Bewertung
Foster the People

Torches

Und es war Sommer. Wie jedes Jahr. Erkennbar am Leitsatz: Bei Nacht Fenster schließen! Oder Licht aus - Ihr wisst schon, die Tiere. Lästiges Surren, kaum vernehmbarer Flügelschlag, die ständige Angst, im Schlaf überrascht zu werden: Ein Sommer hat eben so seine Mücken. Auch, wenn sich's tagsüber draußen nicht immer nach Sommer anfühlt, spätestens abends wissen wir Bescheid. Denn ein Sommer braucht keine drückende Hitze und kein Zitroneneis. Denn alles, was ein Sommer wirklich braucht, ist ein Hit. Ein Hit, der nur ihm gehört. Und der Sommer wird dem Song gehören.

Foto: Copyright: Sony Music International/Columbia Records
© Sony Music International/Columbia Records

Unser noch etwas unentschlossener Sommer 2011 hat sich in der Wahl seines Soundtracks längst entschieden. Er hat sich hergegeben für Mark Foster, Mark Pontius und Cubbie Fink. Das sind drei kalifornische Typen, nette Jungs. Deren Umgang aber ist augenscheinlich etwas zweifelhaft. Denn Robert, der junge Protagonist ihrer ersten Single "Pumped Up Kicks", ist ein übellauniger Kollege. Kein sonniges Gemüt. Eine Hutschnur von zwölf bis mittags. Neugier gepaart mit Geltungsdrang. Immun gegen elterliche Grenzen und Privatsphäre. Begeisterungsfähig für Waffen, deren Gebrauch nicht abgeneigt. Und: völlig verkannt. Denn obwohl genau dieser Robert im Zentrum des diesjährigen Sommerhits steht, nimmt ihn kaum jemand wahr. "It's so catchy!" - Ja, eingängig ist "Pumped Up Kicks" wirklich. Ein Song, für den man gerne mal alles stehen und liegen lässt, denn die Hände gehören in die Luft. Ein Bewegungsgarant, wenngleich sich die Leute ob seiner Lässigkeit nicht dazu hinreißen lassen dürfte, schneller zu tanzen als Cowboy-Kid Robert schießen kann.

Sommerhit 2011, das ist er also: Ein Song, der über den Amoklauf eines Teenagers spricht, aber nach Strandparty klingt. Eine interessante Mischung fürwahr. Wenn auch total verkannt. Wie interessant aber ist die Mischung hinter dieser Mischung? Wie interessant ist das fostersche Debüt? Nun - es ist weniger kontrastreich als sein vierminütiger Vorreiter.

Dass das überaus stattliche "Houdini" besser nicht in direkter Verbindung mit MGMTs "Electric Feel" gespielt werden sollte, wenn man als originell gelten möchte, ist bekannt. Die Ähnlichkeit wäre nur mühsam wegzudiskutieren. Und sicherlich wären auch Passion Pit in der Unterredung nicht fehl am Platz. Dennoch: Foster the People kupfern nicht stillos ab. Haben sie nicht nötig. "Torches" wurde ein rundes Album. In einer Richtung, die sich etwas abseits bewegt vom klassischen Pop. Dort allerdings tritt man leider ein wenig auf der Stelle. Was schade ist, denn auch ein Seitenstreifen lädt zum Tanzen ein. Ein goldenes Erste-Single-Händchen haben die Kalifornier bewiesen, eines für Synthie-Songs mit Zug ebenfalls. Und der geneigte Hörer hätte auch einen schlechteren Griff tun können, als den in die MGMT-Passion-Pit-Schublade, in die so manch einer Foster the People steckt.

Fazit

Was bleibt? Am Ende dieses Sommers werden 1-1/2-Top-100-Chartsplatzierungen stehen: Mit "Houdini" eine tanzbare Nummer, die nach Unbeschwertheit und Realitätsflucht schreit und sie melodisch-druckvoll einklagt. Zum Anderen der vollkommen missverstandene, aber deutlich größere. Der Soundtrack eines Sommers: Robert kommt im nächsten Jahr vielleicht noch einmal wieder. Glücklicherweise lediglich in Form von "Pumped Up Kicks", einem vermeintlich harmlosen Sommerliedchen. Rückkehr in die Radios. Noch mal Gast auf der einen oder anderen Gartenparty. Wie so manche Mücke eben auch: Robert hätte vor ihnen sicher nicht Halt gemacht.

Anspieltipps

Pumped Up Kicks

Houdini

Miss You

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Tracks

1.Helena Beat
2.Pumped Up Kicks
3.Call It What You Want
4.Don't Stop (Color On The Walls)
5.Waste
6.I Would Do Anything For You
7.Houdini
8.Life On The Nickel
9.Miss You
10.Warrant

Aljana Pellny - myFanbase
21.07.2011

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