Bewertung
Joel & Ethan Coen

Inside Llewyn Davis

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Foto: Copyright: 2013 STUDIOCANAL GmbH
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Inhalt

New York, im Winter 1960/61. Der Folkmusiker Llewyn Davis (Oscar Isaac) hält sich eher schlecht als recht mit verschiedenen Gigs im Gaslight Café über Wasser. Ein festes Zuhause hat er nicht, stattdessen zieht er von Couch zu Couch und sucht unter anderem auch Unterschlupf bei seiner Ex-Freundin Jean (Carey Mulligan), die ihm widerwillig hilft. Da Llewyns Geld immer knapper wird und er endlich mit seiner Musik erfolgreich werden will, entscheidet er sich dazu, nach Chicago zu fahren, um dort bei dem bekannten Produzenten Bob Grossman (F. Murray Abraham) vorzuspielen. Dabei trifft er nicht nur auf zwielichtige Gestalten wie Roland Turner (John Goodman) und Johnny Five (Garrett Hedlund), sondern hat auch immer einen treuen Begleiter an seiner Seite, nämlich eine Katze...

Kritik

Heutzutage ist es nahezu unvorstellbar, über die US-amerikanische Folkmusik zu sprechen, ohne dass dabei der Name eines gewissen Bob Dylan fällt. Im Winter 1960/61 war das noch ganz anders. Damals war Dylan noch einer von vielen jungen, aufstrebenden Folkkünstlern, die im Gaslight Café im Greenwich Village ihre Musik präsentierten und die sich vor allem noch auf die Ära Woody Guthries beriefen. Ein Revival der Folkmusik war im Kommen, jedoch noch nicht passiert. Genau in diesen Limbo zwischen Guthrie und Dylan setzen Ethan und Joel Coen mit ihrer Geschichte über Folksänger Llewyn Davis an, der zwar eine fiktive Figur ist, sein Vorbild jedoch in einer sehr realen Person hat, nämlich Dave Van Ronk, der während seiner Zeit im Gaslight Café Musiker wie Dylan nicht nur befreundete, sondern auch inspirierte.

Dieser Llewyn Davis stellt sich als ein ganz wunderbarer Protagonist heraus, ist ein liebenswürdiger Versager mit großem Herz, viel innerem Weltschmerz, viel Tragik, gleichzeitig ein sowohl feinfühliger als auch unsensibler Mensch, und am Ende des Tages vor allem eines: ein Musiker mit Leib und Seele. Doch die Konkurrenz ist hart, der Manager inkompetent und Llewyn schlittert immer tiefer in eine prekäre finanzielle und vor allem existentielle Krise. Einerseits lebt er von der Musik, andererseits zerstört die Musik aber auch sein Leben und so versucht Llewyn, sich irgendwie aus diesem Teufelskreis herauszuwinden. Natürlich vergeblich – wir sind hier schließlich in einem Coen-Film. Und so fehlt auch in "Inside Llewyn Davis" nicht die übliche Portion Absurdität und Komik, die unter anderem in Form einer rothaarigen Katze und eines abscheulichen Jazzmusikers (wie immer toll: John Goodman) Ausdruck findet.

Doch noch viel wichtiger als die für die Coen-Brüder typische, tragikomische Verdeutlichung der grotesken Banalität des Lebens ist im Film die Musik. Hier profitiert man von dem gewaltigen Talent, das die Coens in Form von Produzentengenie T Bone Burnett, Marcus Mumford von Mumford & Sons, US-Star Justin Timberlake und ganz besonders Hauptdarsteller Oscar Isaac an Bord holen konnten. Isaac vermag es nicht nur, als Llewyn so sympathisch und zugänglich zu wirken, dass man ihm als Zuschauer einfach nur wünscht, dass er endlich einmal Glück hat – er brilliert auch als Musiker in jeder Szene, in jedem Song. Von Isaacs gänsehautverursachendem Solo "Hang Me, Oh Hang Me" über das phänomenale Duo mit Marcus Mumford für "Fare Thee Well" ("If I Had Wings") bis hin zu "The Death of Queen Jane" – die Musik ist der insgeheime große Protagonist von "Inside Llewyn Davis" und von der ersten bis zur letzten Note perfekt gewählt, produziert und umgesetzt.

Wer noch tiefer in die Musik von "Inside Llewyn Davis" eintauchen möchte, dem sei die 2-Disc-Special-Edition allerwärmstens ans Herz gelegt. Die Dokumentation "Another Day, Another Time" zelebriert die wunderbare Musik des 60er-Folkrevivals mit solch großartigen Künstlern wie den Avett Brothers, The Milk Carton Kids, Jack White von "The White Stripes" und Marcus Mumford. Ein besonderes Highlight ist natürlich Oscar Isaacs erster Live-Auftritt vor einem großen Publikum, den er meisterhaft absolviert, genauso wie die Live-Version von "Fare Thee Well" gemeinsam mit Mumford und den Punch Brothers auf der Bühne. Und wenn dann noch solche Legenden wie Joan Baez und Patti Smith auftreten, bleibt sowieso kein Wunsch mehr offen. Die Doku vollführt das Kunststück, das Konzert, die Vorbereitungen desselben, den Blick hinter die Bühnenkulissen und individuelle Interviews mit den Künstlern zu einem homogenen Ganzen zusammenzubringen, sodass man die ganze Zeit über einfach nur gefesselt ist von dem unglaublichen Talent, das da zusammengekommen ist, um diese wunderbare Musik zu spielen. Fantastisch.

Fazit

Mal wieder haben die Coens einen einzigartigen, irgendwo zwischen Tragik und Komik schwebenden, wunderbaren Film erschaffen, der in Oscar Isaac ein großes Talent zum Vorschein bringt und der besonders Folk-Liebhabern ans Herz gelegt sei. Diese sollten sich auch die Special Edition auf DVD definitiv nicht entgehen lassen.

Technische Details

2-Disc- Special-Edition

Die Special Edition enthält folgende Extras:

  • 16-seitiges Booklet
  • Making of "Inside Llewyn Davis" (ca. 43 Minuten)
  • Dokumentation "Another Day, Another Time" (ca. 101 Minuten)


Maria Gruber - myFanbase
18.05.2014

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