Bewertung
Comeback Kid

Symptoms + Cures

Wer schonmal das "With Full Force"-Festival besucht und sich morgens um 15 Uhr im rappelvollen Hardbowl- Zelt nach Strich und Faden zerlegt hat, weiß wovon ich rede, wenn ich behaupte, dass Hardcore von der Intensität und Energie lebt, welche die entsprechenden Bands mit den Fans verbindet.

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Obwohl ich genremäßig eher im Metalbereich beheimatet bin, bringen mich eben diese Liveerlebnisse immer wieder dazu, reine Hardcore-CDs zu hören. Und genau ab diesem Zeitpunkt werden sie zu einem zweischneidigen Schwert für mich. Einerseits renne und springe ich wie der letzte Volldepp vor der Bühne in alle Richtungen und bin begeistert von der Authentizität der Künstler und derer puren Leidenschaft für Musik, die sich innerhalb von Sekunden auf das Publikum überträgt – und andererseits stehe ich fast ernüchtert vor dem CD-Player und frage mich, warum sich das eigentlich nicht auf ein Album transportieren lässt. Meistens fehlt es mir, selbst bei Szenegrößen wie beispielsweise Agnostic Front, an Abwechslungsreichtum und zugegeben, manchmal knallts mir einfach nicht genug, um mich längerfristig damit zu beschäftigen.

Nun gibt es allerdings, wie immer im Leben, zu jeder Regel auch eine Ausnahme. Die Kanadier von Comeback Kid sind so eine. Mit "Wake the Dead" ist vor 5 Jahren ein Album erschienen, das die Messlatte für alles Folgende höher legte und in Dauerrotation in meinem Autoradio läuft. Kürzlich veröffentlichen sie ihr viertes Studioalbum "Symptoms And Cures" und es stellt sich die Frage, ob ich meine mittlerweile reichlich verkratzte "Wake The Dead" CD endlich in ihren wohlverdienten Ruhestand schicken kann.

Der Opener "Do Yourself a Favour" zeigt von Beginn an, wo der Hammer hängt und setzt den ersten Glanzpunkt des Albums. Es stampft und groovt in allen möglichen Variationen und man muss kein Prophet sein um zu erahnen, was da Live im Pit abgehen wird. Mit "Crooked Floors" wird das Tempo weiter hochgehalten und erinnert durch einen leichten punkigen Einschlag zeitweise sogar an Suicidal Tendencies. "G.M. Vincent& I" zeichnet sich durch einen melodisch, markanten Mitsingchorus aus, der live sicherlich auch zu später Stunde noch halbtot vom Getränkestand mitgeträllert werden kann.

Mit "The Concept Says", "Because of All the Things You Say" und "Symptoms + Cures" gibt es gewohnte Melodic-Hardcore-Kost. Während sich die beiden letzteren alle Zeit der Welt lassen, um richtig Fahrt aufzunehmen, geht "The Concept Says" schon zu Beginn in die Vollen. Alle drei mausern sich spätestens nach dem zweiten Durchgang zu guten Melodic-Hardcore-Songs, die so schnell nicht mehr aus den Gehörgängen verschwinden wollen. "Balance" und "Manifest" sind die schnellsten Songs auf "Symptons + Cures". Live wird sich das in etwa so darstellen: Circle Pit, Tempo raus und durchschnaufen, dann alles zerlegen was noch auf den Beinen ist. Leider scheint den Herren zum Ende hin wohl etwas die Puste ausgegangen zu sein, denn "Get Alone" geht mir durch das penetrante Wiederholen des Songtitels spätestens nach dem ersten Drittel auf die Nerven und wird dadurch auch zum schwächsten Song der Platte. Der Verdacht bestätigt sich auch beim Hören des folgenden Songs. Ich habe lange Überlegt, was "Magnet Pull" auszeichnet, denn ich finde diesen Song eigentlich gar nicht so schlecht. Doch nach den 2:48, in denen der Fuß durchaus im Takt mitwippt, bleibt einfach nichts hängen und so muss man ihn wohl als nett, aber belanglos bezeichnen. Ganz anders hingegen ist "Pull Back the Reins", der zwar stilistisch ähnlich klingt, aber durch seinen groovenden, mitreißenden Grundsound zum Abschluss des Albums noch mal einen echten Höhepunkt markieren kann.

Fazit

"Symptoms + Cures" ist ein gut produziertes Album mit wenigen Schwächen, das die eigene Identität der Songs nie aus den Augen verliert. Dies reicht vermutlich nicht, um sich mit Klassikern der "Wake the Dead"-Scheibe zu messen. Dennoch sollte die Qualität dieser Band nicht nur an einem Album festgemacht, sondern auch nach der kontinuierlich gebotenen Leistung beurteilt werden. So werden alle, die Comeback Kid lieben, mit diesem Album ihre Freude haben, denn sie bekommen was sie erwartet haben: Aggressivität und Melodie im Hardcoregewand mit Punkattitüde. Alle, die Comeback Kid noch nicht kennen, sollten sie dringend antesten, denn es lohnt sich dieser Band eine Chance zu geben. Wer allerdings bis jetzt noch keinen Zugang zu Comeback Kid gefunden hat, wird sich auch von "Symptoms + Cures" keines Besseren belehren lassen, denn das Album bietet nicht genügend Neues und Innovatives, um Nicht-Fans vom Gegenteil überzeugen zu können.

Anspieltipps

Do Yourself a Favour

The Concept Says

Balance

Pull Back the Reins

Artistpage

Comeback-Kid.com

MySpace-Profil

Tracks

1.Do Yourself a Favour
2.Crooked Floors
3.G.M. Vincent & I
4.Because of All
5.The Concept Stays
6.Balance
7.Symptoms + Cures
8.Manifest
9.Get Alone
10.Magnet Pull
11.Pull Back the Reins

Benjamin Bohn - myFanbase
21.09.2010

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