Bewertung
Peter Doherty

Grace/Wastelands

Sorgenkind Pete ist mittlerweile 30 und möchte von nun an Peter genannt werden – Anlass genug, eine Soloplatte zu veröffentlichen. Auch wenn einige der Songs, die man auf "Grace/Wastelands" findet, schon seit Jahren durchs Internet oder Dohertys Spontan-Konzerte geistern und somit nicht unbedingt neu sind, so ist es doch auf jeden Fall ein "neuer" Pete(r), dem man da lauscht: Er wirkt tatsächlich ruhiger, gelassener und, nun ja, gereifter.

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Diesen Anschein erweckt zumindest dieses Dutzend herausragender Stücke, das einen sofort in seinen Bann zieht: Weniger Dreck und Rotz, dafür mehr Emotionen und Souveränität, weniger Lärm und offensichtlich zur Schau gestellte Coolness, dafür eine neu entdeckte Liebe fürs Akustische und wie immer eindrucksvolles Songwriting – so sieht Dohertys neues Erfolgsrezept aus.

Natürlich war er bei der Aufnahme von "Grace/Wastelands" nicht ganz auf sich allein gestellt – mit im Studio waren u.a. Graham Coxon und auch Teile seiner Babyshambles. Und man höre und staune: Ein Song ("A Little Death Around The Eyes") stammt teilweise sogar aus der Feder von Carl Barât! Diesen hat Doherty allerdings schon bei weitem überflügelt: Obwohl er von den beiden den weitaus wilderen Lebenswandel pflegt, hat er es immerhin geschafft, bei seinen Veröffentlichungen stets für ein konstant gutes Niveau zu sorgen – während Barât mit seinen Dirty Pretty Things nur vor sich hindümpelte, anstatt abzuheben.

So ist es Doherty auch ein weiteres Mal gelungen, das Beste aus seinem Talent hervorzuholen und für ein paar sehr feine musikalische Momente zu sorgen: Die erste Single "Last of the English Roses" ist die poppigste, außergewöhnlichste Nummer auf dem Album – am reizvollsten sind aber jene Stücke, die von Dohertys besonderem Charme leben, von seinem eindringlichen Gesang und den einfach gehaltenen Gitarrenmelodien, die hin und wieder mit stimmungsvollen Streichern aufgepeppt werden.

Das ergreifende "1939 Returning" und das poetische "I Am Rain" sind nur zwei Nummern, die von Dohertys unglaublichem Songwriter-Talent zeugen und zu den besten Songs des Albums, wenn nicht seiner gesamten Laufbahn, gehören.

Auch sein Ausreißer in swingende Bar-Gefilde wird nicht zum peinlichen Experiment, sondern zu einem höchst vergnüglichen Hörvergnügen: "Everywhere I go people say 'Who's that funny guy? All he does is hangs here down and cry'" klagt Doherty, während im Hintergrund das Klavier und die Bläser miteinander schäkern.

Während etwa "Palace of Bone" sehr strukturiert und reif wirkt, ist "Sheepskin Tearaway", ein Duett mit Dot Allison, das wohl zaghafteste, schüchternste Stück des Albums, das mit ergreifender Hingabe gesungen wird.

Zaghaft und schüchtern beschreibt sich Doherty auch selbst in Bezug auf seine Musik – in Interviews sprach er schon öfter davon, dass er es gar nicht glauben will, wenn ihm jemand Komplimente macht und seine Musik toll findet. Trotz dieses geringen Selbstbewusstseins hat er sich auf "Grace/Wastelands" weit geöffnet – was ihn reifer, aber auch verletzlicher wirken lässt. Und es zeigt, dass er in erster Linie Poet und Künstler ist, und erst in zweiter Linie der Junkie, zu dem ihn die Klatschspalten gerne degradieren.

Fazit

Peter Dohertys erste Soloplatte "Grace/Wastelands" ist ein kleines Meisterwerk geworden, das man immer wieder und wieder hören kann, ohne dass die einzelnen Songs Abnutzungserscheinungen zeigen. Souveräner, reifer, aber auch intimer zeigt sich Doherty und beweist einmal mehr, welch unglaubliches Talent in ihm steckt.

Anspieltipps

1939 Returning

I Am the Rain

Palace of Bone

Artistpage

FrenchDogBlues.com

Tracks

1.Arcady
2.Last Of The English Roses
3.1939 Returning
4.A Little Death Around The Eyes
5.Salome
6.I Am The Rain
7.Sweet By And By
8.Palace Of Bone
9.Sheepskin Tearaway
10.Broken Love Song
11.New Love Grows On Trees
12.Lady Don't Fall Backwards

Stephanie Stummer - myFanbase
01.04.2009

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