Bewertung
Waxahatchee

Ivy Tripp

Auf ihrem dritten Album gelingt der 26-jährigen Amerikanerin Katie Crutchfield alias Waxahatchee äußerst gekonnt der Spagat zwischen unabhängiger Do-It-Yourself-Lo-Fi-Künstlerin und angehender Rockröhre – mit einer Dringlichkeit in der Stimme, die zuweilen Alanis Morissette ähnelt, und einer schonungslosen Herangehensweise an die Musik, die an PJ Harvey in ihren rebellischen Zeiten erinnert.

Foto: Waxahatchee - "Ivy Tripp" - Copyright: Wichita Recordings
Waxahatchee - "Ivy Tripp"
© Wichita Recordings

Wäre dies ein Debütalbum, müsste man sich fragen, ob man es bei dieser Mischung vielleicht bloß mit einen Glücksgriff zu tun hat, der beim nächsten Mal gar nicht mehr zu toppen ist. So aber ist "Ivy Tripp" ganz das natürliche Resultat der stetigen Entwicklung Crutchfields als Songwriterin und Beobachterin ihrer Umgebung, bei dem sie erstmals auch über den Tellerrand schaut und sich nicht nur auf eigene Erlebnisse bezieht. "Ivy Tripp" wechselt souverän von typischem 90er-Indierock ("Under a Rock", "The Dirt", "‹") zu charmanten Lo-Fi-Ohrwürmern ("La Loose") und aufregend in Szene gesetzten Alternative-Hymnen ("Air", "Bonfire").

So mühelos und selbstbewusst die einzelnen Songs auftreten, so stur und verkorkst sind sie gleichzeitig: Refrains gibt es nicht oder nur ansatzweise, was den Stücken automatisch etwas Skizzenhaftes und Eigenwilliges verleiht. Manches scheint sich eher wie ein Intro aufzubauen, begnügt sich aber auch schon mit diesem Spannungsaufbau, ohne die Idee zu Ende zu denken ("Breathless"). Manchmal ist der Ansatz einer Idee schon fein genug und bleibt mehr Schnipsel als Song, weil jegliches Tüfteln die Idee vielleicht zerstören würde ("Summer of Love").

Diese Eigensinnigkeit, diese unverkopfte Annäherung an das Ausprobieren der eigenen Möglichkeiten macht "Ivy Tripp" letztendlich so charmant, abwechslungsreich und kurzweilig. Crutchfield ahnt genau, welche Akkorde sie anschlagen muss, damit sich beim Hörer ein Gefühl des Vertrauten und Altbekannten einstellt. Sie weiß, wie sie mit wenigen, aber sehr wirkungsvollen Effekten auch genau das Gegenteil erreicht: Eine stoisch vor sich hingrummelnde Gitarre genügt zu Beginn von "Air", um dem gesamten Song eine düstere, verunsichernde Atmosphäre zu verleihen. Würde sie es darauf anlegen, könnte sie womöglich auch das nächste Fräuleinwunder des Rock werden – aber das wäre wohl das Letzte, was ihr in den Sinn käme.

Fazit

Ohne sich groß einen Kopf zu machen veröffentlicht Katie Crutchfield ein für ihr Alter unglaublich intensives, reifes Album, das zugleich schlicht und stark, fragil und eiskalt ist – und das auf seinen Status als kleines Album, das sich einem erst nach und nach erschließt, durchaus stolz ist; gemäß Katies eigenen Worten: "I don't want to discuss what it means".

Anspieltipps

Under a Rock

La Loose

Air

Summer of Love

Artistpage

WaxahatcheeMusic.com

Tracks

1.Breathless
2.Under a Rock
3.Poison
4.La Loose
5.Stale by Noon
6.The Dirt
7.Blue
8.Air
9.
10.Grey Hair
11.Summer of Love
12.Half Moon
13.Bonfire

Stephanie Stummer - myFanbase
29.06.2015

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