Bewertung
Kenji Kamiyama

Eden of the East - Das verlorene Paradies

"I begin to find an idle and fond bondage in the oppression of aged tyranny; who sways, not as it hath power, but as it is suffered." - William Shakespeare, "King Lear"

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Inhalt

Akira Takizawa und Saki Morimi können nach Japan zurückkehren, nachdem sie in den USA noch fast Opfer eines Anschlags geworden wären. Das Unternehmen "Eden of the East", das bisher Saki und Akira unterstützt hat bei ihrer Suche nach den Drahtziehern hinter dem Selecao-Spiel, steht nun selbst unter Terrorverdacht, was die Handlungsfähigkeit der mit Saki befreundeten Hackern und Software-Entwicklern empfindlich einschränkt. Unterdessen gelingt es Saki, etwas über Akiras Vergangenheit herauszufinden, das den weiteren Verlauf des tödlichen Selecao-Spiels maßgeblich beeinflussen kann.

Kritik

Der letzte Vorhang ist gefallen. Mit "Das verlorene Paradies" findet das "Eden of the East"-Franchise nach der Anime-Serie und dem ersten Film sein Ende. Alles begann mit einer Anime-Serie, die als krasse Ausnahme im Vergleich zu ihren Genrevertretern nicht auf einem Manga basierte, und bereits im Vorfeld so einiges an Vorschlusslorbeeren erntete. Nach elf Episoden war vorerst Schluss, jedoch mit derart vielen offenen Fragen, dass sich die Frage, ob man die folgenden zwei Filme noch sehen soll, gar nicht stellte. Stattdessen waren einige Fans verwundert bis verärgert über die Entscheidung, statt einer zweiten Staffel die Handlung mit zwei Filmen abzuschließen und damit maßgeblich den bisher episodenartigen Erzählrhythmus zu ändern.

Interessanterweise wurde "Der König von Eden" jedoch nicht wie befürchtet hektisch erzählt, um in gerade einmal knapp eineinhalb Stunden die ersten Fragen zeitig zu beantworten, sondern war geprägt von einem auffällig langsamen Tempo, das erst gegen Ende an Fahrt aufnahm. Damit einhergehend, wurde die Hoffnung auf schnelle Antworten begraben. Stattdessen musste man ihn als Übergangsfilm ansehen und konnte gespannt sein, wie es nun "Das verlorene Paradies" gelingen würde, die zahlreichen angefangenen Handlungsfäden zusammen zu führen.

Auch diesmal macht sich "Eden of the East" geradezu einen Spaß daraus, mit den Erwartungen seiner Anhänger zu spielen. Denn wer erwartet hat, dass in halbwegs geordneter Manier eine offene Frage nach der anderen abgehandelt wird, der täuscht. Andererseits, wer hat das vom "Lost" der Anime-Serien tatsächlich erwartet? Mittlerweile sollte man es dann ja doch tatsächlich besser wissen und geduldig darauf vertrauen, dass Kenji Kamiyama weiß, was er tut. Sein Lebenslauf spräche zumindest dafür. So nimmt sich der Film reichlich Zeit und besteht zum Großteil aus Gesprächen. Die Action wurde merklich zurückgeschraubt, was in Anbetracht der Erwartung eines großen Showdowns sicherlich erst einmal ungewöhnlich ist.

Nachdem die einzelnen Charaktere jedoch in Japan verteilt sich und nur sehr vereinzelt aufeinander treffen, ist die Dynamik untereinander verständlicherweise auch eine gänzlich andere. Leider fällt jedoch in diesem Zusammenhang auf, dass der Cast mit Akira, Saki, den Selecao und insbesondere all den Mitarbeitern des titelgebenden Unternehmens "Eden of the East" mittlerweile eher einen aufgeblähten Eindruck macht. So manche Figuren scheinen nur noch deswegen da zu sein, um dem Zuschauer für kurze Zeit zu zeigen, dass es sie auch noch gibt. Eine wirkliche Bewandtnis bleiben sie mitunter schuldig, teils sind sie lediglich Stichwortgeber, um die Hauptcharaktere zu weiterem Handeln zu veranlassen und manchmal nicht einmal das. In einem Genre, das geradezu von dem Mut geprägt ist, munter Figuren sterben zu lassen, ist so ein großer Cast, der scheinbar ohne Grund nicht reduziert wird, eine echte Seltenheit.

Charaktere, die keinen wirklichen Zusatznutzen für den weiteren Handlungsverlauf haben, werden mitgezogen, das Erzähltempo bleibt langsam. Und dennoch gelingt es dem Film, die wichtigsten noch offenen Fragen zu beantworten. Dass so auch Antworten geliefert werden, die einen nicht komplett befriedigen, oder sowohl Zeitpunkt als auch Darbietung der Auflösung vereinzelt fragwürdig ist, war nach dem Verlauf der Serie und des ersten Filmes wohl etwas, auf das man sich einstellen musste. Trotzdem wäre eine etwas direktere Herangehensweise, insbesondere, um die Geduld der Fans zu belohnen, wünschenswert gewesen. Vielleicht hätte man dann ganz besonders vorsichtig das Ende konzipieren müssen, um den Mystery-Mythos des Franchise mit einem allzu offensichtlichen und gewöhnlichen Ansatz nicht zu zerstören, aber möglich wäre es gewesen.

Fazit

"Eden of the East – Das verlorene Paradies" ist wegen der genannten Kritikpunkte sicherlich kein schlechter Film. Dazu macht er weiterhin zu viel richtig, angefangen bei zwei facettenreichen Hauptcharakteren, über ein stimmiges Setting, das soziologische, ökonomische wie wirtschaftliche Aspekte zu einem realistischen Zukunftsszenario weiterspinnt, bis zur optisch überragenden Darbietung. Als Abschlussfilm, der es sich zur Aufgabe machen sollte, sich auf die zufriedenstellende Beantwortung der während elf Episoden und einem Film erhobenen Fragen zu konzentrieren und unwichtige Nebenschauplätze und -charaktere auszublenden, weist er jedoch Makel auf. Nichtsdestotrotz ist "Eden of the East" eines der interessantesten Animeprojekte der vergangenen Jahre und ist daher inklusive der zwei daran anschließenden Verfilmungen für Fans des Genres zu empfehlen.

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Andreas K. - myFanbase
18.09.2011

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