Bewertung
Chandler, Elizabeth

Kissed by an Angel

"Tristan spürte, wie ihn die Dunkelheit wieder umfing. Er kämpfte gegen sie an. Was, wenn er dieses Mal nicht zurückkam? Er musste zurückkommen, er musste Ivy ein letztes Mal sehen."

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Inhalt

Für Ivy ist es nicht gerade Liebe auf den ersten Blick, als sie dem attraktiven Schwimmass Tristan begegnet. Während sie damit beschäftigt ist, zu ihren Engeln zu beten und niemanden wirklich an sich heranzulassen, ist Tristan sofort begeistert von Ivys Erscheinung - mit allen Mitteln versucht er sie zu beeindrucken. Erfolgreich. Als das Glück für die beiden perfekt zu sein scheint, passiert jedoch etwas Schreckliches. Bei einem gemeinsamen Autounfall kommt Tristan plötzlich ums Leben. In hüllenloser Form kehrt er auf die Erde zurück, um Ivy zu beschützen, die nun ihren Glauben an die göttlichen Wesen verloren hat. Wird es Tristan gelingen, Kontakt mit ihr aufzunehmen? Denn eines bereitet ihm Sorgen: war es wirklich ein Unfall, oder hat jemand nachgeholfen?

Kritik

Engel sind in der (Jugend-)Literatur mittlerweile kaum noch wegzudenken. Mal werden sie als gutmütige Wesen dargestellt, die ihre schützende Hand über uns halten, ein anderes Mal sind sie in Gottes Ungnade gefallen und fristen ein düsteres Dasein auf Erden. Da wird oftmals aus der Bibel zitiert und es fallen Namen wie Grigori oder Nephilim. Bei der Masse an himmlischen Büchern ist man da langsam gesättigt von derartigen Religionskursen. Umso erstaunter war ich, dass Elizabeth Chandler etwas anders an die Engelsthematik herangeht. Es wird sehr esoterisch und hochromantisch!

Dennoch kann ich nicht ganz nachvollziehen, wie der Auftakt von Elisabeth Chandlers Engels-Trilogie es auf die Bestsellerliste der New York Times schaffen konnte. Denn wenn ich ganz ehrlich bin, habe ich, trotz der phantastischen Umsetzung von Chandlers Engelsdarstellung und einer gefühlvollen Schreibe, schon besseres über die göttliche Himmelsschar gelesen. Was für mich hauptsächlich an der fehlenden Charaktertiefe sowie eines unterentwickelten Plots liegt. Mit anderen Worten: die dramatische Liebestragödie um Ivy und Tristan ist nichts Halbes und nichts Ganzes. Von fesselnder Spannung kaum eine Spur! Was auf dem Klappentext des Buches versprochen wird, ist leider auch nur heiße Luft. Denn nicht einmal Tristan weiß, was er wirklich ist, und seine himmlische Mission offenbart sich eigentlich erst auf der letzten Seite.

Dabei fängt die Handlung ziemlich spannend und emotional an. Man erlebt hautnah mit, wie Ivy und Tristan sich in der einen Minute noch glücklich ihre Liebe gestehen und plötzlich in eine gefährliche wie verzweifelte Situation manövriert werden. Sofort lässt sich erahnen, dass hier etwas nicht mit rechten Dingen zugeht und das Ganze kein gutes Ende nehmen wird. Das schreit doch geradezu nach einem aufregenden Fantasy-Thriller. Pustekuschen! Ab dem zweiten Kapitel wird die Liebesgeschichte um Ivy und Tristan erst einmal von vorne aufgewärmt, abwechselnd aus Ivys und Tristans Perspektive (in der 3. Person). So lernt man die schüchterne wie wunderschöne Ivy und den sportlichen wie selbstbewussten Tristan zwar etwas besser kennen, nur leider bleibt das alles größtenteils oberflächlich und klischeehaft. Erst wird stereotypisch erobert und dann wird es himmelhoch jauchzend und zu Tode betrübt, wenn Tristan á la "Ghost – Nachricht von Sam" ab der Hälfte des Buches versucht, Kontakt mit der trauernden Ivy aufzunehmen. Gestorben wird vorher in kurzen Sätzen und für Ivys Regenerationsphase muss ein Zeitsprung genügen.

Schnell mutiert der Plot zu einer typischen Paranormal-Lovestory mit Höhen und Tiefen. Da gibt es den bitterbösen Stiefbruder, der ein wenig an den widerlichen Sebastian aus dem Teenager-Drama "Eiskalte Engel" (gemimt von Ryan Phillippe) erinnert und in Ivy zwiespältige Gefühle auslöst. Zu Recht! Leider ist Ivy zu gut für diese Welt und ein wenig naiv. Ich kann nicht gerade behaupten, dass sie mir auf Anhieb sympathisch war. Ihr Charakter bleibt die meiste Zeit über eher passiv und unscheinbar. Mehr als einmal hätte ich ihr gerne eine Ohrfeige verpasst, damit sie mal aufwacht aus ihrer "In Wirklichkeit sind alle Menschen gut"-Traumwelt. Zudem wirken einige Situationen ein wenig konstruiert. Was für ein Zufall, dass Ivy nicht schwimmen kann, ihr Theaterlehrer seinen Schülern unbedingt eine Lektion auf dem Sprungbrett der Schulschwimmhalle erteilen muss ... und Schwimmass Tristan (noch in menschlicher Gestalt) heldenhaft zur Rettung naht. Ähm, ja!

Und was ist das Ende vom Lied? Natürlich ein Cliffhanger, der Lust auf die Fortsetzung "Loved by an Angel" machen soll und es irgendwie auch tut. Ich kann mir zwar schon denken, wer hinter dem tödlichen "Unfall" steckt, durch den Ivy und Tristan voneinander getrennt werden (das es sich hierbei um keinen Unfall handelt, ist von Anfang an eigentlich ein Selbstgänger), dennoch interessieren mich die genaueren Motive des Antagonisten brennend. Geld, Eifersucht, Wahnsinn? Hier ist alles möglich! Zudem gibt es durchaus Situationen, in denen man auf seine Kosten kommen kann, weil der Humor an den richtigen Stellen zündet. Dazu tragen mitunter ein Kumpel und eine spätere Vertraute von Tristan bei. Einen Blick in die Welt der himmlischen Wesen lohnt sich also trotz sichtbarer Schwächen. Als besonderes Schmankerl gibt es schließlich einen kleinen Ausblick auf die Fortsetzung. Wenn das mal kein Lichtblick ist.

Fazit

Wer es hochromantisch und etwas kitschig mag, könnte bei "Kissed by an Angel" durchaus auf seine Kosten kommen, sollte sich aber vor stereotypisch angelegten Charakteren und einer etwas unausgegorenen Handlung nicht scheuen. Kurz: eine nette und etwas spärlich geratene Lovestory für nebenbei. Mehr aber leider auch nicht!

Doreen B. - myFanbase
17.08.2011

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