Bewertung
Die Ärzte

auch

Rund 800 Konzerte auf 24 Touren, 13 Musikpreise, 6.800.000 verkaufte Tonträger in Deutschland, 50 Singles und EPs auf zwölf Studioalben und fünf Livealben, Freitag, der 13. als Erscheinungsdatum des neusten Albums der Besten Band der Welt: Die Ärzte in Zahlen.

Foto: Die Ärzte - "auch" - Copyright: Hot Action Records/Die Ärzte
Die Ärzte - "auch"
© Hot Action Records/Die Ärzte

Dieser Tage erscheint auch das neue Album der Toten Hosen. So hat man gelesen, so wird einem in der Mittagspause zugetragen. "Die mag ich nicht.", antwortet man automatisch, "Ich bin Ärzte-Fan." Natürlich weiß man als solcher, dass die Fehde der Berliner und Düsseldorfer mehr fiktiv als alles andere war, man ist es aber noch gewohnt. Aus den Neunzigern oder Achtzigern, in denen man üblicherweise den Deutschpunkrock entdeckt hat und sich für ein Lager entscheiden musste.

Beinahe genauso automatisch kauft man Tickets für die kommende Tour von Bela B. Felsenheimer, Farin Urlaub und Rodrigo González. Und verpennt das Erscheinen der EP vorab, die aber ohnehin nur drei Stücke enthält, die nicht auf "auch" zu finden sind. Plus der ersten Singleauskopplung, "zeiDverschwÄndung". Diese erinnert textlich an einige Lieder aus Olli Schulz’ gerade erschienen Album "S.O.S. - Save Olli Schulz". Und so schließt sich der Kreis: Bela B. hatte schon einen Auftritt in dessen Video "Tanz den Bibo".

Die Band und der Liedermacher haben beide ein Problem gemeinsam: Sie sind lustig, so dermaßen komisch, sowohl in als auch zwischen ihren Songs, dass es schwierig ist, etwas anderes zu verkaufen. Gut, von den Ärzten kennt man die Politik der Vergangenheit. Doch wie sieht es 2012 aus?

Erstmal treiben sie einem das automatische Handeln aus. Wenn man die Schachtel nämlich öffnet, in der die CD steckt (Die Ärzte stehen auf schickes Coverdesign, so steckte "Die Bestie In Menschengestalt" in blauem Plüsch und das letzte Album "Jazz ist anders" in einem Pizzakarton), ist es, als packe man ein "Mensch ärger dich nicht" aus. Und siehe da, freudige Überraschung: Es ist wirklich ein Spiel! Die CD dient als Glücksrad, eine Art Würfel, der entscheidet, welches Ereignisfeld dran ist. Spielen können drei Personen, dafür gibt es die Kronkorken, die jeweils für einen Arzt stehen, und mit denen man über das aufgefaltete Booklet ziehen kann. "Beschimpf die Mutter des schönsten Mitspielers", heißt es da, oft übertitelt mit einem der 16 Songs auf "auch".

"Ist das noch Punkrock?" startet mit einem Sound, den man als "typisch" bezeichnen kann. Farin Urlaub singt, die Jungs hauen in die Saiten und Becken, es ist Standard, es ist solide, aber das ist ja auch etwas, das andere Bands überhaupt erst mal erreichen müssen. Wenn man zum Beispiel weiß, dass Belas Stimme mit einer Frauenstimme immer gut harmoniert, warum das also nicht als zweiten Song verwenden?

"Waldspaziergang mit Folgen" jedoch klingt dann auf einmal wie die Rolling Stones, dazu Sprechgesang und Fistelstimme von Farin, und Bela profitiert von seinen Soloausflügen. "Freundschaft ist Kunst" hätte man ebenso gut auch auf "Bingo" oder "Code B" finden können, zuvor aber als Ärzte-Stück höchstens bei "Jazz ist anders" (und zwar "Mätresse"). Rod hat dafür an seinem Stil nichts geändert (siehe "Breit" vom Vorgängeralbum), aber "Tamagotchi" und "Angekumpelt" gehören trotzdem zu den besten Songs der Platte.

Fazit

Religion? "Waldspaziergang mit Folgen", check. Negs? "TCR", check. Warum dann noch erläutern, ob das eigentlich noch Punkrock ist? Ob man unbedingt ständig ernst sein muss? Es ist gute Musik. Aus.

Anspieltipps

Tamagotchi

Fiasko

M&F

Artistpage

Bademeister.com

Tracks

1.Ist das noch Punkrock?
2.Bettmagnet
3.Sohn der Leere
4.TCR
5.Das darfst du
6.Tamagotchi
7.M&F
8.Freundschaft ist Kunst
9.Angekumpelt
10.Waldspaziergang mit Folgen
11.Fiasko
12.Miststück
13.Das finde ich gut
14.Cpt. Metal
15.Die Hard
16.zeiDverschwÄndung

Simone Bauer - myFanbase
16.04.2012

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