Bewertung
Whitney Houston

Whitney Houston Live: Her Greatest Performances

Es war nur eine Frage der Zeit. Zu ihren Lebzeiten nahm Whitney Houston nie ein Live-Album auf. Zwei Konzerte wurden auf VHS veröffentlicht und auf der Bonus-DVD der 2000er "Greatest Hits" gab es eine Handvoll Performances zu sehen. Aber auf CD gebrannt gab es bisher weder eins ihrer über 700 Konzerte, Show- und TV-Gigs noch eine Sammlung an Auftritten. Somit war es zu erwarten und auch logisch, dass einige Jahre nach ihrem Tod eine Live-CD veröffentlicht wird. Chronologisch sortiert kann man nun 16 live gesungenen Titeln lauschen und ebenso auf der beigefügten DVD zusehen.

Foto: Whitney Houston - "Whitney Houston Live: Her Greatest Performances" - Copyright:  Arista UK
Whitney Houston - "Whitney Houston Live: Her Greatest Performances"
© Arista UK

Die Zusammenstellung beginnt nicht mit Whitneys erster Single "You Give Good Love", sondern mit ihrem ersten Fernsehauftritt zwei Jahre zuvor. Wenn auch die Aufnahmequalität nicht die beste ist, so zeigt die damals 19-Jährige mit ihrer Interpretation von "Home" aus dem Broadway-Musical "The Wiz" doch ihr enormes Gesangstalent. Auf DVD ist dem starken Auftritt ein kurzes Interview mit Whitneys Entdecker und Plattenboss Clive Davis vorangestellt, in dem er genau das sagt, was man danach jahrelang über die Sängerin an Lobeshymnen hörte und was diese posthum Veröffentlichungen rechtfertigt. Spannend ist, ihre 11 und 15 Jahre später gesungenen Versionen der Nummer zu googlen und zu hören, wie ihre Stimme mit der Zeit reifer und etwas rauer wurde.

Wie sehr Whitney Elizabeth Houston für die Bühne gemacht war, zeigt ihr Auftritt von den American Music Awards 1994, von denen sie acht Trophäen mit nach Hause nahm – mehr pro Jahr erhielt zuvor und seitdem niemand. Beginnend mit "I Loves You, Porgy" aus einer Gershwin-Oper geht das Medley in "And I Am Telling You I'm Not Going" aus "Dreamgirls" über – ein Musical, aus dem sie immer wieder Stücke in ihre Konzerte aufnahm. Während sie anfangs mit der Band verspielt jazzt, holt sie im Mittelteil alle Kraft zusammen, um dann im "I Have Nothing"-Finale ungezügelt alle Emotionen rauszulassen und ebenso auszulösen.

Ähnliche Gänsehaut serviert ihr umwerfendes "One Moment in Time", mit dem 89 die Grammy Awards eröffnet wurden. Noch legendärer dürfte ihre Variante der US-Nationalhymne vom 25. Super Bowl sein, die so positive Reaktionen hervorrief, dass sie als Single veröffentlicht wurde und mehrfach die Top20 enterte. Da mittlerweile bekannt ist, dass beim Super Bowl vor Hundertmillionen von Zuschauern nicht live gesungen wird, verwundert die Einbeziehung des "Star Spangled Banner" etwas.

Während "How Will I Know", "I'm Your Baby Tonight" und (bis auf Wyclef Jeans Gastauftritt) "My Love Is Your Love" relativ nah an den bekannten Studiotakes sind, erfreut "You Give Good Love" mit einem süßen Outro und "I Wanna Dance with Somebody" mit geändertem Tempo und souligen Backgroundsängern. An "Greatest Love of All" gefällt besonders Whitneys Phrasieren und Variieren – ebenso an "All The Man That I Need", das hier aus der Aufführung beim HBO-Special von 1991 zu hören und sehen ist. HBO decodierte damals für die Übertragung sein Signal, sodass mehr Zuschauer Whitneys Konzert für die heimgekehrten Truppen aus dem Golfkrieg sehen konnten. Wenn man in den jazzigen letzten zwei Minuten die Sängerin im ehrlichen, herzlichen Kontakt mit dem Publikum sieht, versteht man, warum nicht die stimmlich noch stärkere Performance von den 91er Billboard Awards verwendet wurde.

Ebenso eine Herzensangelegenheit des Superstars waren die Benefizkonzerte im vereinten Südafrika zur Feier des Endes der Apartheid. Auch hier lohnt sich die DVD, wenn die Diva "I Will Always Love You" aufgrund des Zuschauerjubels fast nicht zu Ende bekommt, mehrfach ansetzen muss, dabei selbst überwältigt ist und sich immer wieder bedankt. Wenn ihr bei der Zugabe "I'm Every Woman" teilweise die Puste fehlt und sie an schwierigen Liedstellen Kompromisse eingeht, dann kann man dies mit dem Wissen, dass gerade eine über ein Jahr laufende Welttournee zu Ende geht, verzeihen.

Im neuen Jahrtausend lagen dann, wie man heute weiß, andere Grunde für ihre Stimmprobleme vor. Nicht verwundern tut, dass es aus dieser Zeit nur zwei Auftritte auf die Zusammenstellung geschafft haben. Sowohl in "I Believe in You and Me" als auch in "I Didn't Know My Own Strength" klingt Mrs. Houston nicht schlecht, allerdings auch nicht so großartig wie früher. In beiden Titeln rettet sie sich in gospeliges Phrasieren – etwas, das sie schon immer tat, wenn sie ihre Grenzen verstecken wollte. Präsens und Gefühl verlor sie aber nie – so weiß sie mit ihren Einfügungen am Ende des damaligen Comebacksongs zu bewegen: "I didn't know my own strength / My mama said I was not built to break / Dionne said I was not built to break / Clive said: Come on back and sing, you're not built to break / Your love said I was not built to break. " Vom bitteren Beigeschmack sind Whitneys Lieder nicht mehr zu trennen. Und dennoch kann man sich über solch tolle Performances wie "A Song for You", das sie auf der Höhe ihrer über 30-jährigen Karriere mit so viel mehr Kraft, Dynamik und Kontrolle sang als in der 18 Jahre später eingesungenen Danceversion, sehr freuen.

Fazit

Es steht außer Frage: Whitney Houston gehörte zu den größten Stimmen seit Musik aufgenommen wurde. Auf CD und DVD einige ihrer vielen großartigen Live-Auftritte den Hörern zugänglich zu machen, ist überaus begrüßenswert. Gleichzeitig ist auch klar, dass es viele andere ebenso große Performances gab, die nicht bedacht werden konnten. Falls es mal eine Fortsetzung geben sollte, dann ist zu weniger TV- und mehr Konzertmitschnitten zu raten. Denn Whitneys spontane Interaktion mit dem Publikum zu sehen erinnert daran, dass nicht nur ihre Stimme zu ihren einmaligen Fähigkeiten gehörte.

Anspieltipps

Home

One Moment in Time

I Wanna Dance with Somebody (Who Loves Me)

A Song for You

I Will Always Love You

Artistpage

WhitneyHouston.com

Tracks

CD 1CD
1.Home (The Merv Griffin Show, 1983)
2.You Give Good Love (The Tonight Show Starring Johnny Carson, 1985)
3.How Will I Know (The Brit Awards, 1987)
4.One Moment in Time (The 31st Annual Grammy Awards, 1989)
5.Greatest Love of All (Arista Records 15th Anniversary Concert, 1990)
6.I Wanna Dance with Somebody (Who Loves Me) (Arista Records 15th Anniversary Concert, 1990)
7.The Star Spangled Banner (Super Bowl XXV, 1991)
8.All The Man That I Need (Welcome Home Heroes, 1991)
9.I'm Your Baby Tonight (Welcome Home Heroes, 1991)
10.A Song for You (Welcome Home Heroes, 1991)
11.Medley: I Loves You, Porgy / And I Am Telling You I'm Not Going / I Have Nothing (The 21st Annual American Music Awards, 1994)
12.I'm Every Woman (The Concert for a New South Africa, 1994)
13.I Will Always Love You (The Concert for a New South Africa, 1994)
14.My Love Is Your Love (Late Show with David Letterman, 1998)
15.I Believe in You and Me (The 16th Annual World Music Awards, 2004)
16.I Didn't Know My Own Strength (The Oprah Winfrey Show, 2009)
CD 2DVD
1.Home (The Merv Griffin Show, 1983)
2.You Give Good Love (The Tonight Show Starring Johnny Carson, 1985)
3.How Will I Know (The Brit Awards, 1987)
4.One Moment in Time (The 31st Annual Grammy Awards, 1989)
5.Greatest Love of All (Arista Records 15th Anniversary Concert, 1990)
6.I Wanna Dance with Somebody (Who Loves Me) (Arista Records 15th Anniversary Concert, 1990)
7.The Star Spangled Banner (Super Bowl XXV, 1991)
8.All The Man That I Need (Welcome Home Heroes, 1991)
9.I'm Your Baby Tonight (Welcome Home Heroes, 1991)
10.A Song for You (Welcome Home Heroes, 1991)
11.Medley: I Loves You, Porgy / And I Am Telling You I'm Not Going / I Have Nothing (The 21st Annual American Music Awards, 1994)
12.I'm Every Woman (The Concert for a New South Africa, 1994)
13.I Will Always Love You (The Concert for a New South Africa, 1994)
14.My Love Is Your Love (Music Video, 1998)
15.My Love Is Your Love (Late Show with David Letterman, 1998)
16.When You Believe (The 71st Annual Academy Awards, 1999)mit Mariah Carey
17.I Believe in You and Me (The 16th Annual World Music Awards, 2004)
18.I Didn't Know My Own Strength (The Oprah Winfrey Show, 2009)

Micha S. - myFanbase
07.12.2014

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