Bewertung
Richard Linklater

Before Sunrise

"Denk mal zehn, 20 Jahre in die Zukunft, okay? Und du bist verheiratet (...) Du denkst an alle Männer, die du je getroffen hast, und was mit denen jeweils hätte passieren können. Tja, ich bin einer von diesen Typen. Also sieh es als Zeitreise an, von der Zukunft in die Gegenwart, um herauszufinden, was du verpasst."

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Inhalt

Im Zug von Budapest nach Wien treffen sich die Französin Celine (Julie Delpy) und der Amerikaner Jesse (Ethan Hawke). Beide kommen miteinander ins Gespräch und stellen fest, dass sie auf einer Wellenlänge liegen. Jesse hat in Wien noch eine Nacht, ehe er am nächsten Morgen wieder in die Staaten zurückfliegt. Er überredet Celine, ihre Fahrt nach Paris zu unterbrechen, um mit ihm gemeinsam die österreichische Hauptstadt zu erobern.

Celine willigt ein, und so beginnt für beide eine spannende Nacht in Wien, bei dem sie sich über (fast) alles unterhalten. Ob im Prater, bei einer Wiener Mélange, auf dem Friedhof, in der Straßenbahn, im Park, oder in einem Wiener Club, Celine und Jesse unterhalten sich über Gott und die Welt. Mehr und mehr fühlen sich beide zueinander hingezogen. Ist es wirklich eine dieser Begegnungen, bei der man einem Fremden sein Leben erzählt, weil man weiß, dass man ihn nie wiedersieht, oder hat diese Begegnung Potential für weitere Kontakte?

Kritik

"Before Sunrise" stellt am Anfang genau die Begegnung dar, die viele schon mal hatten. Man kann einem Fremden, den man zufällig trifft, alles erzählen. Die Idee des Films basiert übrigens auf einer echten Erfahrung, die dem Regisseur und Drehbuchautor Richard Linklater in Philadelphia mit einer Frau passiert ist.

Die Grundhandlung des Films ist nicht neu, sondern es ist mehr oder weniger die klassische "Boy meets Girl"-Story. Aber anders als bei anderen Filmen ist "Before Sunrise" ein permanenter Dialog, daher kann er auch nicht zum Mainstream vieler Filme gezählt werden. Vielleicht hatte er in den USA deswegen nicht so viel kommerziellen Erfolg? In Europa waren die Besucherzahlen jedenfalls wesentlich höher. Das Interessante an "Before Sunrise" ist, dass man viel von diesen beiden Charakteren speziell erfährt und weniger darum bemüht ist, viele Handlungsstränge nachvollziehen zu müssen. Auch gibt es keine Actionszenen oder besonders dramatische Momente, bei denen der Zuschauer mitbangen muss. Die Spannung in "Before Sunrise" liegt darin, dass man sich fragt, was beide aus dieser gemeinsamem Zeit machen, je mehr deutlich wird, wie sehr sich beide vom ersten Augenblick an mögen und sich immer näher kommen. Zwischendurch vergisst man glatt, dass sich die beiden erst wenige Stunden kennen und nicht einfach nur ein Liebespärchen sind, das eine romantische Zeit in Wien verbringt. Die ganze Geschichte hat etwas von einem Märchen. Das Traumpaar hat eine gemeinsame Nacht ehe bei Sonnenaufgang beide in ihre Realität zurückmüssen.

Die Gespräche zwischen den beiden drehen sich über die Eltern und deren Erwartungshaltung, die Ex-Freunde, wie sich beide die perfekte Beziehung vorstellen und was sie sich vom Leben erhoffen. Andere Darsteller haben nur kleinere Nebenrollen und dienen nur dazu, die Handlung weiter voranzutreiben. Einen etwas längeren Auftritt haben nur eine Wahrsagerin und ein Dichter, beide dienen dazu, Celine und Jesse von außen einen Blick auf ihre Beziehung zueinander zu geben. Jesse ist an einigen Stellen der Zyniker, aber gleichzeitig auch ein Träumer, Celine ist vor allem die Träumerin - beide sind unsicher, wie sie aufeinander wirken und das wirkt sich auf ihren Abschied aus.

Das Zusammenspiel zwischen Delpy und Hawke funktioniert gut, wenn auch aus meiner Sicht die Chemie zwischen beiden nicht hundertprozentig stimmt. Beide waren aber bei dem MTV Awards 1995 für den schönsten Filmkuss nominiert.

Fazit

Eine schöne Liebesgeschichte vor einer tollen Kulisse.

Miriam Ahrenholz - myFanbase
21.06.2008

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