Bewertung

Review: #5.06 Die Mauer

Nach einer eher schwächeren Folge in der letzten Woche, zeigt "Homeland" mit #5.06 Die Mauer zum Glück wieder, was es kann. Es passiert eine Menge und eigentlich hätte der Titel der Episode auch "I don't know who to trust" heißen können, denn dieses 'Motto' zieht sich wie ein roter Faden durch die gesamte Handlung.

Verschiedene Beziehungen werden in dieser Folge beleuchtet. Die meisten davon funktionieren nicht mehr. Der Grund dafür? Mangelndes Vertrauen. Das sieht man bei Carrie und Saul, bei Saul und Dar Adal und auch bei Carrie und Jonas. Die einzigen 'Nutznießer' davon scheinen Allison und Otto Düring zu sein, denn diese nehmen nun interessante Rollen ein. Aber dazu später mehr. Widmen wir uns erstmal Quinn und seinen neuen Weggefährten. Deren Beziehung ist definitiv auch nicht zum Besten bestellt.

"Er ist ein Spion."

Am allerwenigsten an #5.06 Die Mauer gefällt mir die Wendung, die Quinns Geschichte genommen hat. Sie erscheint mir ziemlich unglaubwürdig und weit hergeholt: Wie wahrscheinlich ist es, dass ein eigentlich Selbstmord begehen wollender Ex-CIA-Agent von einem Mann gerettet wird, der ihn in ein Haus mitnimmt, das ausgerechnet von Syrern bewohnt wird, die einen Anschlag in Deutschland planen? Ziemlich unwahrscheinlich. Für "Homeland"-Verhältnisse aber anscheinend nicht unwahrscheinlich genug. Und so passiert genau das. Dabei komme ich nicht umhin, Parallelen zu Brodys Geschichte aus Staffel 3 zu entdecken. Auch er ist in ein Haus geraten, in dem zwielichtige Gestalten wohnten, die ihn nicht mehr gehen lassen wollten. Quinn soll zwar verschwinden. Wenn es nach Hajik und einigen seiner Männer geht, dann soll dieses Verschwinden aber für immer sein. Und so geraten sie aneinander. Quinn verletzt Hajik tödlich, bleibt aber selbst auch nicht unversehrt, so dass sein Aufenthalt bei den Syrern unfreiwillig verlängert wird. Wie Brodys Geschichte ausging, wissen wir. Mal sehen, wie es mit Quinn weitergeht. Hoffentlich besser.

"There's a line between us that you drew."

Saul und Carrie geraten aneinander. Er lässt sie auflaufen. Und zwar so richtig. Es scheint ihm sogar egal zu sein, dass sie ihr Leben riskiert hat, um sich mit ihm zu treffen. Er erwidert vollkommen nüchtern, dass sie das nicht hätte tun sollen. Sie hätte ja nun ihre 'Hacker-Freunde', die ihr beim Beschaffen der Dokumente, die sie haben will, helfen könnten. Warum reagiert er so? Was spricht da aus Saul? Gleichgültigkeit? Kränkung? Enttäuschung? Ich werde nicht ganz schlau aus seiner heftigen Reaktion. Carrie mag mehr oder weniger die Seiten gewechselt haben. Aber die beiden hat doch immer mehr verbunden als das Berufliche. Das kann sich doch nicht einfach in Luft auflösen?! Tatsächlich gelingt es Carrie Zweifel in Saul zu säen. Und die führen letztlich dazu, dass er (wieder einmal) ziemlich viel für sie riskiert und es sich dafür mit der CIA verscherzt. Zum Glück möchte man sagen. Denn das macht diese Folge erst so spannend.

"You know what, Dar? F*** you."

Wow. Was soll man dazu sagen? Es fliegen die Fetzen zwischen Dar Adal und Saul. So schnell können aus guten Freunden (sowas wie) Feinde werden. Saul hat also endlich mitbekommen, dass er beschattet wird. Und Dar Adal steckt dahinter. Und verlangt dann auch noch einen Lügendetektor-Test von ihm. Ernsthaft?! Ähnlich wie Quinns Geschichte wirkt auch diese an den Haaren herbeigezogen und seitens Dar eher lächerlich. Gleichzeitig ist schwer zu glauben, dass Allison es auf so einfache Art und Weise geschafft haben soll, Saul und Dar gegeneinander auszuspielen. Dass ihr das wirklich gelingt, ist schon ziemlich überraschend, da es sich nicht so recht in das Bild einfügen will, das man bislang von Sauls und Dars Freundschaft hatte. Das Katz-und-Maus-Spiel, das sich dadurch jedoch zwischen der CIA und Saul entspinnt, ist durchaus unterhaltsam und kann sich sehen lassen. Spannend ist neben der Szene, in der Saul die Daten stiehlt und zusehen muss, nicht erwischt zu werden, vor allem auch sein Aufeinandertreffen mit Otto Düring.

"This is no way to live."

Otto Düring ist dann auch derjenige, der eine wichtige Rolle in dieser Episode einnimmt. Profitiert Allison vom Streit zwischen Saul und Dar, so kommt es Düring (womöglich unbeabsichtigt) gelegen, dass Carries Beziehung sowohl zu Saul als auch zu Jonas einen Knacks bekommt. Zwischen Carrie und Saul wird Düring zum Vermittler. Anstelle von Jonas tritt er als Bezugsperson für Carrie in Erscheinung. Er ist scheinbar der einzige, dem sie noch vertrauen kann. Mir will nicht ganz einleuchten, warum sowohl Carrie als auch Saul Düring dabei so bedingungslos über den Weg trauen. Als Zuschauer habe ich das Gefühl, noch nicht seine ganze Geschichte zu kennen. Als würde mehr hinter ihm stecken, als wir bislang gesehen haben. Jonas gegenüber sagt Carrie den wohl wichtigsten Satz der Folge: "I don't know who to trust." (Otto Düring ist da offensichtlich eine Ausnahme.) Jonas erwidert: "Trust me." Aber das kann sie nicht. Die Serie liefert hier einen wahnsinnig starken Moment zwischen Jonas und Carrie ab. Einen Moment, der Carries inneren Zwiespalt wunderbar widerspiegelt. Sie will ein normales Leben führen. Ein Leben, das Jonas symbolisiert. Aber sie kann es nicht, weil sie ihre Vergangenheit immer und immer wieder einholt. Sie schlussfolgert, dass sie das Problem sei, dass sie allen um sie herum nur schaden würde und deshalb verschwinden müsse. Jonas mit seinem normalen, bürgerlichen Leben versteht Carries Situation nicht. Er versteht offensichtlich nicht, was sie in ihrer Vergangenheit schon alles erlebt hat, weshalb sie so misstrauisch ist und nicht auf die Behörden vertrauen kann, die Jonas einschalten will. Deshalb ist er "done" mit allem. Mit ihr. Und das ist aus seiner Sicht absolut nachvollziehbar, doch gleichzeitig auch ziemlich traurig, bedeutet es doch, dass damit auch Carries Wunsch nach einem normalen Leben "done", also gescheitert ist. Verständlich also, dass sie keine Perspektive für sich sieht, wo nahezu alle Menschen, die ihr wichtig sind und waren, nicht mehr oder kaum noch in ihrem Leben sind. Einzig Düring und Saul beweisen ihr am Ende, dass auf sie Verlass ist.

Fazit

#5.06 Die Mauer macht Spaß. Und das trotz einiger Holpersteine, über die man wohl am besten einfach hinwegsehen sollte. Wenn man das denn kann. Für mich persönlich haben die Geschichten um Quinn und Saul einen faden Beigeschmack: der Weg dorthin erscheint mir nicht plausibel genug. Ich hätte erwartet, dass man einen clevereren Einstieg für diese beiden Handlungsstränge findet. Dennoch ist die Episode äußerst sehenswert. Sie endet nur leider zu früh. Gerade jetzt will man doch wissen, was in den Dokumenten steht, die Carrie von Saul erhalten hat.

Franziska G. - myFanbase

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