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Dúné, Black Gold, Panic! At The Disco

Dúné, Black Gold & Panic! At The Disco - Live Music Hall, Köln

Seit Menschengedenken ist die "3" eine bedeutungsträchtige Zahl: Da wären die drei Heiligen Könige, die drei Grundfarben, die Dreifaltigkeit, König Triton und sein Dreizack – und Tick, Trick und Track sind schließlich auch zu dritt. Zum nunmehr dritten Mal steuerte ich mit dem Auto am späten Dienstag Nachmittag die Kölner Innenstadt an. Zum dritten Mal Panic! At The Disco sehen. Drei Bands erleben.

Guter Dinge und vergnügt, zu einem vergleichsweise – halbwegs – günstigen Kurs getankt zu haben, startete ich um siebzehn Uhr aus heimischen Gefilden in Richtung Rhein. Schnell hatte ich Kreuz Köln-Nord erreicht und der angedrohte 6km-Stau erwies sich bald als angenehm harmlos. Als gar nicht harmlos hingegen empfand ich bis dato immer die Stadt Köln, sobald man die Autobahn verlässt: (viel zu) viele Straßen, sich ständig selbst durchkreuzend, alle miteinander schmal, umsäumt von Autos. Und jene, die nicht parkend am Straßenrand verschnaufen, schieben sich und auch mich stürmisch von hinten hupend durch die Stadt – ohne jede Rücksicht auf mein Kennzeichen, das ganz offensichtlich nicht auf einen Fahrer aus der rheinischen Region schließen lässt.

Und so kam es, wie es kommen musste: Im Laufe der sage und schreibe dreiundzwanzig verfahrenen Kilometer, die einzig durch mein bis zur Perfektion ausgereiftes Herumirren in fremden Innenstädten auf den Zähler schlugen, stellte sich mit fortschreitender Stunde ein Plus an Irritation und ein stetig wachsendes Minus an Nervenstähle ein. Zum dritten Mal war ich eine halbe Stunde vor Einlass dermaßen frustriert, dass ich mir zum dritten Mal überlegte, einfach wieder umzukehren und nach Hause zu fahren. Jedenfalls definitiv mehr als drei Leute habe ich zu Rate ziehen müssen, um letzten Endes an einen großmütigen Taxifahrer zu geraten, der mir die frohe Kunde überbrachte, dass mich nur noch wenige Meter und zwei Linkskurven von meinem inneren Seelenfrieden trennten. Ich tat wie mir geheißen: Um zehn vor acht erreichte ich die Live Music Hall.

Wider Erwarten war das Auto rasch geparkt und erst einmal in der für eine Konzertveranstaltung recht innovativen Örtlichkeit zurechtgefunden, ging es auch schon los. Die Hütte war rappelvoll: Volles Haus heute Abend und das schon seit Wochen. Wie erwartet setzte sich das Auditorium zu großen Teilen aus unter 18, ja, inzwischen gar unter 16 Jahre alten Pandamädchen zusammen, deren Anwesenheit ich anfänglich jedoch nur schwer vermuten konnte, da sie längst die ersten Reihen vor den Wellenbrechern für sich in Anspruch nahmen und mühevoll gegen die weiß Gott nicht schlafende Konkurrenz verteidigten.

Meine Person war bemüht, durch das bewährte Durchwurschtelverfahren einige Reihen gutmachen und den Abstand zur Bühne verkürzen zu können, aber: Keine Chance. Die von Gott weiß wo angereisten Fans verstanden diesbezüglich keinen Spaß. Ich versuchte noch, mich an ein etwas rabiates Pärchen zu heften, dass sich fast gewaltsam durch die Menschenmenge gen Bühne schob, strahlte aber offenbar deren natürliche Autorität aus und blieb zurück. Ich sah mich plötzlich hinter einem enorm großen Mann und einer nicht weniger großen Frau, über deren Schulter ich auch beim besten Willen nicht zu schauen vermochte.

Dieses Pärchen sollte mich schon in naher Zukunft zur Weißglut treiben. Denn, was ich zu diesem Zeitpunkt noch nicht ahnen konnte: Dank ihnen würde ich gleich beide Vorbands von Panic! At The Disco, Dúné und Black Gold nämlich, nur durch den Sucher meiner Kamera in Augenschein nehmen können. Was wiederum den Vorteil hatte, dass ich mich voll und ganz auf die Musik konzentrieren konnte – und letztlich ja auch musste. Und was ich hörte, gefiel. Natürlich kannte ich weder die Setlist der jungen Dänen, noch überhaupt eines ihrer Lieder im Vorfeld. Aber das, was sich meinen Ohren darbot, bzw. durch das Gekreische bereits erwähnter Pandamädchen hindurch dringen konnte, hinterließ einen ordentlichen Eindruck: Die sechs Jungs und das Mädel wussten dem Publikum einzuheizen. Mühsam erkämpfte ich mir von Zeit zu Zeit ein paar lichte Momente, wobei ich hinter dem Giraffenpärchen nahezu ein Tänzchen hinlegen musste, um ihren Schultern auszuweichen. Der blonde Sänger Matthias Kolstrup fegte mit einer Selbstverständlichkeit über die Bühne, dass sich mir die Frage nach seinem Alter förmlich aufzwang. Wie ich später in Erfahrung brachte, zählt der Gute gerade mal neunzehn Lenze. Sowohl die sechs Jungs, als auch das Mädel Cecilie Dyrberg waren allesamt jünger als ich und spielten mit derartiger Leidenschaft, dass es dem Zuschauer eine Freude war. Ein paar Hundert Leute in der Live Music Hall hatten es mit einer Band zu tun, die mit großer Spielfreude und Frische durch ihre Show führte. Nach einer halben Stunde, die dank ihrer Kurzweiligkeit wie im Flug verging, war diese allerdings auch schon vorbei: Sänger Matthias und Band verließen unter tosendem Beifall und schrillem Jubel die Bühne. "Für 'ne Vorband ziemlich heiß.", nickte ein junger Mann anerkennend seinem Kumpel zu, welcher dessen Worte ebenfalls mit Kopfnicken bestätigte.

Wie ich später erfahren sollte, schlug sich die Euphorie der Fans nicht nur im Lautstärkepegel ihrer im Verlauf des Abends bis zur Schmerzgrenze gepeitschten Stimmbändern nieder: Als ich nach dem Konzert das Dúné-Album "We Are Out There, You Are In Here" käuflich erwerben wollte, musste mich der Mann am Verkaufsstand enttäuschen und verwies mit den Worten "That's the last one. It's mine, sorry." auf ein einziges Restexemplar in einem Pappkarton. Dafür wechselte die CD der zweiten Vorband am späten Abend den Besitzer. Die Jungs von Black Gold konnten nämlich beinahe nahtlos an die Power Dúnés anknüpfen. Kraftvoll, energetisch und mitreißend die Lieder, die von Sänger Eric Roneck fast ausnahmslos sitzend vorgetragen wurden – was das Ganze nur noch erstaunlicher machte. Besonders ihr neuer Song "Shine" entpuppte sich auf der Bühne als großer Sport und überzeugte und verleitete mich letztlich zum Albumkauf, welcher nach der Drei-Band-Show von Eric Roneck und Bassist Siggy Sjursen tunlichst gewürdigt wurde und mir jeweils eine Signatur sowie ein Foto mit den beiden einbrachte.

Als Black Gold ebenfalls unter Jubel, Trubel und Heiterkeit nach einer unterhaltsamen halben Stunde verabschiedet wurden, zogen sich die nächsten Minuten wie Kaugummi. Eine ganze Weile verstrich, und einige Mädels begannen darüber zu klagen, dass sie müde seien und die "ollen Vorbands" sich ihre Auftritte ebenso gut hätten sparen können, da sie ohnehin nur für Brendon Urie, seines Zeichens Frontmann von Panic! At The Disco, Songwriter Ryan Ross und Co. in die Live Music Hall gepilgert seien. Ihre Meinung Dúné und Black Gold betreffend teilte ich nicht, dennoch zeigten die Zeiger inzwischen eine Zeit an, zu der auch ich das Erscheinen der Jungs durchaus begrüßt hätte.

Um zehn Uhr endlich gaben sie sich die Ehre und ihre begrüßenden Worte gingen nun vollends im Getöse unter. Nach einem kurzen Intro leitete die erste Single des neuen Albums "Pretty. Odd.", "Nine In The Afternoon", Panic!s Performance ein. Textsicher wie eh und je präsentierte sich das Publikum und sang jede Zeile mit. Optimistisch wohnte ich diesem kleinen Spektakel bei, welches direkt zu den panischen Klassikern führten sollte. Das Debüt der Band "A Fever You Can't Sweat Out" entwickelte sich in einschlägigen Kreisen innerhalb kürzester Zeit zur Kultscheibe. Sich dessen durchaus bewusst schienen sich die Bandmitglieder zu sein, während sie die größten Publikumslieblinge sicher und routiniert, wenn auch leider wenig originell zum – na ja – Besten gaben. Wenig verwunderlich erschien diese Tatsache, wenn man einen Blick auf ihren Terminkalender warf: Ein Termin jagt den nächsten, oftmals mit nur vierundzwanzig Stunden Luft, in immer anderen Städten immer anderer Länder. Wie ihre Show-Termine jagte an diesem Dienstagabend auch ein Panic!-Hit den anderen, mein Liebling "Camisado" kam für mich überraschend früh. Zwischen "Time To Dance", "The Only Difference Between Martyrdom And Suicide Is Press Coverage" und "London Beckoned Songs About Money Written By Machines" ließen Brendon Urie und Compagnions immer wieder Lieder des neuen Albums einfließen, welche die Band selbst als reifer und ausgefeilter, insgesamt erwachsener erachtet als die ihres Erstlings. "Lying Is The Most Fun A Girl Can Have Without Taking Her Clothes Off" bildete einen der Höhepunkte des Abends. Jener endete allerdings wesentlich früher als die meisten erwartet hätten, denn Panic! At The Discos Show dauerte lediglich knappe sechzig Minuten. Die dadurch beinahe schon zur Pflicht gewordene Zugabe bestand aus "I Write Sins Not Tragedies", welches die Fans ein letztes Mal zum Kochen brachte, und dem neuen Song "Mad As Rabbits".

Die Hoffnung der Fans, Brendon ein zweites Mal durch enthusiastisches Klatschen und Herbeirufen hinter dem Vorhang hervorlocken zu können, wurde enttäuscht. Als wenige Momente später das Licht anging, hatten auch die hartnäckigsten Optimisten begriffen und strömten wahlweise zur Garderobe, zu den Toiletten, meistenteils jedoch zum Verkaufsstand. Dort entfachte ein zuweilen bitterer Konkurrenzkampf um das Shirt in der richtigen Größe. Während ich nach meinem Einkauf und dem privaten Mini-Photoshooting mit Black Gold noch ein wenig Zeit in der Halle verplemperte, beobachtete ich das muntere Treiben und schmunzelte über die unumstößliche Willenskraft derer Mädchen, die sich fest vornahmen, nicht ohne ein Foto mit Brendon oder Ryan Ross nach Hause zu fahren. Und während ich gegen halb zwölf in aller Seelenruhe meine Heimreise antrat, fragte ich mich auf den hundertdreißig Kilometern, ob die Veranstalter ihre Pappenheimer inzwischen so gut kannten, dass sie warme Decken, Apfelsafte und belegte Brötchen für jene Pandamädchen im Petto hatten, die den Begriff der Beharrlichkeit mit jedem weiteren Panic! At The Disco-Konzert revolutionierten.

Aljana Pellny - myFanbase
08.03.2008

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