Up Escalator, The

Life Is Sound (EP)

Im September 2005 wollten fünf Jungs aus Berlin ihren Namen zum Programm werden lassen. Mit dem zehn Songs umfassenden "Trying On The World For Measure" wollten die Großstädter von sich reden und sich einen Namen machen. Es folgte eine EP. Ihre persönliche Rolltreppe sollte sie nicht nur aufwärts, sondern nach ganz oben, in die Charts, befördern. Was bislang noch nicht gelingen wollte, soll die 5-Track-EP "Life Is Sound" nun richten.

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In einer intakten Beziehung herrscht Gleichberechtigung. Andernfalls unterwirft sich eine Partei der anderen. Und hat verloren: Das Recht auf freie Meinungsäußerung wird untergraben, die Bettdecke lässt sich auch so schnell nicht wieder blicken und –wenn es ganz schlecht läuft– ist man die längste Zeit Herrscher über die gemeinsame Abendplanung, sprich: im Besitz der Fernbedienung, gewesen. Dann dauert es nicht mehr lang, bis der schwächere Part unter Androhung schlimmster Strafen –wahlweise– zu Britt oder Olli Geißen geschleift und –wahlweise– einem Vaterschafts- oder Lügendetektortest – unterzogen wird oder auch beidem.

Herr Rock und Frau Pop machen das anders. Bestes Beispiel: "Life Is Sound" von The Up Escalator. Es gilt: Arbeitsteilung. Denn hier mischen beide zu beinahe gleichen Teilen mit. Finger an die Saiten und an die Regler, die von Sänger John Tammena ans Mikrophon. Da tippt der Fuß, da nickt der Kopf. Und irgendwann zappelt der Rest von ganz alleine mit. Vom Glam- und Waverock beeinflusst, führt das Quintett aus Berlin all diejenigen an der Nase herum, die die Wurzeln der Band in England vermuten. Wer den Escalator-Sound zwingend in eine Schublade verfrachtet wissen möchte, dem sei gesagt: Die mit dem vergilbten Gefrierbeutel-Etikett mit den abgeknibbelten Ecken und der Ohne-Schwung-Aber-Mit-Attitude-Aufschrift in Blockbuchstaben "Britpop (und alles von der Insel)" wäre nicht die schlechteste Wahl. Schade nur, würde man es bei einer simplen Schubladen-Zuweisung belassen. The Up Escalator nämlich sind und können mehr.

Mit fünf Tracks voll Putativ-Euphorie und Texten für den aufmerksamen, zweiten Blick hauen die fünf Berliner nun mit der Faust auf den Tisch, auf dem es doch bitte sehr zu tanzen gilt. Bewusst für's EP-Format hat sich das Quintett entschieden, das sich von der Qualität ihrer Klangwerke voll und ganz überzeugt zeigt: Diese sollten an den Mann – so schnell es geht. Keine Zeit, nach vermeintlich besseren Versionen zu forschen. Keine Lust, weitere zehn Songs zu sammeln, die womöglich zweite Wahl gewesen wären und lediglich als Füll-Material für einen zweiten Longplayer hätten herhalten müssen. Neben den vier von John Tammena verfassten Liedern, entschied man sich für ein Cover von "No One Wants To Be An Alien" der Wipers, das im Remake auch gleichzeitig ein Highlight der EP ausmacht. Die Temponadel bekommt durch die neue Version aus der Hauptstadt deutlich mehr Bewegung und auch eine andere Tonart. John Tammena begründet die Song-Auswahl folgendermaßen: "Uns gefiel es, als ‚englisch' beeinflusste Band eine Nummer aus Amerika zu spielen. […] Und textlich passte der von Entfremdung handelnde Text von Greg Sage bestens zum Konzept der EP." Was ganz klar wird: Auf ihr steht man mit sich selbst auf Kriegsfuß. "Looking from the inside you feel. Nothing on the outside is real.", heißt es da. Weiter im Text: "No one ever wants you around. No one wants an alien. Never ever thought you could feel/ ‘cause everything around you stands still." Letzten Endes ist dennoch noch nicht aller Tage Abend: "The vision keeps coming at you still/ ‘cause something deep inside you is real." Wenn auch die anderen dich nicht akzeptieren, Du tust es. So verkehrt bist Du schließlich auch wieder nicht. Dann die alles entscheidende Frage: "But will they ever know?"

Die Antwort: Vermutlich nicht. Die meisten Menschen sehen ja doch nur, was sie sehen wollen. Und in diesem Falle sind es eben jene, ein paar Millionen an der Zahl, die sich bei –wahlweise– bei Olli oder Britt gespaltene Persönlichkeiten ansehen. Oder auch kaputte Beziehungen, in denen die Sache mit der Gleichberechtigung nicht so gut funktionierte wie hier.

Anspieltipps

Still Life

No One Wants An Alien

Tracks

1.Yes
2.Idiot Insurgency
3.Run Till I Fly
4.Still Life
5.No One Wants An Alien

Aljana Pellny - myFanbase
17.07.2006

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