Bewertung
Matt Reeves

Let me in

Unschuld stirbt. Abby nicht.

Foto: Copyright: Universal Pictures International Germany GmbH
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Inhalt

Winter 1983: Der zwölfjährige Owen (Kodi Smit-McPhee) ist ein Außenseiter, der unter der Trennung seiner Eltern leidet und unbarmherzig von seinem Mitschüler Kenny (Dylan Minnette) schikaniert wird. Eines Tages zieht die gleichaltrige Abby (Chloë Moretz) mit ihrem Vater (Richard Jenkins) in Owens Nachbarschaft. Die beiden Kinder freunden sich nach einer Weile an. Abby ist jedoch nicht, was sie zu sein scheint, denn sie wandelt schon sehr lange als Zwölfjährige auf Erden und ernährt sich von Blut. Auch als Owen hinter ihr Geheimnis kommt, ändert dies nichts an seinen Gefühlen für sie. Unterdessen droht ein Polizeiermittler (Elias Koteas), Abby auf die Spur zu kommen.

Kritik

"Let me in" ist das US-Remake des schwedischen Films "So finster die Nacht", reiht sich aber glücklicherweise nicht in die Riege der Hollywood-Neuverfilmungen ein, für die man sich als Zuschauer fremdschämen muss. Regisseur Matt Reeves, der sich mit "Cloverfield" einen Namen machen konnte, ist es gelungen, die schwedische Handlung überzeugend in ein amerikanisches Umfeld zu versetzen. Dies verdankt er auch den beiden hochtalentierten Hauptdarstellern Kodi Smit-McPhee und Chloë Moretz.

Von einem typischen Vampirreißer hat "Let me in" nur wenig. Der Film setzt vor allem auf psychologische Momente und präsentiert sich als Kombination aus Horror und Drama. Klassische Jugendthemen wie erste Liebe, Mobbing in der Schule und Entfremdung von den Eltern werden auf vielschichtige Weise mit dem Vampirmythos verknüpft.

Ein altes Sprichwort besagt ja, dass Kinder sehr grausam sein können. In "Let me in" sehen wir auf der einen Seite Abby, das ewig zwölfjährige Mädchen, das übernatürliche Kräfte besitzt und unschuldige Menschen tötet, um sich von Blut zu ernähren, aber gleichzeitig sehr verletzlich ist. Sie braucht immer jemanden, der ihr dabei hilft, ihr Geheimnis vor der Welt zu verbergen, und der ihr Liebe und Fürsorge schenkt. Sie ist mit einem Fluch geschlagen, der unweigerlich die Leben vieler Menschen zerstört. Auf der anderen Seite sind da Kenny und seine Freunde, ganz normale Kinder, die den schwächeren Owen quälen, weil sie es können und wollen, weil sie daraus das Gefühl von Überlegenheit beziehen, das ihnen in anderen Lebenslagen, zum Beispiel im familiären Umfeld, fehlt. Vergleicht man die Szenen, in denen Abby tötet, und die Szenen, in denen Owen seinen Peinigern ausgesetzt ist, stellt man mitunter schockiert fest, dass Letztere bedrohlicher und grausamer wirken.

Der Zuschauer wird im Laufe dieses Films mit einigen faszinierenden Gedanken, Emotionen und Interpretationsmöglichkeiten konfrontiert. Dies betrifft auch den Charakter des Vaters, dessen Name nicht genannt wird und der nicht wirklich Abbys Vater ist, sondern sie einst kennen lernte, als er selbst noch ein Kind war. So wie Owen. Der Vater tötet Menschen und zapft ihnen Blut ab, damit Abby nicht immer selbst jagen muss. Er hat dabei eine feste Vorgehensweise. Als diese eines Tages durch unglückliche Umstände durchbrochen wird, erkennt der Zuschauer sehr gut die Angst und die Hilflosigkeit des Vaters, was dazu führt, dass man mehr Mitleid für ihn empfindet, als Erleichterung darüber, dass seine unschuldigen Opfer eine Überlebenschance haben. So etwas erlebt man wahrlich nicht häufig in Horrorfilmen.

Wie bereits erwähnt, wissen Kodi Smit-McPhee und Chloë Moretz in ihren Rollen absolut zu überzeugen. Die Freundschaft von Abby und Owen versprüht auch einen Hauch von Shakespeare. Es wird zwar heutzutage oft vergessen, doch Romeo und Julia sind in dem weltberühmten Stück auch noch Kinder, keine jungen Erwachsenen, wie es zumeist auf der Bühne und in Filmen dargestellt wird.

Fazit

"Let me in" hebt sich vom Vampirhype ab und ist ein psychologisch ausgereiftes, gut gespieltes Horrordrama über den Fluch der (ewigen) Jugend.

Maret Hosemann - myFanbase
17.06.2012

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