Bewertung
Kellner

This Ocean Life

Dem bayrischen Singer/Songwriter Mathias Kellner gelang durch arbeitsamtliche Förderung, was andere selbst mithilfe fragwürdiger TV-Formate wohl kaum so schnell schaffen dürften: der Sprung vom Hartz IV-bedrohten Musikerdasein ins Vorprogramm von Katie Melua. Unter dem Namen "This Ocean Life" hält nun das Debüt des Regensburgers Einzug in die deutschen Plattenläden.

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Mit "Murder of Crows" beginnt das Album noch recht unspektakulär, eifern Gitarren und Streicher schlicht zu konventionell und berechenbar nach eingängigen Melodien und Radiotauglichkeit. "Bees in my Head" kann da trotz leicht überladenem Refrain schon deutlich mehr reißen und glänzt dabei vor allem durch Kellners wundervollen Gesang sowie unwahrscheinlich einprägsame Hooklines, die einem noch Stunden später wie Bienen im Kopf umherschwirren. Und als hätte er sich in diesen ersten beiden Songs bloß ein wenig Mut ansingen müssen, schlägt Kellner im darauf folgenden "Rich Man" schon wesentlich beherztere Töne an. Begleitet von Country-Gitarren und Reggae-Rhythmen, legt er eine nahezu rotzige Performance hin, die sich mit der gehörigen Portion Dreck in Stimme und Sound auf dem insgesamt etwas zu glatt polierten Album als sehr angenehme Abwechslung herausstellt.

Das markante Gitarrenintro zu "See the Light" lässt zunächst vermuten, dass einem diese raue Röhre noch etwas länger erhalten bleibt, klingt es doch so verdächtig nach dem Akustik-Riff aus Reibeisen Everlasts Hit-Single "What It's Like". Kellner gibt stattdessen aber doch lieber wieder den sanften Riesen und trifft hier mit seiner Zurückhaltung erstmals mitten ins Hörerherz. Denn einer so schön schlichten Ballade derart umsichtig immer mehr scheinbar maßgeschneiderte Klangkleider anzulegen, ohne sie je overdressed wirken zu lassen, grenzt an musikalischer Haute Couture.

"Carry On" präsentiert sich dagegen wieder als nicht sonderlich bemerkenswerte Radiopop-Ballade. Lediglich das viel zu sehr in den Hintergrund gemischte Piano, auf dessen oberen Oktaven jemand planlos einzuhämmern scheint, sorgt zwischendurch für bezaubernde Momente. Damit kann das unerträglich seichte "Oh Why" wahrlich nicht dienen, strotzt der Song doch lediglich von pseudo-tiefgründigen Botschaften und hochtrabender Selbstgerechtigkeit. Dafür kann "Children's Birthday Party" wieder mit lässigen Banjo- und Orgel-Klängen sowie einem kleinen Noise-Ausbruch überzeugen, dem Kellner einen verhältnismäßig samtig-sanften "It's like black metal on a children's birthday party"-Chorus folgen lässt.

In "Zombie Attack" findet Kellner dann endlich die richtige Balance zwischen Originalität und Mainstream. Der mitreißende Gesang steht neben den akustischen Percussion-Einlagen klar im Fokus und spätestens beim dritten "Maybe you're infected, too" ist man tatsächlich infiziert: Der vermis auricularius erwischt einen gnadenlos. Denn immun ist keiner gegen solch catchige Zombies. Auch in "I Will Not" blitzt Kellners Talent nochmal durch. So schafft der Track eine sehr dichte und düstere Atmosphäre mit seinem obskuren Sample, den mehrstimmigen Gesangspassagen und tiefdunklen Klavierakkorden. Und unweigerlich drängt sich der Gedanke auf, welch unheimlich starker Live-Song das sein muss, wenn man ihm denn bloß mehr Raum zum Wachsen und ausschweifende Jams gewährt. Kellners Stärken liegen insgesamt aber eindeutig in akustischen Nummern (wie dem abschließenden "Ballad of a Poor Man"), die auf grobschlächtige Banduntermalung verzichten und sich auch nicht ganz so plump beim gewöhnlichen Radio-Publikum anbiedern.

Fazit

Der Regensburger Kellner serviert auf seinem Debüt so einige Schmankerl, die man sich dank seiner butterweichen Stimme wirklich auf der Zunge zergehen lassen kann. Auf der anderen Seite hinterlässt der ein oder andere Song aber auch einen faden oder gar unangenehmen Nachgeschmack. Im Endeffekt ist "This Ocean Life" einfach radiotauglicher Lagerfeuer-Pop - Sponsored by the Arbeitsamt.

Anspieltipps

See the Light

Children's Birthday Party

Zombie Attack

I Will Not

Artistpage

Kellner-Music.de

MySpace-Profil

Tracks

1.Murder of Crows
2.Bees in my Head
3.Rich Man
4.See the Light
5.Carry On
6.Oh Why
7.Children's Birthday Party
8.Infidelis
9.Zombie Attack
10.I will not
11.Moni
12.Ballad of a Poor Man

Paulina Banaszek - myFanbase
02.03.2009

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