Bosch: Legacy - Review Staffel 1

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Ich habe "Bosch" mit Titus Welliver in der Titelrolle erst verhältnismäßig spät für mich entdeckt, bin aber doch schnell ein großer Fan geworden und das ist tatsächlich vor allem der Erzählweise geschuldet. In diversen Reviews habe ich schon anklingen lassen, dass ich für mich immer mehr feststelle, dass ich kürzere Staffeln sehr angenehme empfinde, daher auch die Vorliebe für Miniserien. Aber auch Streamingdienste setzen fast durchgängig auf kurze Staffeln mit maximal zehn Episoden (Ausnahmen gibt es natürlich immer) und dadurch entwickeln sich oft kompakt erzählte Geschichten, die sich unnötige Durchhänger einfach nicht leisten können. Bei "Bosch" speziell hat mich noch zusätzlich begeistert, dass es die Krimiserie immer geschafft hat, mehrere Storylines parallel wertig zu erzählen. Es erscheint mir auch realistisch, dass angesichts der Tatsache, dass das Verbrechen niemals schläft, nicht immer nur brav ein Fall nach dem nächsten abgearbeitet werden kann, sondern dass das echte Leben dazwischenkommt und somit immer wieder neue Impulse eine Rolle spielen. Das hat "Bosch" in meinen Augen immer meisterhaft beherrscht, weswegen sich alle sieben Staffeln immer wie ein Abenteuer angefühlt haben.

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Letztlich ist die letzte Klappe gefallen, aber Fans mussten sich nicht lange grämen, da mit "Bosch: Legacy" direkt ein Spin-Off angekündigt worden ist. Auch wenn man über den Titel sicherlich streiten kann, weil er stark auf Maddie (Madison Lintz) hindeutet, obwohl Harry Bosch und Honey Chandler (Mimi Rogers) ebenbürtige Rollen spielen, ist das wohl nur ein Randaspekt. Denn es ist verständlich, dass mit dieser neuen Fokussierung ein Cut zur Originalserie gemacht werden sollte. Denn die Fokussierung rein auf polizeiliche Arbeit ist passé. Stattdessen ist die vertretene Berufsauswahl diverser und erlaubt dadurch ein vielschichtiges Bild. Doch eins bleibt gleich und das ist die Stilistik. Auch "Bosch: Legacy" behandelt gleich mehrere Handlungsbögen, die parallel verlaufen, sich stellenweise auch überkreuzen, aber alles in allem eine gute Unterhaltung bedeuten. Von daher bin ich mir sehr sicher, dass alle ursprünglichen Fans auch mit dem Spin-Off ihre Freude haben werden. Die DNA ist nämlich überdeutlich zu erkennen, was auch zeigt, dass sich das Produktionsteam bewusst war, was das Erfolgsrezept war und es in einem etwas veränderten Rahmen einfach wieder anbietet.

Foto: Mimi Rogers, Bosch: Legacy - Copyright: Amazon Freevee; Tyler Golden
Mimi Rogers, Bosch: Legacy
© Amazon Freevee; Tyler Golden

Bei der Ankündigung des Spin-Offs war für mich sicherlich der überraschendste Faktor, dass Chandler eine zentrale Hauptfigur wird. Auch wenn sie ab Staffel 5 eigentlich nicht mehr aus "Bosch" wegzudenken war, war sie eben auch eine Figur, an der man sich gut stoßen konnte. Eben weil sie keine Anwältin ist, die grundsätzlich immer nur den Underdog vertritt, sondern weil sie genauso Verdächtige herausschlägt, bei denen sie wohl selbst weiß, dass sie wahrlich einiges sind, aber gewiss nicht 'unschuldig'. Daher stand sie Bosch oft genug unvereinbar gegenüber. Doch über den Serienverlauf hinweg hat sich einiges getan, auch weil Chandler eine Mentorin für Maddie geworden ist. Damit ist es dann vielleicht doch wieder logisch, sie mit nach "Bosch: Legacy" zu nehmen, zumal eine Staffel, die dann tatsächlich auch mehr sie als Mensch in den Vordergrund rückt, sehr hilfreich ist, um in der Widersprüchlichkeit des Charakters den eigentlichen menschlichen Kern zu entdecken. Wir bekommen in dieser ersten Staffel eine sehr verletzliche Chandler präsentiert. In Staffel 7 von "Bosch" war sie im Auftrag von Carl Rogers (Michael Rose) angeschossen worden. Dieser Handlungsbogen ist sinnigerweise mit rübergenommen worden, denn er war nicht völlig aufgeklärt, auch weil Rogers eine Figur wie eine Schlange ist, die sich allen legalen Mitteln immer entwinden zu können scheint. Doch nicht nur vor Gericht zeigt Chandler den Kampf ihres Lebens, sondern auch auf privater Ebene hat zu kämpfen: mit sich selbst. Es war wichtig, sie bei ihren Therapiesitzungen zu erleben. Sie hat mit düsteren Rachegedanken zu kämpfen, aber gleichzeitig ist sie so verängstigt wie nie zuvor. Das wiederum stärkt natürlich ihre Verbindung zu Bosch, denn in ihm weiß sie jemanden an ihrer Seite, der zwar anders als sie denkt, aber wenn sie sich in einer Sache einig sind, dann aber richtig. Die beiden zusammen, aber auch Chandler alleine sind für mich die große Überraschung von "Bosch: Legacy", weil es wirklich gut funktioniert hat.

Foto: Titus Welliver, Bosch: Legacy - Copyright: Amazon Freevee; Tyler Golden
Titus Welliver, Bosch: Legacy
© Amazon Freevee; Tyler Golden

Harry Bosch ist sicherlich die bekannteste Variable der Serie, aber mit einem speziellen Zusatz. Er war sicherlich nie der Cop aus dem Lehrbuch, weil er das Gesetz für sich auszudehnen wusste und er hat sich oft genug dem Vorwurf ausgesetzt gesehen, unrechtmäßig als Polizist agiert zu haben. Fakt ist aber auch, dass er all das nie aus Machtmissbrauch oder egoistischen Motiven heraus getan hat, es war immer für die Gerechtigkeit der Opfer und ihrer Angehörigen gegenüber. Nun ist er nicht mehr beim LAPD angestellt und somit keiner Berufsethik mehr unterworfen. Natürlich gibt es immer noch Gesetze, an die er sich genauso wie jeder andere US-Bürger zu halten hat, aber dennoch hat er mehr Freiheiten und das wird im Verlauf der ersten Staffel gleich mehrfach unterstrichen. Wenn wir ehrlich sind, passt es so auch besser zu seinem Charakter. Er ist immer noch den Ermittlungen gegenüber verpflichtet, aber er lässt sich auch nicht mehr so schnell auf der Nase herumtanzen. Sein Fall für den milliardenschweren Whitney Vance (William Devane) ist für diese erste Staffel daher auch gut gewählt. Denn die Suche nach einem Erben mutet zunächst etwas harmlos aus, wird aber letztlich der durchgängigste Handlungsbogen. Spätestens als Vance dann verstorben ist, hätte ein anderer den Fall vielleicht einfach ad acta gelegt, aber sicherlich nicht Bosch, der es bis zum bitteren Ende durchzieht. Ich hätte am Anfang auch nicht gedacht, dass die Recherche sich so entwickeln würde, aber das hat nur gezeigt, wie vielschichtig die Serie arbeiten kann.

Foto: Madison Lintz & Denise G. Sanchez, Bosch: Legacy - Copyright: Amazon Freevee; Tyler Golden
Madison Lintz & Denise G. Sanchez, Bosch: Legacy
© Amazon Freevee; Tyler Golden

Bei der Ankündigung, dass Maddie mehr in den Fokus gerückt wird, war ich richtig stolz. Madison Lintz ist bei "Bosch" richtig gereift. Wir haben Maddie als etwas launischen Teenager kennenlernt, der auch angesichts der Beziehungssituation ihrer Eltern es nicht immer einfach hatte. Da eben auch beide Elternteile ihrem Job erlegen waren, der keine klaren Arbeitszeiten aufweist, musste sie auch früher erwachsen werden. Maddie hat wirklich so einige Schicksalsschläge auch hinnehmen müssen und stand dann vor der Aufgabe, ihren eigenen Weg finden zu müssen. Schon die Staffel, wo sie zunächst gen Jura intendiert und für Chandler arbeitet, fand ich sehr reizvoll, weil man in ihr klar die Züge ihrer Eltern erkennen konnte. Nun hat es Maddie also zum LAPD geschlagen und damit wären wir beim Legacy-Teil des Spin-Offs angekommen. Denn sie tritt unverkennbar in die Fußstapfen ihres Vaters. Ähnlich wie bei "The Rookie" von ABC erleben wir hier mit, wie sich Maddie als Boot (anderer Ausdruck für Rookie) ihre Sporen verdienen muss. Humor steht in der Darstellung natürlich nicht im Vordergrund, sondern es geht schon etwas härter zu, denn Ausbilderin Reina Vasquez (Denise G. Sanchez) ist knallhart. Auch wenn alle wissen, wer dieser Harry Bosch ist, es ist doch eher Hindernis, denn so muss sich Maddie noch mehr beweisen. Ganz Neuling merkt man ihr in vielen Aktionen noch ihre Naivität an, was ich aber nur realistisch finde. Ihr Vater kann da sein, wer er will, ihr fliegt deswegen noch lange nicht alles wie von selbst in den Schoß. Maddie hat insgesamt in dieser ersten Staffel die wenigstens durchgängigen Handlungsbögen, weil eher an vielen kleinen Erlebnissen verdeutlicht werden soll, wie sie sich in einem neuen Alltag einfindet. Das hat mich auch hier nicht gestört, weil man sie so weiter wachsen sieht. Zudem gelingt es dem Drehbuch immer wieder, Vater und Tochter zusammenzubringen. Beide haben vielen Verluste erfahren, beide führen ein gefährliches Leben, weswegen es nur nachvollziehbar ist, dass sie immer wieder die Versicherung gegenseitig brauchen, dass sie noch da sind. Bosch wird nie von Gefühlen überspringen, aber die wichtigste Person in seinem Leben ist seit ihrer Geburt Maddie und das merkt man immer wieder deutlich.

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Maddies ganze (noch) unerfahrene Art lässt sie schließlich unbewusst einem Serientäter auf die Spur kommen. Dieser Fall führt zum großen Cliffhanger und wird damit in die Staffel rübergenommen. Auch Chandler Ermittlungen wegen übertriebener Polizeigewalt (wo Maddies Bodycam wichtige Ergebnisse liefert) werden sicherlich noch thematisch aktiv bleiben. Ansonsten wird die Staffel wieder einen reinen Schnitt machen, denn der Rest ist abgeschlossen. Ich bin schon sehr gespannt, welche neue Themenmischung uns dann in Staffel 2 erwartet. Für "Bosch"-Fans ist schließlich auch noch reizvoll, dass sich die Produktion nicht hat nehmen lassen, alten Bekannten kleinere Gastauftritte zu bescheren: Sergeant John Mankiewicz (Scott Klace), Barrel (Troy Evans), Crate (Gregory Scott Cummins) und Jerry Edgar (Jamie Hector). Ich fand es angenehm reduziert, denn wenn sie im gleichen Ausmaß beteiligt gewesen wären, hätte man es mit dem Spin-Off auch lassen können und es als Staffel 8 produzieren können. Besonders das Wiedersehen mit Jerry war sehr emotional, denn er und Bosch hatten wahrlich eine komplexe Partnerschaft, aber wie tief die Banden sind, hat die eine gemeinsame Szene großartig gezeigt. Erst vor kurzem wurden auch diverse weitere Spin-Off-Ideen bekannt, bei denen Amazon Studios eine Serienbestellung abwägt. Darunter befindet sich auch ein Projekt zu Jerry Edgar. Sollten diese alle so gut werden wie "Bosch: Legacy", dann ist das Franchise in den besten Händen für eine glorreiche Zukunft.

Fazit

"Bosch: Legacy" verteilt die Verantwortung mehr auf drei gleichwertige Köpfe und das schadet dem Spin-Off von "Bosch" in keiner Weise. Denn die Stilistik bleibt Trumpf. Auf eine intelligente Art und Weise werden mehrere Handlungsbögen geschickt in zehn Episoden miteinander verknüpft und ergeben ein spannungsgeladenes Seherlebnis. Dazu bekommt Honey Chandler als Figur viel mehr Profil und Maddie Bosch beim weiteren Reifen zuzusehen, ist auch ein schöner Bonus. In diese Welt kehre ich gerne zurück.

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Lena Donth - myFanbase

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