Bewertung
Florence + the Machine

Lungs

Die britische Popmusik-Fabrik spuckt ja neuerdings ein bejubeltes Fräuleinwunder nach dem anderen aus – meine Damen und Herren, darf ich Ihnen nun eine weitere Sensation vorstellen, die man unbedingt kennen muss, um mitreden zu können?! Englands neueste Aufsteigerin heißt Florence Welch und fabriziert mit ihrer Band "The Machine" ausgeklügelten Pop mit starkem Hang zur Dramatik.

Foto: Copyright: Island Records
© Island Records

Was die gute Florence nun von all den anderen angesagten Girlies abhebt? Nun, selten war in letzter Zeit die Musik eines Fräuleinwunders so vielschichtig und intensiv – sie bietet eine Unmenge an unterschiedlichen Instrumenten, meist düstere Themen wie Trennung und Verlust und starke, hymnisch anmutende Refrains, die mit jedem Mal berührender werden. Wer vom Anders-Sein des Fräulein Welch noch nicht ganz überzeugt ist: Sie hängt sich auch gerne mal als Schmuck ein Paar lederner Lungenflügel um.

Zumindest tut sie das auf dem Cover ihres Debütalbums und auch auf den Bildern im Booklet immer wieder gern – nicht umsonst heißt die Platte ja auch "Lungs", ausgehend vom Stück "Between Two Lungs". Exzentrik scheint Florence also nicht fremd zu sein – und auch ihre Musik ist anfangs etwas gewöhnungsbedürftig. Zu konstruiert und vielseitig scheint die Instrumentierung mit Streichern, Harfen und Co anfangs zu sein, zu übertrieben theatralisch wirken beim ersten Hören die Refrains (die wir wahrscheinlich Florences Vergangenheit im Chor zu verdanken haben).

Erst nach ein paar Durchläufen beginnt man, sich in Florences Welt heimisch zu fühlen – und plötzlich breiten sich die einzelnen Stücke wie Klangteppiche vor einem aus, empfindet man ihre Songstrukturen als seltsam befreiend, fühlt man sich bei ihren Refrains bewegt. Zu entdecken gibt es immer noch genug: Beinahe jede Nummer wandelt sich mehrmals, steigert sich ins Unermessliche und hält nie, was sie anfangs zu versprechen scheint.

Dabei gelingt es Florence aber stets, ein hohes Niveau zu halten: Sei es nun beim poppig beginnenden "Rabbit Heart (Raise It Up)", das schließlich in einem mitreißenden, atemlosen Finale endet, oder beim Gänsehaut-Kandidaten "Girl With One Eye", das furios inszeniert ist und Florences Stimme besonders zur Geltung bringt. Auch der "Drumming Song" besticht durch außergewöhnliche Arrangements, verlässt sich fast nur auf das Getrommel, bis dieses wieder dem immer mehr an Tempo gewinnenden Chor Platz machen muss.

Zwischen all den epischen Nummern wirkt die erste Single "Kiss With A Fist" recht einfach gestrickt – hier rockt Florence mal geradeaus und schnörkellos und gibt Aussagen wie "A kick in the teeth is good for some / A kiss with a fist is better than none" von sich. Mit diesen Eigenschaften steht "Kiss With A Fist" aber schon recht einsam da – lediglich "My Boy Builds Coffins" ist ebenfalls leicht verdaulich geraten, auch wenn der Text ("He's made one for himself / One for me too / And one of these days / He'll make one for you") nicht unbedingt darauf schließen lässt.

Die einzige Nummer, die wirklich farblos wirkt, ist "Howl", hier steht mir dann doch zu viel schmerzerfüllter Gesang im Vordergrund, der es kaum schafft, zu berühren. Abgesehen davon ist es aber ganz erstaunlich, wie es Florence und ihre Maschine immer wieder schaffen, dem Hörer jedes Mal wieder eine Melodie oder einen Refrain zu präsentieren, die eindrucksvoller und intensiver klingen, als alles, was man zuvor auf dem Album gehört hat.

Fazit

Florence + the Machine haben einen neuen Hype hervorgerufen, der durchaus gerechtfertigt ist: Es dauert eine Zeit lang, bis man Zugang zu der nicht immer leicht verdaulichen Musik der jungen Engländerin und ihrer Band gefunden hat. Aber wenn es dann einmal "klick" gemacht hat, lässt einen diese leidenschaftliche, außergewöhnliche Musik nicht mehr los – Pop meets Pomp meets Soul meets Lungenflügel!

Anspieltipps

Rabbit Heart (Raise It Up)

Girl With One Eye

Drumming Song

Cosmic Love

Hörprobe

Hört bei uns in alle Lieder des Album "Lungs" rein. Hier geht es zur Hörprobe.

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Tracks

1.Dog Days Are Over
2.Rabbit Heart (Raise It Up)
3.I'm Not Calling You a Liar
4.Howl
5.Kiss With a Fist
6.Girl With One Eye
7.Drumming Song
8.Between Two Lungs
9.Cosmic Love
10.My Boy Builds Coffins
11.Hurricane Drunk
12.Blinding
13.You've Got the Love

Stephanie Stummer - myFanbase
16.07.2009

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