Tocotronic

Tocotronic im Posthof, Linz

Am Mittwoch, dem 10. April, waren Tocotronic im Posthof in Linz zu Gast – manchmal irritierend gut gelaunt stellten sie die neuen Songs aus ihrem passend zum 20-jährigen Bandjubiläum erschienen Album "Wie wir leben wollen" vor: Songs über das Alter, die Sucht in jeglicher Form und über den Tod, "diese alte, blöde Sau".

Foto: Tocotronic, 2012 - Copyright: Michael Petersohn
Tocotronic, 2012
© Michael Petersohn

Nach "It’s A Musical", einem netten, aber etwas eintönigen Schlagzeug-Keyboard-/Männlein-Weiblein-Duo, legen die Hamburger natürlich gleich mit "Im Keller" los. Von Lowtzows Stimmung reicht von gönnerhaft über wohlwollend bis überschwänglich – seine Ansagen wirken manchmal übertrieben, sind aber zumindest sehr unterhaltsam. Wenn man bedenkt, dass sich die Setlists dieser Tour bis auf den letzten Ton gleichen, kann man davon ausgehen, dass er vor "Drüben auf dem Hügel" für jede beliebige Stadt eine Anspielung auf deren Landschaft oder Umgebung parat hat – auch das erfordert Kreativität.

Böse Zungen behaupten ja seit Jahren, dass man seinen Gesang gar nicht als solchen bezeichnen kann – und schlussfolgern nach Konzerten dann mit einem unglaublich lustigen "er kann ja doch singen". Fest steht jedenfalls, dass seine Stimme dadurch, dass sie extrem nach vorne gemischt wird, unglaublich präsent und im positiven Sinne dominant klingt. Aktuelle, sphärische Songs wie "Vulgäre Verse", "Abschaffen" und "Auf dem Pfad der Dämmerung" strahlen hierdurch letzten Endes etwas beinahe Erhabenes aus. Die dargebotenen Klassiker wie etwa "Freiburg" oder "Meine Freundin und ihr Freund" speisen ihre Energie ohnehin aus anderen Quellen: Nostalgie, Euphorie und begeistertem Mitsingen des Publikums.

Die Mischung passt letztlich hervorragend; wenn altes, uraltes und neues Material direkt aufeinanderprallt, erkennt man zudem noch, welche interessante Entwicklung die Band in den letzten 20 Jahren von ihren Parolen zu purer Poesie hingelegt hat – eine Zeitspanne, die erwartungsgemäß mit keinem Wort während des Abends erwähnt wird. Persönlich hätte ich mir etwas mehr Songs vom vorhergehenden Album "Schall & Wahn" gewünscht, aber bei so viel vorhandenem Material müssen wohl Abstriche gemacht werden – ein Grund mehr, warum es verwunderlich ist, dass die Band Abend für Abend offensichtlich exakt dieselben Songs spielt.

So hätten die Fans, die, nachdem Tocotronic für eine zweite Zugabe auf die Bühne zurückgekehrt waren, lautstark nach "Pure Vernunft" verlangten, sich dies eigentlich sparen können – "17" beendete ohnehin als unspektakulärste Nummer den ansonsten gelungenen Abend.

Setlist
Im Keller / Ich will für dich nüchtern bleiben / Drüben auf dem Hügel / Meine Freundin und ihr Freund / Vulgäre Verse / This Boy Is Tocotronic / Sag alles ab / Aber hier leben, nein danke / Warte auf mich auf dem Grund des Swimmingpools / Abschaffen / Alles wird in Flammen stehen / Auf dem Pfad der Dämmerung / Die Revolte ist in mir / Macht es nicht selbst / Jackpot / Hi Freaks / Warm und grau
Zugabe 1: Freiburg / Ich bin viel zu lange mit euch gegangen / Wie wir leben wollen
Zugabe 2: 17

Artistpage
Tocotronic.de

Stephanie Stummer - myFanbase
02.05.2013

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