Bewertung
Kraftklub

Keine Nacht für Niemand

Die fünf Chemnitzer sind zurück mit einer Platte, die sehr nach Kraftklub klingt. Vielleicht zu sehr?

Foto: Kraftklub - "Keine Nacht für Niemand" - Copyright: Vertigo Berlin
Kraftklub - "Keine Nacht für Niemand"
© Vertigo Berlin

Mit der ersten Singleauskopplung "Dein Lied" sorgten sie auch so gleich für Kritik. "Du Hure", immer wieder, wird da gesungen. Kraftklub selbst schoben es auf ihr Image, das man ihnen die Wortnutzung verübelte, doch eigentlich sollte inzwischen klar sein, dass man frauenfeindliches Wortgut einfach aus seinem Vokabular streichen sollte, egal, wer man ist. Sicher mag es bei einer Lily Allen empowernder Natur sein, doch immerhin geht es in "Dein Lied" um eine Ex-Freundin, Wut hin oder her.

Die zweite Single, "Fenster", klingt wie ein politisches Cover des ein oder anderen älteren Kraftklubsongs und hier ist auch schon das Problem von "Keine Nacht für Niemand" – die meisten Songs klingen einfach allzu bekannt. Das macht der Wortwitz oder die Botschaft gelegentlich noch wett, ist aber die meiste Zeit über ein irritierendes Déjà-vu. Ähnliche Gesangslinien, ähnliche Einfälle an der Gitarre, außer bei "Leben ruinieren" und dem einfallsreichen "Venus".

So lautet "die Fragen aller Fragen – kommt das Album dieses Jahr?", siehe Auftaktsong des Debüts "Mit K", "Eure Mädchen". In derselben Tonalität geht es ohnehin weiter, so wie einst bei "Lieblingsband (Oh Yeah)", kokettierend mit den unzähligen Fangirls und einer natürlich nicht eigenen Spiritualität.

Apropos Fangirls – aus dieser Sicht, wenn auch möglicherweise aus der eines einfach Verliebten – handelt "Fan von dir" ("Stundenlange Autofahrten über die A2"). Sowohl "Fan von dir" als auch "Am Ende" greifen in dieselbe Trickkiste: zunächst Felix‘ Stimme, unterlegt mit sphärischer Gitarre, die bei "Am Ende" bedrohlich auf den Punkt sein wird, sobald der Beat losgeht.

Doch nicht nur an sich selbst liefern Kraftklub eine Reminiszenz – wie schon zuvor an Die Ärzte, in diesem Fall mit "Sklave" und einer Würdigung des damals umstrittenen "Bitte, bitte" der Berliner Punkband. Farin Urlaub höchst selbst singt zudem den finalen Refrain bei "Fenster".

"Chemie Chemie Ya" wurde scheinbar das Cover gewidmet: Augen, die mit Streichhölzern hochgehalten werden. Und die Feier geht, trotz "Hausverbot (Chrom & Schwarz)", weiter für Kraftklub …

Fazit

Selbst ein Album, das nach Kraftklubrecycling klingt, ist noch sehr hörenswert. So wird immerhin kein schlimmes Experiment übers Bein gebrochen. Und AC/DC machen ebenso seit Jahrzehnten dieselbe Musik – ihnen ist nur ein Weg eingefallen, dass es nicht so offensichtlich klingt. Warten wir auf Album #4. Kommt das nächstes Jahr?

Anspieltipps

Leben ruinieren

Venus

Artistpage

Kraftklub.to

Tracks

1.Band mit dem K
2.Leben ruinieren
3.Chemie Chemie Ya
4.Am Ende
5.Fenster
6.Fan von dir
7.Hausverbot (Chrom & Schwarz)
8.Dein Lied
9.Sklave
10.Venus
11.Hallo Nacht
12.Liebe zu Dritt

Simone Bauer - myFanbase
12.07.2017

Diskussion zu dieser CD