Bewertung
Corpus Christi

A Feast for Crows

"Mami, Mami bekomm ich das LEGO-Metalcore-Set zum Geburtstag? Da kann man ganz einfach und mit wenigen Bauteilen ganz tolle Songs basteln, und wenn ich groß bin nenn ich meine Band KillswitchformyDyingFlames!"

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© Victory Records

So oder so ähnlich muss es sich früher bei vielen Metalcorejüngern angehört haben, als sie entschieden haben, eine Band mit dieser musikalischen Ausrichtung zu gründen. Diesen Eindruck bekommt man zumindest, wenn man die meisten Veröffentlichungen dieses Genres der letzten Jahre betrachtet. Nun liegt es an Corpus Christi, mir meine Vorurteile gegenüber den immer gleich klingenden Metalcorebands endgültig aus dem Hirn zu blasen und mich mit einer Bandbreite an peitschenden Rhythmen, irrwitzigen Gitarrenläufen, donnernden Drums und markanten, unwiderstehlichen Vocals zu überraschen.

Doch was soll ich sagen, meine Vorurteile wurden...naja...bestätigt.

Aber lassen wir vorerst die Kirche im Dorf und fangen am Anfang an. Corpus Christi ist eine 2006 gegründete Band aus Cincinnati, Ohio und haben sich dem christlichen Metalcore verschrieben. Nach der 2007 erschienenen EP "It's Always Darkest Before the Dawn" folgte 2009 ihr erstes Studioalbum "The Darker Shades of White" und nun wurde das neue Werk "A Feast for Crows" via Victory Records veröffentlicht. Soviel zur Band selbst und jetzt zu ihrem neuen Werk.

Begonnen wird mit "The Red Horse Is Upon Us". Eine Stimme ertönt, untermalt mit akustischen und elektrischen Gitarren, die uns aus Kapitel 6 der Offenbarung die Verse drei und vier vorliest. Danach folgt ein atmosphärisches, aber kurzes Instrumental. "A Portrait Of Modern Greed" beginnt. Ordentlich Druck vom Schlagzeug und tiefen Growls, unterlegt mit von diversen Genrekollegen inspirierten Gitarrenläufen, die letzten Endes zu einem enttäuschenden, weil clean gesungenen Refrain führen, der doch seeeeehr an As I Lay Dying und Co erinnert und schon zu Beginn verdeutlicht, dass man sich dem in der Szene dominierenden Einheitsbrei verschrieben hat. Dann geht's weiter wie zu Beginn, danach einige Breakdowns, Solo, noch mal Refrain und nun wird weitergeballert bis die 3:49 rum sind. Allein die an verschiedenen Stellen eingefügten Flanger-Effekte verleihen dem Song einen gewissen Wiedererkennungswert. Weiter geht's mit dem groovigen "Monuments" das sich durch tolle Gitarrenläufe auszeichnet. Aber dann kommt er wieder, der clean gesungene Refrain, der diesem Song den Wind aus den Segeln nimmt und alle Energie raubt.

"Betrayed Redemption", "Blood In The Water" und auch "Invictus" bieten nichts Neues und lassen sich durch die nahezu identische Songstruktur mit "A Portrait Of Modern Greed" vergleichen. So langsam geht mit der stets vorhersehbare, ähnlich klingende, schmalzig-cleane Chorus auf die Nerven. Aber mit "Little Miss Let You Know" haben Corpus Christi einen Song der etwas aus dem Gesamtbild bricht. Und das macht ihn zum Besten der Platte. Beginnend mit einem groovigen Rhythmus drehen die Jungs bis zu Circle Pit tauglicher Geschwindigkeit auf, um sich dann in einem langen Mitgrölrefrain eine Pause zu gönnen. Danach gibt's noch mal was für den Pit vor der Bühne, einen Chorus und dann wird's rockig. Dies erinnert an den Heavy Metal der 80er Jahre mit einem ebenso passenden Gitarrensolo. Hier zeigen Corpus Christi eine neue Facette, die andeutet, was möglich wäre, wenn man mehr als nur einen Blick über den Tellerrand werfen würde.

"Windwalker" beginnt mit einer getragenen, leicht angezerrten Gitarre, die von einer zweiten ergänzt wird und sich dadurch zu einem netten Instrumental mausert, das nahtlos in "Broken Man" übergeht. Hier verlieren sich nach und nach jegliche balladesken Züge durch gnadenlose Blastbeats, bis es im Refrain erneut melancholisch wird. Alles in allem ein sehr toller Song, wenn man die beiden als Einheit betrachtet.

Kommen wir nun zum vorletzten Stück der Platte. "(Seeing You Again) For The First Time" beginnt ähnlich wie "Windwalker" und wird dann erneut mit Gitarrensoli und Breakdowns vermischt. Beginnend mit tiefen Growls geht es (mal wieder) in eine clean gesungene Choruspassage, die hier zwar weniger deplatziert wirkt, aber dadurch das ganze Lied selbst zur Viva/MTV-Single degradiert. So, und nun noch eine unfassbare Kehrtwende zum Schluss: "Shepherds In Sheeps Clothing" kommt doch tatsächlich ohne jammernde Emogrütze (=Cleangesang) aus. Es groovt an allen Ecken und Enden und entwickelt sich zu einem gutklassigen Hardcore-/Metalcore-Song, der den Hörer zum Abschluss versöhnlicher stimmt.

Fazit

Corpus Christi liefern mit ihrer zweiten CD ein solide produziertes Album ab, das allerdings nicht zu überzeugen weiß. Bis auf wenige Ausnahmen, in denen Potential zu erkennen ist, wirken die Songs aus den typischen, altbekannten Metalcore-Bausteinen zusammengeschustert. Die clean gesungenen Passagen ziehen über das Album wie die Heuschreckenplage über das alte Ägypten und erinnern zu sehr und zu oft an erfolgreiche Genrekollegen. Während sich Bands wie Bullet for my Valentine in Richtung der breiten Masse bewegen, schlagen Corpus Christi den Weg in die Belanglosigkeit ein. "A Feast for Crows" wird in der großen Flut der Metalcore-Veröffentlichungen untergehen, da Corpus Christi jegliche Individualität vermissen lassen und ein seelenloses Album abliefern, dessen Wiedererkennungswert gegen null geht.

Anspieltipps

Little Miss Let You Know

Windwalker & Broken Man

Shepherds In Sheeps Clothing

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Tracks

1.The Red Horse Is Upon Us
2.A Portrait of Modern Greed
3.Monuments
4.Betrayed Redemption
5.Little Miss Let You Know
6.Windwalker (Interlude)
7.Broken Man
8.Blood In The Water
9.Invictus
10.(Seeing You Again) For The First Time
11.Shepherds In Sheep's Clothing

Benjamin Bohn - myFanbase
12.07.2010

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