Wonder
Das weich gezeichnete Coverbild täuscht: Der Mann ist 53 Jahre alt. Seit 29 Jahren ist er verheiratet und hat fünf Kinder. Begann als Keyboarder von Amy Grant, ist Gründer einer Kirche, eines Jugendtreffs und eines Labels, sowie Schauspieler und engagiert für Nothilfe-Organisationen wie Compassion. In den letzten 27 Jahren hat er 20 Pop-Alben aufgenommen, mehr als 15 Millionen verkauft, drei Grammy Awards und neun weitere Nominierungen kassiert. Ist deutschlandweit dennoch relativ unbekannt. Und daran wird "Wonder" leider nichts ändern.

Denn dafür ist es viel zu unspektakulär. "Save Me From Myself", ein Cover der dänischen Elektrorockband Carpark North, ist für einen Opener viel zu wenig ansteckend. Rechtfertigt den Einsatz eines Covers also rein gar nicht, zumal der Mann mit dem "W." in der Mitte auf Studioalben sonst auch nie Titel von Anderen sang. Warum jetzt? Warum solch einen lauen Song? Song Nr. 2, "Take My Breath Away", zeigt stellvertretend, was den Hörer textlich in den meisten Songs erwartet: Fokus auf Gott, der die Welt schuf und in schwierigen Zeiten Kraft gibt. Smiths Anliegen ist es, seine Zuhörer zu trösten und zu ermutigen. Musikalisch kann der Song die Erwartungen, die sein netter Einstieg mit Staccato-Streichern in den Strophen setzt, im Refrain dann nicht halten. Und auch die "Gang Vocals" am Liedende können nicht dafür sorgen, dass sich etwas im Ohr festsetzt. Das gleiche Schicksal teilt "Run to You", das am ehesten noch durch ein wenig Live-Feeling erinnerungswert wird.
Mr. Smiths Lieblingssong der Platte "I'll Wait for You" sorgt dann nach langweiligen vier Minuten für die erste Überraschung der Platte, als nämlich ein energischer Chor einsetzt – ein Gimmick, das wohl auf jeder MWS-Produktion vertreten sein muss. Ebenso ist eine Piano-Ballade ein Muss und die erste gibt es mit "Forever Yours", einem Liebeslied an seine Frau Debbie. Im Refrain schmachtet er ihr regelrecht zu – dafür, dass das nicht schmalzig wirkt, sorgt das lounge-artige Arrangement des Songs. Endlich lässt etwas aufhorchen. Schön atmosphärisch gemacht! Die direkt darauf folgende Klavierballade "Welcome Home" lost dagegen allerdings ab und plätschert dahin, weiß aber durch ihren Text zu rühren, der einen Verstorbenen verabschiedet.
Es folgen die nächsten zwei Überraschungen: Zuerst eine negative, nämlich ein viel zu krasser Songübergang in Stil und Songtempo zum Titeltrack, dann eine positive, nämlich 80er-Klänge und ein an One Republics "Marchin' On" (auf "Waking Up" erinnernder Trommelbeat. Obwohl kein Song mit Hitpotential, eine erfreuliche Abwechslung! "Rise" könnte durch seine U2-ähnliche Songentfaltung gefallen, würde es nicht zu sehr an "Run to You" erinnern.
Mit "You Belong to Me" gibt es dann den zweiten Lovesong an die Ehefrau, wieder mit Klavier als Basis, dazu ein schmuckes Cello und eine an manchen Stellen fast schon belegte Stimme des schmachtenden Ehemanns – das kann süß und authentisch wirken, genauso aber auch berechnend und inszeniert. Gleiches muss man über "Leave" sagen, in dem der Herr Schmidt an manchen Stellen sogar schluchzt, diesmal aber aufgrund eines anderen Themas: Über Missbrauch und Mobbing singt er hier – ernste Sache, ehrliches Anliegen, passend umgesetzt in einem fast nach Singer/Songwriter-klingendem gitarren-orientierten Titel. Bester Song der Platte!
Mit "One More Time" kommt dann wieder ein viel zu typischer, sprich: lascher Song: Ein bisschen Klavier am Anfang, dann ein stetiges Sich-Steigern bis dann alle Bandmitglieder mal richtig powern dürfen und am Ende wieder ruhiges Klavier. "Take Me Over" macht's dann besser: Wieder Piano und ruhige Vocals, allerdings über einem zuerst zarten und dann pompösen Soundtrack-artigen Score. Ein schöner Ausklang, der annähernd zeigt, was der Pop-Sänger eigentlich drauf hat.
Fazit
Ein Songhighlight, zwei weitere gute Songs und ein paar ermutigende Lyrics sind viel zu wenig. Es fehlen Hits und Ohrwürmer, Abwechslung und Innovation. Bereits der Vorgänger "Stand" hatte davon zu wenig. Seine besten Platten "Live the Life" und "This is Your Time" sollte er nicht kopieren, aber sie zeigen, zu was dieser Komponist, Produzent und Sänger fähig ist! Nach vier Jahren Pause seit dem letzten Studioalbum, erstmals seit neun Jahren wieder Bryan Lenox als Mit-Produzent und mit neuer analoger Aufnahmetechnik müsste "Wonder" weitaus mehr bereithalten. Stattdessen serviert uns Michael Whitaker Smith sein schlechtestes Album in 15 Jahren. Wenn schon sein Backkatalog ihn hier nicht bekannt machen konnte, wird "Wonder" das nie schaffen. Leider zu Recht.
Anspieltipps
Forever Yours
Wonder (Not Far Away)
Leave
Take Me Over
Artistpage
Tracks
| 1. | Save Me From Myself | |||
| 2. | Take My Breath Away | |||
| 3. | Run to You | |||
| 4. | I'll Wait for You | |||
| 5. | Forever Yours | |||
| 6. | Welcome Home | |||
| 7. | Wonder (Not Far Away) | |||
| 8. | Rise | |||
| 9. | You Belong to Me | |||
| 10. | Leave | |||
| 11. | One More Time | |||
| 12. | Take Me Over |
Micha S. - myFanbase
19.10.2010
Diskussion zu dieser CD
Weitere Informationen
Veröffentlichungsdatum (DE): 28.09.2010Genre: Pop
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Aktuelle Kommentare
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