Bewertung
Miguel Arteta

Yes Day

Ich hasse es "Nein" zu sagen, aber das ist mein Job.

Foto: Yes Day - Copyright: 2021 Netflix, Inc.
Yes Day
© 2021 Netflix, Inc.

Inhalt

Als sich Allison (Jennifer Garner) und Carlos (Edgar Ramírez) kennen lernten, waren die beiden voller Tatendrang, neugierig, abenteuerlustig und nicht verlegen, jede Gelegenheit für aufregende Aktionen beim Schopfe zu greifen. Inzwischen sind sie verheiratet und haben drei Kinder, die dafür sorgen, dass aus dem Ja-Sager-Pärchen Nein-Sager-Eltern geworden sind. Denn der Alltag der Familie Torres ist kaum zu bewältigen, wenn sich insbesondere Allison nicht darum kümmert, alles zu organisieren und auf Regeln zu pochen, was den Kindern mehr und mehr missfällt. In ihren Ohren kommt bei jedem Wunsch und jeder Bitte immer nur ein Nein an. Das frustriert vor allem die beiden älteren Geschwister Katie (Jenna Ortega) und Nando (Julian Lerner) so sehr, dass sie ihren Frust in Schulprojekten freien Lauf lassen. Die Lehrer sind von dem Gedicht und dem Videobeitrag regelrecht schockiert und bitten zum Elterngespräch. Schnell wird klar, dass es so wohl nicht weitergehen kann. Nach einigem Zögern gibt Allison der Empfehlung nach, ein der Familie einen Yes Day durchzuführen, ein Tag, an dem die Kinder alles bestimmen dürfen (es sei denn, es ist lebensgefährlich o.Ä.) und es den Eltern verboten ist, Nein zu sagen. Voller Vorfreude planen die drei Geschwister den Yes Day und Allison und Carlos sind entschlossen, sich wirklich auch an die Regeln zu halten. Doch so ein Tag ist lang und es läuft nicht immer alles nach Plan.

Kritik

Welche Eltern kennen dieses Dilemma nicht. Kindererziehung ist gar nicht so einfach, weil Kinder aus Elternwahrnehmung keinerlei Maß haben und ohne möglichst strikte Regeln endlos Süßigkeiten essen, nur am Handy oder an der Spielkonsole wären und sich wahrscheinlich in vielerlei Hinsicht in Gefahr bringen würden. Oder liegt das vielleicht nur daran, weil jede Minute mehr am Handy bitter erkämpft werden muss? Im Jahr 2009 haben Amy Krouse Rosenthal und Tom Lichtenheld mit ihrem Buch "Yes Day" (bei Amazon bestellen) jedenfalls der Idee Ausdruck verliehen, an einem Tag im Jahr den Kindern die Möglichkeit zu geben, endlich mal kein Nein hören zu müssen. Zwölf Jahre später nun ist diese Idee verfilmt und bietet genau das, was man sich darunter vorstellt - jede Menge Spaß.

Schon die erste Zusammenfassung von Allisons Leben hat eine hohe Dynamik und macht Lust auf mehr, auch wenn die ersten Familienszenen ernüchternd wirken und jeden Elternteil nur zu bekannt vorkommen werden. Das alltägliche Ablehnen von eigentlich harmlosen Wünschen der Kinder, die in ihrer Gesamtheit immer die Gefahr bringen, die Grenzen in eine Richtung zu verschieben, die man nur mit sehr viel Aufwand wieder zurück schieben kann. Dabei sind vor allem die Kinder gleich sympathisch, weil sie witzig und kreativ sind und die Schulprojekte auch gleich deutlich machen, welches Potenzial diese Kinder haben, wenn sie einfach nur dürfen. Was aber auch gleich klar wird, ist, dass Yes Day die Grundidee nutzt und vor allem einen unterhaltsamen Film machen will. Das gelingt auf ganzer Linie, aber Eltern, die vielleicht mehr auf einen Erziehungsratgeber gehofft haben, bekommen hier eher wenig Input.

Der Zuschauer bekommt also einen rasanten Tag geliefert, der die großen Kinderwünsche und Ereignisse betrachtet und die kleinen Dinge des Alltags eher ignoriert. Das ist vollkommen in Ordnung, denn mit Pizza zum Frühstück lässt sich auch kein Film machen. Was besonders im ersten Teil des Films zu überzeugen weiß, ist die Tatsache, dass auch Allison und Carlos eigentlich richtig viel Spaß haben und sowohl Kinder als auch Erwachsene zunächst einen wundervollen, ereignisreichen Tag haben, den man sich spontan für jede Familie wünscht. Auch wenn sich dabei eine Übertreibung an die nächste reiht und es keine echte Familie geben könnte, die einen solchen Tag erleben würde, erfreut man sich an den einzelnen Szenen und vergisst fast, dass die Situation noch kippen muss, weil Katie mit einer Freundin zu einem Konzert will und mit ihrer Mutter die Wette eingegangen ist, dass sie den Tag nicht durchsteht. Mit dem Kampfgeist von Allison hat sie tatsächlich nicht gerettet und so nutzt Katie dann eine sich bietende Gelegenheit, um abzuhauen. Dieser unvermeidbare Kipppunkt bringt dann noch echte Dramatik und die emotional umgesetzte Möglichkeit, dass Eltern manchmal doch recht haben und es eigentlich immer nur gut meinen. Auch das ist keine neue Erkenntnis, wird aber einfach schön in Szene gesetzt und lockt dem ein oder anderen Elternteil sicher sogar eine Träne ins Auge. So rundet das kleine Drama am Ende diesen durchweg unterhaltsamen Film ab, bei dem die Familie viel über sich selbst und die Dynamiken gelernt hat. Als Zuschauer erwischt man sich bei dem Gedanken, einen Yes Day vielleicht auch in das Portfolio der Erziehungstipps aufzunehmen.

Fazit

"Yes Day" ist ein wunderbar kurzweiliger Familienfilm, der an einigen Stellen zwar etwas stark übertreibt und somit kein echtes Vorbild für einen außergewöhnlichen Familientag bietet, trotzdem aber gelungen darstellt, was ein konsequenter Perspektivwechsel innerhalb der Familie doch alles bewirken kann.

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Emil Groth - myFanbase
11.03.2021

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