Bewertung
Edguy

Tinnitus Sanctus - Edguy in Bamberg

Samstagabend in einem verschlafenen Städtchen im tiefsten Frankenland. Draußen hat es gefühlte Minus 10 Grad. Die langhaarige Meute draußen vor der Halle friert, doch beklagt wird sich nicht. Man harrt der Dinge die da kommen. Als gegen halb sieben endlich die Tore zur Jako-Arena geöffnet werden strömt die wartende Menge gesittet in die vorgewärmen Hallen und stärkt sich erst einmal mit Bier und Pizza für die kommenden Stunden.

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Zunächst vertreibt uns die schwedische Band "H.E.a.T" ein wenig die Langweile. Die Jungs geben sich Mühe und was zunächst wie solider 80er Jahre Rock im Stil von Bon Jovi und Pink Floyd klingt, wird am Ende richtig guter Alternativ-Rock. Die kritischen Metaller strömen nach der energiegeladenen Dreiviertel Stunde sogar nach draußen in die Vorhalle und lassen sich CDs und T-Shirts signieren. Die zweite Vorgruppe, die ebenfalls aus Schweden stammende Kombo "All ends" hat da etwas weniger Glück. Vor allem die beiden Möchtegern-Sängerinnen der Band stören und ernten manche Pfiffe und Buh-Rufe. Eigentlich schade, denn der Sound klingt wirklich gut.

Eine gute halbe Stunde später erlischt die Hallenbeleuchtung erneut. Endlich ist es soweit. Der Abend nähert sich seinem Höhepunkt. Der Spot fällt auf das Schlagzeug. Im Hintergrund thront über allem das Logo der neuen Edguy-Scheibe "Tinnitus Sanctus". Dann, die ersten Takte... Etwas verwirrt blickt sich die Menge um. Aus den Boxen dröhnt der Song "Banküberfall". EAV-Frontmann Klaus Eberhartinger erzählt uns vom Band von einem armen Kleinganoven, der erfolglos eine Bank auszuräumen versucht. Die Verwirrung ist groß, doch was solls, die Menge klatscht mit. Irgendwie wird das ganze schon stimmen.

Nach knapp drei Minuten ist immer noch nichts von der Band zu sehen. Die Menge wird langsam ungeduldig. Endlich betreten Felix Bohnke, Jens Ludwig, Dirk Sauer und Tobias Exxel die Bühne. Und dann geht es von 0 auf Metal in 0,5 Sekunden. Nachdem sich die Band mit den ersten Takten zu "Dead or Rock" warmgespielt hat, betritt auch Tobias Sammet die Bühne, schnappt sich das Mikro und los geht die Fahrt. Man merkt dem Frontmann jedoch schnell an, dass er noch immer mit seiner nicht ganz auskurierten Grippe kämpft. Die ansonsten glasklare Stimme schwächelt hier und da, aber was macht das schon. Hauptsache es rockt.

Nach zwei Songs der neuen Platte, stimmt Sammet schließlich "Tears of Mandrake" an und spätestens ab da ist die headbangende Menge nicht mehr zu halten. Es wird gegrölt und die (manchmal nicht vorhandene) Mähne geschüttelt, was das Zeug hält. So toll die neuen Songs auf "Tinnitus Sanctus" auch sein mögen, die alten Sachen stellt so leicht nichts in den Schatten und das scheint Sammet auch zu wissen, denn nach "Tears of Mandrake" folgen drei der erfogreichsten und bekanntesten Songs der fünf Jungs aus Fulda.

Mit "Babylon", "The Pharao" und dem genialen "Vain Glory Opera" trifft die Band genau den Geschmack der Fans, die so richtig abrocken. Ganz vorne hat sich sogar schon die erste, wenn auch noch recht kleine, Moshpit gebildet und erwachsene Männer schubsen sich gegenseitig wenige Zentimeter durch die Halle.

Zwischenzeitlich wendet sich Sammet ab und an ans Publikum, das jedoch irgendwie auf die geforderten Mitgröhlaktionen nicht so recht reagieren will. Ob es vielleicht daran liegt, dass Sammet vor einer halben Stunde die Franken tief ins Herz getroffen hat, als er sich über den 1. FC Nürnberg lustig gemacht hat? Oder sind die Franken einfach nur müde, was ja nicht sein dürfte, denn immerhin ist es Samstagabend zur besten Sendezeit und kaum jemand der Anwesenden muss am nächsten Morgen früh aufstehen. Wahrscheinlich war es doch der Kommentar über den Club.

Genug der Worte, das hat auch Sammet endlich verstanden und es geht erst mal weiter mit "Ministry of Saints", dem Titelstück des neuen Albums, das sich hinter den richtig großen Songs wie "Vain Glory Opera" nicht verstecken braucht. Dann verschwindet die Band erst mal von der Bühne und Felix Bohnke setzt an, uns mit einen zehnminütigen Drumsolo so richtig einzuheizen. Zunächst hämmert er zur Filmmusik von "Fluch der Karibik" auf sein Schlagzeug, geht jedoch schnell dazu über, mit dem Publikum zu spielen. Anders als bei Sammets Versuchen zuvor springt das Publikum direkt darauf an. Die Franken sind wach geworden. Wahnsinn was ein Drummer während eines Konzerts leisten muss.

Die zweite Hälfte wird von "Pride of Creation" eingeleutet, bevor Tobi schließlich verspricht, nun endlich etwas für die doch recht zahlreich vertrenenen Damen in der Halle zu singen. Die Band schaut ihren Frontmann etwas verwundert an und schließlich fällt dem Tobi auf, dass er irgendwie in der Setlist verrutscht ist und es eher mit einem richtigen Metalhammer weitergeht. Tobi beschwert sich, dass die Setlist zu klein gedruckt ist und entgegnet belustigt, dass dann eben gar nichts für die Mädels gespielt wird, was aber niemand so wirklich zu stören scheint. Beim anschließenden Kracher "The Headless Game" sind alle mit an Bord.

Dann doch, es folgt die einzige Ballade am Abend. Tobi fordert die Menge auf, Feuerzeuge und Handys zu zücken und schmachtet dann "Save Me", das nach einem nachdenklichen Anfang doch zum Ende hin wieder recht rockig klingt. Es geht doch nichts über ein paar Gitarrensoli. Mit "Superheroes" verabschiedet sich Edguy von den Zuschauern schließlich. Doch so schnell sind die Franken nicht bereit, die Band gehen zu lassen.

Nicht mal fünf Minuten später stehen die Jungs wieder auf der Bühne. Es folgt das noch recht unbekannte "Nine Lives", bevor der Spaßkracher "Lavatory Love Maschine" und "King of Fools" den Abend endgültig beenden. Die Band lässt sich noch schnell mit den Fans im Hintergrund fotografieren und Tobias Sammet, hörbar heißer und am Ende seiner Kräfte, verspricht, spätestens in zwei Jahren wieder zu kommen. Mal sehen, ob er sein Versprechen hält.

Setlist

Dead Or Rock / Speedhoven / Tears Of A Mandrake / Babylon / The Pharao / Vain Glory Opera / Ministry Of Saints / -Drumsolo- / Pride Of Creation / The Headless Game / Save Me / Superheroes / Nine Lives / Lavatory Love Machine / King Of Fools

Melanie Brandt - myFanbase
08.02.2009

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