Das Signal - Review Miniserie

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Wenn man sich die vorab veröffentlichten Plakate und Synopsis zu der deutschen Miniserie "Das Signal" auf Netflix so anschaut, dann kommt einem wohl kaum die Idee, dass das Konzept bereits 2015 entstanden ist, wo Deutschland mitten in der ersten großen Flüchtlingskrise steckte und sich Autorin Nadine Gottmann näher mit der Frage beschäftigt hat, was die Menschen so skeptisch auf das Fremde reagieren lässt. Andererseits muss man natürlich auch sagen, dass der Weltraum, in dem ein Großteil der Handlung spielt, das Fremde ideal repräsentiert. Es ist vieles noch nicht erforscht und auch immer wieder wird sich die Frage gestellt, was es an Leben da draußen wohl gibt und die Meinungen, ob man einem Alien mal gerne begegnen würde oder nicht, könnten nicht größer auseinandergehen. Dementsprechend passt es irgendwie doch. Zumal man auch sagen muss, dass eine deutsche SciFi-Serie schon höchst ungewöhnlich ist, aber Streamingdienst Netflix macht trotz Vor- und Nachteilen zugleich vieles möglich, was unerreichbar erscheint. Daher lasst uns gemeinsam einen Blick auf "Das Signal" werfen und was wir von dort mitnehmen können.

Foto: Peri Baumeister, Das Signal - Copyright: 2024 Netflix, Inc.; Anika Molnar
Peri Baumeister, Das Signal
© 2024 Netflix, Inc.; Anika Molnar

Bislang hatte ich das Genre SciFi angesprochen. Aber das alleine greift "Das Signal" nicht auf, denn es ist vor allem auch eine Dramaserie, die sich in vielen Aspekten auf sehr starkes Schauspiel verlassen kann. Peri Baumeister als Paula hat mich dabei am meisten überzeugen können, weil sie sicherlich auch die komplexeste Bandbreite zu spielen hatte, über die Vergangenheit mit den ausgelassenen, aber auch wahnhaften Momenten, hin zu der Einsamkeit und Isolierung im Weltraum sowie dann der Erkenntnis, dass etwas im Gange ist, was ihr Leben bedroht. Sie war oft alleine im Fokus der Kamera, wo sie dann auch mit ihrer Körpersprache und Mimik viel arbeiten musste und dennoch hatte ich immer den Eindruck, sie ganz genau verstehen zu können. Auch Nachwuchsschauspielerin Yuna Bennett ist unbedingt zu erwähnen. Ich las, dass die Rolle eigentlich jünger angelegt war, aber durch das Casting von Yuna dann angepasst wurde. Sie transportiert etwas sehr Reifes für ihr Alter, was ich angesichts der Lebensumstände aber auch sehr nachvollziehbar finde. Dazu ist es ihr beeindruckend gelungen, diesen Spagat zwischen alles mitbekommen zu wollen und sich bewusst von ihrer Umwelt auszuschließen abzubilden. Yuna hatte die meisten Szenen mit Florian David Fitz und sie hat ganz eindeutig mit ihm wunderbar mitgehalten und mit ihm dadurch ein überzeugendes Duo aufgebaut. Fitz ist sicherlich der große Name des Projekts und ich hier war besonders gespannt, weil ich ihn in erster Linie mit Komödie in Verbindung bringe und dort auch oft in eitlen und snobistischen Rollen. Hier ist er ganz anders und ich war zugegeben skeptisch, aber er hat mich doch auch immer mehr einfangen können. Das Dramatalent einer Baumeister hat er aber dennoch eher nicht, ich sehe ihn weiterhin bei Komödie besser aufgehoben.

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Vom Inhalt und von der Stilistik her kann ich zudem über die Miniserie urteilen, dass sie sehr, sehr gute Ansätze hat, aber dass vier Episoden vielleicht auch das untere Minimum war, wie man die Geschichte überhaupt sinnvoll über die Zielgerade bekommt. Die Episoden haben mit einer Laufzeit von durchschnittlich 60 Minuten zwar genug Raum, aber dennoch hätte eine wenig mehr Erzählzeit dem Projekt gut getan. Die Serie erkennt schon, in welche Richtung es gehen musste, denn die Erzählart ist clever gewählt. Wir haben im Grunde immer drei Zeitebenen. Zum einen sind das Flashbacks (im Serienfinale fällt die Ebene weg), die uns etwas aus dem gemeinsamen Ehe- oder Familienleben erzählen. Dann haben wir eine nähere Vergangenheit, die uns Paula und Hadi (Hadi Khanjanpour) im Weltraum zeigt und zuletzt haben wir die Gegenwart, wo Vater Sven und Tochter Charlie die Rückkehr erwarten, dann aber vor jeder Menge Rätsel stehen. Die Flashbacks sind die Ebene, wo ich mir wesentlich mehr gewünscht hätte. Der Blick in das Miteinander vom Ehepaar war wunderbar gelungen, denn auch wenn die Unterschiede evident wurden, so wurde gleichzeitig auch die gegenseitige Liebe manifestiert, die ein großer Träger der Serie ist. So einen kurzen Einblick, der mir gleich viel verrät, den hätte ich mir auch für Paulas beruflichen Werdegang und ihre Kontaktknüpfung mit Mudhi (Sheeba Chadha) gewünscht. Genauso hätte ich Paula gerne mehr als Mutter erlebt, denn es wurde kurz angedeutet, dass sie mit Charlies Gehörlosigkeit mehr als Sven zu kämpfen hat. Da haben sich insgesamt also mehr Lücken aufgetan und ich glaube auch nicht, wenn man es eingebunden bekommen hätte, dass ich es langweilig empfunden hätte. Bei den anderen Zeitebenen wiederum ist eine gute Symbiose gefunden worden, die wir beispielsweise auch von einem musterhaften Beispiel wie "This Is Us" kennen, denn auch wenn Paulas Erlebnisse im Weltraum zeitlich früher sind, so wirkt es so, als würde ihre Handlung mit Team Erde parallel laufen. Das ist sicherlich ein geschickter Schachzug, denn wo Paulas körperliche Anwesenheit fehlt, so ist sie doch im Geiste immer dabei. Die Puzzleteile setzen sich auch so gut ineinander, dass sich eine ansprechende Erzähldynamik ergibt.

Foto: Yuna Bennett & Florian David Fitz, Das Signal - Copyright: 2023 Netflix, Inc.; Anika Molnar / Netflix
Yuna Bennett & Florian David Fitz, Das Signal
© 2023 Netflix, Inc.; Anika Molnar / Netflix

Inhaltlich erwartet uns auch eine große Schwere, denn es passieren wirklich einige unvorstellbare Sachen. Sei es der Flugzeugabsturz bzw. zunächst das Verschwinden vom Radar und dann die gemeldeten Wrackteile, der Mob vorm Groth-Haus, der vor nichts zurückzuschrecken scheint und damit wohl auch ideal Social Media ohne jegliche Hemmungen repräsentiert. Dazu dann die Unterstellungen gegen Paula und ihren Gesundheitszustand. Das ist sicherlich auch der Teil, den ich etwas wacklig fand. Zuerst habe ich es im Literaturbereich beobachtet und nun auch immer mehr vermehrt auf dem Bildschirm, denn es wird da vorrangig mit Frauenfiguren gearbeitet, die einem Verbrechen, einer Verschwörung oder Ähnlichem auf der Spur sind und wo erstmal der Eindruck erweckt werden soll, wir haben es mit einer geistig instabilen Person zu tun. Auch wenn das inhaltlich seinen Reiz entwickeln kann, weil so eine vermeintlich objektive Perspektive verloren geht, so ist es langsam auch etwas auserzählt und hat hier für mich auch nicht ideal gepasst. Gerade wegen der Länge von nur vier Episoden hätte man sich das besser verkniffen und stattdessen eher auf andere Schwerpunkte gesetzt. Gewisse Zweifel gegenüber Paula hätte man auch durch klassische körperliche Beeinträchtigungen erzählen können, denn das Leben in Schwerelosigkeit ist nun mal nicht mit dem auf der Erde mit Schwerkraft zu vergleichen, auch wenn sie körperlich natürlich dafür trainiert hat. Training und Ernstfall sind dennoch zwei separate Aspekte.

Foto: Das Signal - Copyright: 2024 Netflix, Inc.; Anika Molnar
Das Signal
© 2024 Netflix, Inc.; Anika Molnar

Kommen wir aber wieder zurück auf die inhaltliche Schwere, denn wir haben dann auch noch das Verschwinden von Charly sowie dann die Geheimnisse rund um das Signal, das Paula empfangen hat und wer dahinter steckt und was man damit macht. Das alles zusammen belegt, dass es auf jeden Fall gelungen ist, pro Episode regelmäßig erzählerische Höhepunkte abzuliefern. Dennoch merkt man auch hier wieder in den Einzelheiten, dass insgesamt zu wenig Zeit zur Verfügung stand. Momente zu Friederike (Meret Becker) vom BKA und ihrem Kollegen sowie auch die Figur Agnieszka (Katharina Thalbach) an sich sind Belege für spannende Aspekte, die sich dann irgendwann völlig verlieren. Auch wenn die Familiengeschichte das Herzstück von "Das Signal" ist, und das zurecht, so dürfen die Nebenschauplätze dennoch nicht einfach vergessen werden, sonst hätte man von Anfang an enger erzählen müssen. Auch Hadis Familie mit Mira (Nilam Farooq) kann ich an dieser Stelle noch anführen, denn die anfänglichen Parallelen im Leid zu Sven und Charlie hat wunderbar sinnig funktioniert, aber später hat sie keine Rolle mehr gespielt, obwohl Hadis Umdenken genauso wichtig war. Dazu würde ich auch sagen, dass das große Mysterium sowie dann der große Wendepunkt in Episode 4 etwas kompliziert erzählt waren. Ich musste doch immer noch ein paar Mal über alles nachdenken und mich versichern, wie jetzt was zusammenhängt und wie jetzt wer was darüber denkt. Am Ende habe ich ein schlüssiges Bild bekommen, aber eine große Eigenleistung war dennoch nötig, die natürlich auch zulässt, dass ich vielleicht gar nicht alles so verstanden habe, wie es intendiert wurde.

Fast schon der wichtigste Aspekt der Miniserie ist aber eindeutig das Ende und hier bin ich mir doch sehr sicher, dass alles wie beabsichtigt bei mir angekommen ist. Ich habe mich in den Episoden immer wieder bei dem Gedanken erwischt, was nun wohl geplant ist und wie sich alles auflösen wird. Eine gewisse Skepsis hat sich auch eingeschlichen, denn Ankunft von anderem Leben und Cut, vorbei, das hätte mir nicht gefallen. Mit dem Abschluss habe ich aber so gar nicht gerechnet und muss einfach sagen, top gemacht, schön gewählt und doch auch so doppeldeutig, dass da jeder Einzelne sich mit seinen ganz eigenen Gedanken vom Geschehen verabschieden kann. Was aber für uns bleibt, das ist sicherlich die Botschaft, dass wir gar nicht in den Weltraum schauen müssen, um das Fremde zu erforschen oder zu fürchten, denn wir haben es vor der eigenen Haustüre. Wenn die Menschheit von einem Planeten schon nicht mehr miteinander auskommt und sich lieber alles unterstellt als gemeinsame Lösungen zu finden, dann ist es bald kein Wunder mehr, dass der Gedanke an Aliens viele so erschreckt. Denn wäre es der Punkt, wo der Mensch mit Erschrecken erkennen muss, dass er als Krone der Schöpfung alles in den Sand gesetzt hat? Das klingt jetzt fast schon deprimierend, aber ich fand das Serienende hoffnungsvoll. Denn wir haben alle Zutaten an der Hand, es müssen nur mehr aufwachen, denn wir alle haben nur das eine Leben und wo es eine Vergangenheit gibt, da muss es auch eine Zukunft geben können. Willst du daran mitwirken?

Fazit

"Das Signal" ist eine insgesamt knapp erzählte deutsche Miniserie geworden. In der Geschichte steckte sehr viel Potenzial, die schauspielerisch und in vielen Aspekten auch ausgeschöpft wurde, doch es lässt sich leicht erahnen, wie viel intensiver und ausführlicher alles noch hätte werden können, wenn vielleicht auch acht Episoden wie bei so vielen anderen Serien drin gewesen wären. Alles in allem ist "Das Signal" emotional, spannend, etwas knifflig zu entschlüsseln, clever und am Ende vor allem aussagekräftig.

Die Serie "Das Signal" ansehen:

Lena Donth – myFanbase

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