Bewertung
Lord Huron

Lonesome Dreams

Mit dem Debüt von Lord Huron voll Holzfällerhemden-Folkrock ist es ein bisschen wie mit Weihnachten: Es ist irgendwie immer dasselbe und unglaublich kitschig, aber am Ende sitzt man doch mit roten Backen da, weil man sich so geborgen fühlt.

Foto: Lord Huron - "Lonesome Dreams" - Copyright: Play It Again Sam
Lord Huron - "Lonesome Dreams"
© Play It Again Sam

Wir brauchen uns gar nicht lange damit aufzuhalten, in welche Schublade man Lord Huron stecken soll: In genau die, in der die Fleet Foxes ("Helplessness Blues"), Mumford & Sons ("The Road to Red Rocks") und all ihre ziegenbärtigen Nachfolger in mehrstimmigem Harmoniegesang feine, gelegentlich sakrale Songs von sich geben.

Ben Schneider, der sein Projekt nach dem Lake Huron in Michigan benannt hat, stellt sich schnell als der Naturbursche heraus, von dem in seinen Songs stets die Rede ist: Kaum eine Strophe, die ohne die Worte "earth", "wind" oder eben "lake" auskommt – dazu reimt er konsequent und gern und mit einer Ernsthaftigkeit, die man zeitweise belächeln möchte. Seine Songs handeln entweder von den drei Fs (Fernweh, Fortgehen, Freiheit), einem atemberaubenden Mädchen oder davon, dass er das atemberaubende Mädchen wegen seines Fernwehs verlassen muss.

Seltsamerweise geraten gerade die Uptempo-Nummern mit ihrer üppigen Instrumentierung meist pathetisch – zum Beispiel der Buddy-Folk-Song "Brother (Last Ride)" oder "She Lit A Fire", in dem er ausnahmsweise ausziehen muss, um das atemberaubende Mädchen zu finden. Ausnahmen sind das unglaublich schöne "I Will Be Back One Day", das genau die richtige Menge Pathos in sich hat, um Augen zum Glänzen zu bringen, und "The Man Who Lives Forever": Ein im Grunde reichlich kitschiger Song mit Aussagen wie "together forever, forever alive" entwickelt mit Handclaps, einer Menge "ooohs" und einem funkigen Gewand gegen Ende hin direkt einen Groove à la Yeasayer, nur eben ohne elektronische Hilfsmittel.

Die große Stärke von Lord Huron tut sich eher bei den langsameren, karger instrumentierten Stücken auf: "The Ghost on the Shore", "Lullaby" und das zärtliche "In the Wind" strahlen gleichzeitig eine Intensität und Intimität aus, wie man sie sonst beispielsweise mit Simon and Garfunkel verbindet. Hier sitzt auch jeder Reim, und jeder Griff ins Kitschfass wird gar nicht als ein solcher wahrgenommen – wenn Schneider gegen Ende des Albums "You are still alive when I look to the sky in the night" singt, möchte man sich am liebsten zu ihm ans Lagerfeuer setzen und ihm die Geborgenheit spenden, die "Lonesome Dreams" einem selbst vermittelt hat – obwohl man es nur ungern zugeben will, dass man im Verlauf des Albums tatsächlich rosaroten Backen bekommen hat.

Fazit

"I make my way through the night all alone" – das Cover von "Lonesome Dreams" sagt im Grunde schon einiges aus: Auf dem Debütalbum von Lord Huron geht es ums Reisen, ums Alleinsein, die Schönheit der Welt, unsterbliche Liebe und, zu guter Letzt, um sorgsam geschriebene, sich selbst ein bisschen zu ernst nehmende Folk-Songs.

Anspieltipps

The Ghost on the Shore

I Will Be Back One Day

In the Wind

Artistpage

LordHuron.com

Tracks

1.Ends of the Earth
2.Time to Run
3.Lonesome Dreams
4.The Ghost on the Shore
5.She Lit A Fire
6.I Will Be Back One Day
7.The Man Who Lives Forever
8.Lullaby
9.Brother (Lost Ride)
10.In the Wind

Stephanie Stummer - myFanbase
19.03.2013

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