusst.

"Something Between Us" zählte zweifelsohne zu den stärksten Tracks, die Eigenschaften einer waschechten Hymne, die ihm nicht selten zugesprochen werden, sind nicht aus der Luft gegriffen. Dennoch stand zu diesem Zeitpunkt rein gar nichts mehr zwischen Belasco und dem Publikum: Die Musik hatte alle gepackt und es schien beinahe so, als hätte sich Tim selbst durch sie entfesselt. Ein einziger Takt vermag es, ihn von Null auf 110 hochzutreiben. Was gerade noch still war, ist plötzlich nichts anderes als schlicht mitreißend. Dann und wann stiehlt ihm Bassist Duff mit seiner Gitarre die Show, wenn er wie ein Flummiball über die Bühne hopst. Ein weiterer Hingucker sind zwei Männer in der Menge, welche sich einen "Wettbewerb" der ganz besonderen Art liefern: Der eine, wohl Gitarrist von Beruf(ung), spielt Luftklampfe, der andere trommelt mit seinen Fingern leidenschaftlich im O2 herum.

Ob ihr Hit "15 Seconds" auf der Akustik oder ihr nicht weniger cooles "Chloroform": Tim ist jetzt hellwach. Mit weit geöffneten, klaren Augen bewältigt er eindrucksvoll das zweite Drittel des Konzerts und blüht regelrecht auf, ehe er gegen viertel vor Elf mit seinen Mannen von der Bühne verschwindet, aber ein paar Minuten drauf wiederkehrt, um der Show mit alten sowie neuen Tracks (die, nebenbei bemerkt, auf einen neues Album hoffen lassen!) in reduziertem Gewand ein würdevolles Ende zu bereiten. Aus dem Zuschauerraum meldet sich ein, nicht wirklich leises, Stimmchen und verlangt den "Hunter’s Song": Etwas verdutzt entgleitet Tims lächelnden Lippen ein "What?", wenig später auch die Zeilen des Tracks und macht aus der Show kurzerhand ein Wunschkonzert.

Ein persönlicher Ohrenschmaus, auf den ich lange habe warten müssen, packt mich: "Mask", der vorletzte Song. Und ein grandioser noch dazu: "I've never ever, ever been free/ never ever, ever been me/ what's inside I decide/ 'cause I deceive." Tim lässt sinnbildlich seine Hosen runter, doch es scheint, als fühlten sich alle wohl bei der Sache.

Im Grunde Knut, eine Band zum Anheizen, Warmlaufen und Durchbrennen, wie sie angenehmer kaum hätte sein können, Belasco mit Gesichtern so vertraut wie die des eigenen Nachbarn. Reizend, höflich und ohne Berührungsängste begegneten alle sechs Musiker den Fans, die im Anschluss nicht selten das Gespräch suchten. Nicht nur die drei Knuts, auch Tim, Bill und Duff (ihr Merchandise verkauften sie übrigens selbst!) bedankten sich artig den ganzen Abend über und Tim verabschiedete jeden, der ihm in die Quere kam persönlich mit einem herzlichen "Thanks for coming, hope to see you soon." Hoffe ich auch.

Setlist: Im Grunde Knut

Angelika / Unter Den Linden / Azure Ray / Es Ist / Tür Zu Meinem Fenster / Von Der Liebe / Wenn Du Wüsstest / Mirical Of '86 / Lied Ohne Deinen Namen / Reise / Sandburgen / Neues Glas Aus Alten Scherben (12)

Setlist: Belasco

Summer / Boy On A Bus / I Know / ? / ? / ? / ? / 15 Seconds / ? / ? / ? / ? / ? / Chloroform / Something Between Us / ? / ? / Hunter's Song / Mask / ? (20)

Fotos: Aljana Pellny für myFanbase – Veröffentlichung nur mit vorheriger Genehmigung!

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Aljana Pellny - myFanbase
17.05.2006

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