Bewertung
Aiden

Our Gang’s Dark Oath

Aiden machen es einem nicht leicht. Genauer gesagt, es ist eigentlich nicht leicht, diese Scheibe zu mögen. Zu sehr befindet man sich hier im Fahrwasser von Bands wie Atreyu oder My Chemical Romance. Sowohl musikalisch, als auch die restlichen Klischees betreffend... und bedienend. Dackelwelpenblick meets Metal meets Hardcore. Screamo! Emocore! Mal wieder.

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Dazu noch kräftig den Kajal-Stift durchs Gesicht gezogen. Und trotzdem. Genau so schwer ist es, Aiden nicht zu mögen. Zu kraftvoll sind dafür die Songs. Zu schön die Melodien. Und während man dem eigentlich aktuellen Album "Nightmare Anatomy" nachsagen kann, es sei zu glatt und nett, geht es auf diesem Re-Release ihres Debüts noch deutlich rauer und kantiger zu. Das weiß zu gefallen, und deswegen lohnt sich zumindest der Blick in die Wundertüte voller Härte, Speed und Emotionen mit dem Titel "Our Gang’s Dark Oath".

Seien wir mal ehrlich. Bands, die den typischen Wechsel zwischen kreischender Härte, schnellen Gitarren und ruhigen Gitarrenparts beherrschen, gibt es zur Zeit wie Sand am Meer. Was braucht eine Band also, um sich daraus hervor zu tun? Schöne Melodien? Eine interessante Stimme? Oder einfach das gewisse Etwas? Schwer zu sagen, aber irgendwo zwischen diesen Attributen macht Aiden es sich gemütlich und hofft so, nicht in der Schwemme unter zu gehen. Nachdem Victory Records also bereits das letzte Album erfolgreich auf dem Markt platzieren konnte, versucht man nun also, dass damals unter Eigenregie der Band vertriebene Debüt an den Mann zu bringen. Und warum auch nicht, Geld verdienen zu wollen ist ja kein Verbrechen, und selbst das wurde von einigen Labeln schon mit deutlich schlechterem Material betrieben.

Aber jetzt erst mal von Beginn an! Der erste Song "The Dawn Breaking Tide" bedient sich etwas mehr in der Punk- als in der Metalecke. Wobei das wieder ganz schnell mit einer Menge Pathos ausgeglichen wird. Solider, aber kein spannender Einstieg. Im darauf folgenden "I Set My Friends On Fire" wird es rauer. Die Gitarre klingt mehr nach Metal, und die Scream-Parts sind größer. Und doch hat der Song auch ruhige Momente, vor allem die Bridge hält mit dem cleanen Gesangs-Part als genialer Kontrastpunkt dagegen. So funktioniert die Musik von Aiden. Sie funktioniert hier sogar richtig gut. Danach schwingt dafür "Pledge Resistance" jetzt richtig mir der Hardcore-Keule, gesungen wird dabei wenig. Als kurzes Zwischenspiel fügt es sich hier aber gut ein, bevor in "Bridge of Reason, Shore of Faith" nun die Bremse etwas angezogen wird und wieder mehr gesungen wird. Aber da das trotz schön-großer Melodien weiterhin kratzig und rau bleibt, ist der Schnitt nicht zu groß.

"Life I Left Behind" hätte wohl einer der stärksten Songs auf "Our Gang’s Dark Oath” werden können, denn die Steigerung, die hier in gerade mal 3 Minuten aufgebaut wird, hat schon etwas Großartiges an sich. Hier wird alles vereint, was Emocore ausmacht. Jedoch ist die Beschränkung auf 3 Minuten genau das, was stört. Etwas langsamer, etwas mehr Dramatik, einfach etwas mehr (zeitlicher) Raum, und es wäre kaum zu toppen. So geht der Wechsel vom ruhigen Beginn ins harte Finale einfach zu schnell vonstatten.

Danach passiert nicht mehr viel, das extra erwähnt werden müsste. Die nächsten drei Songs reihen sich einfach ins restliche Gerüst ein. Standart-Kost, die locker ins Ohr geht, aber auch nirgendwo hängen bleibt. Nicht wirklich schlecht, aber auch nicht sonderlich beeindruckend. Erst "Cold December" weckt wieder Interesse, denn hier wird die "Steigerungsmethode" von ganz ruhig bis zur Härte hin konsequent und interessant gestaltet. Der Schönste Song des Albums. Mit Abstand!

"World By Storm" ist noch mal der schnelle Rausschmeisser, bevor es auch schon wieder mit dem Spuk vorbei ist. Oder doch nicht? Einige Minuten später tummelt sich noch ein kleiner Bonus-Track auf dem Album. Beginnend mit einer schönen, ruhigen Kalvier-Melodie, gipfelt eben diese in einem effektvollen Finale, wobei es allerdings durchgehend sehr beschaulich bleibt. Aber man fragt sich hier schon, warum Aiden die schönen und eher experimentellen Seiten ihrer Musik so verstecken müssen. Vielleicht traut man sich ja in Zukunft etwas mehr davon zu. Genauso wie das nach 3 weiteren Minuten beginnende, jetzt auch wirklich letzte Bonusstück. Ein rein akustisches Stück, schön gesungen und ergreifend. In Zukunft ruhig mehr davon, denn damit kann man sich vielleicht doch von der ständigen Schwemme des Screamo’s absetzen, ohne gleichzeitig in der Belanglosigkeit standardisierten Pop-Rocks verloren zu gehen. Nur Mut, bitte!

Was bleibt, ist also ein eigentlich durchaus gutes Album. Wer den Nachfolger mochte oder Bands wie My Chemical Romance etwas abgewinnen kann, wird hier bestens unterhalten. Einzigst fehlt dem Ganzen eben etwas die Eigenständigkeit, einfach das, was Aiden zu etwas Besonderem machen würde. Fast alles hat man so oder so ähnlich irgendwo schon mal gehört. Aber die Band um Wil Francis ist noch jung, und das er eine interessante und spannende Stimme hat, steht außer Frage. Vielleicht schaffen sie es ja eines Tages, selbst den Windschatten für andere zu bieten.

Tracks

1.Our Gang’s Dark Oath
2.The Dawn Breaking Tide
3.I Set My Friends On Fire
4.Pledge Resistance
5.Bridge Of Reason, Shore Of Faith
6.Life I Left Behind
7.Looking Glass Eyes
8.Fifteen
9.Kid Becomes The Dream
10.Cold December
11.World By Storm

Martin - myFanbase
26.05.2006

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