Welcome Home

Es ist ja irgendwie immer das Gleiche. Eine Gruppe von unter 18jährigen gutaussehenden und schematisch ausgewählter junger Herren werden zu einer Boygroup geformt und auf die Öffentlichkeit losgelassen. Nicht selten folgt dem Ganzen eine große Welle Erfolg. Bei den Backstreet Boys hat das überaus gut geklappt. Ganze Orkane des Erfolgs traten da aus dem Nichts auf. Und dann ist es auch immer wieder das Gleiche. Man schwebt auf Wolke 7, von Erfolg gekrönt, und irgendwann mag das alles nicht mehr so ganz passen. Das heißt genauer gesagt: Ein Reifeprozess muss her, schnell und unkompliziert. Oder auch gleich die Trennung. Diesen Reifeprozess haben die Backstreet Boys auch ganz gut gemeistert, bis eben zur Trennung, die nie eine Trennung war, und letztendlich auch zur Wiedervereinigung, die es nie gegeben hat, alles nur Pause, eh klar. Und was macht man in dieser Zeit zwischen imaginärer Trennung und Wiedervereinigung? Richtig, man schnuppert. Schnuppert in eine Solokarriere, will den eigenen und persönlichen Reifeprozess voranbringen. Sein eigenes Ding. Ganz losgelöst.

Das hat beim Nick Carter halbwegs schlecht geklappt und der Brian, der ließ sich erst mal schön viel Zeit. Kann er ja auch, finanzielle Nöte werden da wohl nicht so schnell auftreten und das Familie plus Kind absoluten vorrang hat, ist auch völlig richtig. Aber nun gut. Kurz nach dieser Wiedervereinigung und allem Taramtamtam mit Album, Tour und was weiß ich, folgt nun eben das Solodebüt des Brian Littrell. Ganz einfach und verständlich bisher, oder? Dann widmen wir uns nun voll und ganz dem vorliegenden Scheibchen Musik und lassen Boygroup und so mal außen vor. Wo steckt nun aber der Clou an dem Solo-Debüt? Ich kann hier sogar sagen, es gibt einen! Denn Brian zeigt hier ganz klar seine religiöse Seite. Geht auf sich selbst und seinen Glauben ein. Bestärkt ihn. Fördert ihn.

Wenn man aber vorerst mal auf die produzierende Mannschaft blickt, kann einem nicht sehr wohl werden bei der Angelegenheit. Denn Namen wie Billy Mann und Dan Muckala stehen zwar für Erfolg, jedoch nicht unbedingt für großartige Musik. Und eins sei vorab gesagt, ändern wird sich das hier nicht. Bestätigen aber auch nicht. "Welcome Home" ist, um es ganz direkt auf den Punkt zu bringen, ein Mittelding. Steht zwischen erstklassigem Pop und dem hiesigen Einheitsbrei. Vor allem die gospeligen Titel reißen einiges und entschädigen manch anderen Song. Nehmen wir zum Beispiel das gelungene "Angel and Heroes" und setzen dem das "ich-möchte-mal-gern-aber-es-gelingt-mir-nicht-so-richtig" "I´m Alive" gegenüber. Wer da die Füße bei wem unterm Tisch hat, dürfte schon beim ersten hören feststehen. Aus einer Konserve scheinen "My Answer is You" und "Welcome Home (You)" zu stammen, die sich spätestens im zweiten Durchlauf ausgespielt haben.

Hingegen gibt es aber auch wahrhafte Lichtblicke. Die A-Capella-Nummer "Jesus Loves You" macht sich sehr gut. Ebenso "We Lift You Up", der sich in seinem Live-Klang und dem Gospelchor als was ganz besonderes entwickelt. Wirklich richtig gut. Aber es ist ja immer wieder das Gleiche. Da hat man solche Hoffnungsträger und am Ende wird das ganze eben nur noch ausgeschmückt, man könnte fast auf die Idee kommen sich zu ärgern. Aber mutig ist es. Mutig, sich als junger Bursche bekannt gewordener Boygroup-Star (ich weiß, ich weiß, die Boygroup...) einfach mal was zu machen, was eben auch mal in andere Richtungen schlägt, wenn auch nur textlich. Nett, lieblich aber auch langweilig und ermüdend. Ein wahrhaftiges Mittelding.

Anspieltipps:

We Lift You Up

Jesus Loves You

Angel and Heroes

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