Deutschland sucht den Superstar, Staffel 2 (2003/2004)

Ausstrahlung: 08.10.2003 bis 13.03.2004
Jury: Dieter Bohlen, Thomas Bug, Shona Fraser, Thomas Stein
Sieger: Elisabeth "Elli" Erl

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Vielleicht war man in Deutschland nach Staffel 1 erst einmal in Hinblick auf Castingshows saturiert, vielleicht war es auch der undankbare Vergleich mit der Debütstafel, den die zweite Staffel niemals gewinnen konnte – musikalisch gehört sie zu den wohl am meist unterschätzten Staffeln, die jemals produziert wurden. Es gab mehr als genug fähige Sänger – allen voran Anke Wagner mit ihrer herrlich altmodischen Singer-Songwriter-Stimme, Elli Erl mit ihrer Rockröhre, Denise Tillmanns mit mädchenhaftem Popschlager und Philippe Bühler mit seinem soulig angehauchten Timbre, das all seinen Darbietungen einen Stempel aufdrückte. Auch in der zweiten Reihe gab es genug solide Leute, die in manch späterer Staffel wohl als das Beste seit der Erfindung von geschnitten Brot angepriesen worden wären.

Gleichzeitig schien man bei RTL aber in puncto Trash Blut geleckt zu haben nach dem Erfolg von und Bohei um Daniel Küblböck. Die Verlockung war einfach zu groß und so befanden sich unter anderem mit Steffen Frommberger, Lorenzo Woodard (heute aus den einschlägigen Boulevardmedien als "Lorielle London" bekannt) und Judith Burmeister genug Kandidaten im Boot, die nicht wegen ihres künstlerischen Könnens, sondern ihres Unterhaltungs- bzw. Niedlichkeitsfaktors in das DSDS-Becken geschüttet worden waren.

Noch deutlicher als in der ersten Staffel trat auch hervor, dass die Kandidaten starken Reglementierungen unterworfen sind. Ein kurzer Gesprächsaustausch zwischen der Teilnehmerin Anke Wagner und Jurorin Shona Fraser brachte zutage, dass die Kandidaten nicht frei nach gusto ihre Lieder aussuchen dürfen, solange sie mit dem Motto konform gehen, sondern sich aus einer stark limitierten Liste ihre Songs auswählen müssen. Was nicht auf der Liste steht, darf auch nicht gesungen werden – ganz egal, ob es zum Kandidaten vielleicht besser passen würde.

Am Ende standen sich die Erzieherin Denise Tillmanns und die Studentin Elli Erl im Finale gegenüber – Erl ging dabei als Gewinnerin hervor und ist die bis heute einzige weibliche DSDS-Siegerin. Gegen diese Entscheidung lässt sich erst einmal nicht viel einwenden, denn Elli Erl besaß und besitzt durchaus Musikalität.

Dennoch blieb der ganz große Erfolg für sie aus. Manch einer mag sich die Frage nach dem "Warum" stellen. Eine monokausale Erklärung gibt es dafür wahrscheinlich nicht, sehr wohl aber ein paar Gründe, die einem die Antwort näher bringen.

Zum Ersten schien sie sich ständig vom Format distanzieren zu wollen und erstritt sich sogar ein anderes Arrangement für ihre Siegerschnulze "This Is My Life" (aus der Feder von "Poptitan" Dieter Bohlen). Das mag ehrbar und auch verständlich sein, hilfreich war es für ihr Bestreben nach Erfolg nicht. Wenn sich schon der Künstler gegen das Image, das die Sendung auf ihn projiziert, wehrt und mit der ihm aufoktroyierten Musik nichts anfangen kann, wie soll der Zuschauer und spätere Käufer dann vom Produkt überzeugt werden? Erl wehrte sich mit Händen und Füßen dagegen, die einschlägigen DSDS-Gussformen übergestülpt zu bekommen. So wie man sich bettet, liegt man aber. Wer an einer bis ins kleinste Detail durchgeplanten TV-Popshow mit dubioser Reputation teilnimmt, muss sich nicht wundern, dass er die Sendung nicht als glaubhafter Rock- oder Independent-Künstler verlässt. Castingshow und Authentizität im Sinne des Rock'n'Roll stellen nun einmal per se einen Widerspruch dar.

Zum Zweiten hatte die Sendung zwar eine fähige Sängerin hervorgebracht, aber keinen Star. Gerade im Pop- und Poprock-Genre, in das Castingshowkandidaten herausgespuckt werden, zählt eben nicht nur das gesangliche Können. Glamouröses Popstar-Aussehen, Bühnenausstrahlung und eine unterhaltsame Persönlichkeit spielen einen genauso großen Part. In all diesen Aspekten wies Erl Defizite auf. Das mag hart klingen, ist aber sicher nicht härter als die wenig barmherzigen Bandagen in der Musikindustrie.

Bester Moment:
Die Auftritte von Elli Erl mit "Out of Reach", Philippe Bühler mit "Sie sieht mich nicht", Anke Wagner mit "Ironic", Denise Tillmanns mit "Power of Love" und Aida Iljasevic mit "Express Yourself".

Bizarrster Moment:
Judith Burmeister mit "Material Girl" – vermutlich der bizarrste und im wahrsten Sinne des Wortes schrägste DSDS-Auftritt aller Zeiten. Selbst Daniel Küblböck wirkt im Vergleich dazu auf der Talentebene wie eine Kreuzung aus Robert Plant und Luciano Pavarotti.

Was aus der Siegerin wurde:
Elli Erl gründete 2008 das Label 1773 Records und veröffentlicht immer noch Musik. Ihr letztes Album "Shadows" erschien 2009. Außerdem arbeitet sie inzwischen als Lehrerin an einer Schule in Nordrhein-Westfalen.

Eva T. - myFanbase

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