Bewertung
Avett Brothers, The

I And Love And You

Die Gebrüder Scott und Seth Avett veröffentlichen schon seit 2001 regelmäßig, aber relativ unbeachtet ihre von Folk und Country geprägten Songs – nun hat sie aber niemand Geringerer als der große Rick Rubin unter seine Fittiche genommen und ihnen zu ihrem ersten Major-Label-Release verholfen. Das Ergebnis ist eine angenehme, fast zu schöne und glatte Platte.

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© Columbia Records

Der Song, nach dem man das Album benannt hat, empfängt einen gleich zu Beginn mit einer alles umarmenden Geste, der man sich nur schwer entziehen kann: Auch wenn man sich sehr wohl bewusst ist, dass man sich hier in geradezu beängstigender Nähe von Kitsch und Schmalz befindet, kann man nicht anders, als bei dieser geschmeidigen Klavierballade dahinzuschmelzen und noch Stunden später "Brooklyn Brooklyn take me in" zu summen. Dennoch neigt man schon dazu, das Ganze als etwas überproduziert und glatt zu empfinden – nur eben gerade noch im erträglichen Ausmaß.

Das folgende "January Wedding" setzt diesen Weg konsequent fort, überzeugt mit einer wunderschönen Instrumentierung mit Banjo, lässt sich aber durch den gnadenlos kitschigen und mit schwärmender Naivität vorgetragenen Text kaum genießen. Das restliche Songmaterial tut sich ebenfalls schwer, sich zwischen überladener Perfektion oder ehrlichen Emotionen zu entscheiden. Grundsätzlich ist Liedern wie "Head Full Of Doubt/Road Full Of Promise" nichts vorzuwerfen – sie sind allesamt eingängig, radiotauglich, scheinen wie für den Soundtrack einer romantischen Komödie gemacht, wirken rund und perfekt eingespielt.

Gerade dieses "perfekt" wird den Brüdern aber zum Verhängnis – da hat es Meister Rubin vielleicht etwas zu gut gemeint: Den Songs scheint das gewisse Etwas zu fehlen, ein Eigenleben, vielleicht nur ein wenig Luft. Wenn es den Songs gelingt, diese Luft zu schnappen, und sie nicht ganz so "makellos" sein müssen, klingen sie auch gleich viel authentischer: "Ten Thousand Words" oder "And It Spread" sind schlichter gehalten und wirken deswegen viel gefühlvoller als ein schmalziges "Incomplete And Insecure", gerade weil "And It Spread" gegen Ende auch mal so richtig Gas gibt.

Auf irritierende Weise gibt das im Mittelfeld auftauchende "Kick Drum Heart" Gas: Nach allerlei Geigen- und Klaviertönen und nur zwei kurzen Ausflügen in schnellere Gefilde hätte man eine so fetzige Nummer von den Avett Brothers nicht erwartet – und auch wenn der Song Spaß macht und fröhlich stimmt, wirkt er dennoch etwas deplatziert und lässt Vergleiche mit "Jungle Drum" aufkommen.

Nach dieser Abwechslung werden auf der zweiten Albumhälfte die Zügel tatsächlich etwas lockerer gelassen: "Tin Man" und "Slight Figure Of Speech" sind fröhliche Uptempo-Nummern, die aber wiederum nicht recht zu dem Bild passen wollen, das man sich sonst von den Avett Brothers gemacht hat – nämlich anschmiegsame Melodien, Geigen im Himmel und verzweifelte Männer ("I lost my tears in your car").

Fazit

Das mit dem Erfolgsproduzenten Rick Rubin aufgenommene "I And Love And You" bietet 13 angenehm zu hörende Songs zwischen Pop, Folk, Country und Americana – die Songs sind alle handwerklich gut gemacht, klingen meist sie aber eine Spur zu glatt und überladen, um wirklich zu berühren.

Anspieltipps

I And Love And You

And It Spread

Ten Thousand Words

Slight Figure Of Speech

Artistpage

TheAvettBrothers.com

MySpace-Profil

Tracks

1.I And Love And You
2.January Wedding
3.Head Full Of Doubt/Road Full Of Promise
4.And It Spread
5.The Perfect Space
6.Ten Thousand Words
7.Kick Drum Heart
8.Laundry Room
9.Ill With Want
10.Tin Man
11.Slight Figure Of Speech
12.It Goes On And On
13.Incomplete And Insecure

Stephanie Stummer - myFanbase
22.03.2010

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