Soundtrack meiner Kindheit (Tour Edition)

Jan Josef Liefers, der bereits seit 1999 einige CDs veröffentlicht hat, angefangen mit "Jack's Baby", ist mit dieser Tour Edition, "Soundtrack meiner Kindheit", etwas ganz Besonderes gelungen. Er interpretiert Songs von SILLY, Karat, den PUHDYS, Lift und der Gruppe Renft auf seine ganz persönliche Weise. Die genannten Bands gehörten in der ehemaligen DDR zu den bekanntesten und beliebtesten Bands und sind heute noch aktiv, was ja nach der Wende nicht so selbstverständig war. Jede Band war bereits vor dem Fall der Mauer im Westen bekannt und dort wie auch in der ehemaligen DDR mehr oder weniger in den Charts vertreten. Diese Scheibe beinhaltet neun Coverversionen von Ostrock-Klassikern.

Als ich mir diese CD kaufte, war mir besonders wichtig, dass diese Klassiker ihren Wiedererkennungswert behalten und nicht verfremdet werden. Gleich beim ersten Song konnte ich dann durchatmen, denn Jan Josef verfremdete diese Lieder keineswegs. Er verpasste ihnen keinen modernen Sound, sondern lieh ihnen nur seine Stimme und das ist auch gut so, denn so bleibt der Bezug zum Original besser bestehen. Aber es bleibt nicht aus, dass diese großartigen Stücke, die für mich ebenfalls eine Art Soundtrack der Kindheit sind, doch anders klingen, denn Jan Josef Liefers hat sich mit fünf Bands schon eine große Herausforderung gestellt.

Bereits dem ersten Song "Türen öffnen sich zur Stadt" (1974) von den PUHDYS, der aufgrund der abwechselnden Tonlagen nicht einfach zu singen ist, gibt Liefers seine eigene Note. Von den PUHDYS, die dieses Jahr bereits ihr 40. Bühnenjubiläum feiern, präsentiert Jan Josef Liefers zum Abschluss dieses Albums zusätzlich den Klassiker "Wenn ein Mensch lebt", ebenfalls aus dem Jahre 1974. Der Zuhörer merkt bei "Soundtrack meiner Kindheit", dass vor allem die Bands SILLY und Lift Liefers' Kindheit und Jugend dem Anschein nach sehr prägten, da er von beiden die meisten Songs aussuchte. Das kann man auch nachvollziehen, da vor allem SILLY sehr einschneidende Songs damals beitrug, die in die DDR-Musik-Geschichte eingingen und durch den sehr frühen, tragischen Tod von Frontfrau Tamara Danz schließlich noch legendärer wurden. Lift und SILLY gibt es wie auch die anderen Bands, die Liefers auf diesem Album covert, bereits seit Ende der 60er und Anfang der 70er Jahre.

Jan Josef Liefers hat das Album sehr abwechslungsreich aus Rock- und Popsongs zusammengestellt. "Und ich liebe dich" (1977), im Original von Karat, gefiel mir von Liefers gesungen sogar noch besser als das Original. Mit viel Hingabe und sehr gefühlsbetont interpretierte er diese wunderbare Ballade. Renfts "Als ich wie ein Vogel war" (1980) gehört zu den wenigen temporeicheren Stücken und Liefers weiß genauso gut zu überzeugen wie bei ruhigeren Songs. Seine Version braucht sich vor der Originalversion nicht zu verstecken. Besonders gefallen hat mir an seinen Interpretationen die Bestimmtheit und deutliche Aussprache, mit der er die Songs sang, sodass man wirklich jedes Wort verstand, aber ebenso seine Gefühle für diese Zeit nachvollziehen konnte.

Anschließend folgen drei Lieder von SILLY, "Wo bist du" (1996), "Schlohweißer Tag" (1986) und "Traumpaar" (1999), sowie zwei von Lift: "Am Abend mancher Tage" (1981) und "Mein Herz soll ein Wasser sein" (1995). In Liefers' Version von "Wo bist du" habe ich mich sofort verliebt, da er diesem Stück sehr viel Ausdruck und Gefühl verpasst hat, ohne es zu beeinträchtigen. Doch auch seine Coverversionen von "Am Abend mancher Tage" und "Mein Herz soll ein Wasser sein" sind so was von brillant, dass ich mich beinahe schäme, weil mir Jan Josef Liefers in den letzten Jahren als Musiker gar nicht bekannt war. Seine Darbietungen aller Stücke stellen (fast) die Originale in den Schatten.

Fazit

Ein sehr gutes Album mit einer ausgezeichneten musikalischen Zusammenstellung Liefers', die ihn an seine Kindheit erinnert. Schade, dass die CD nur neun Songs beinhaltet. Ich hoffe, es kommt in absehbarer Zeit eine Fortsetzung, welches Format auch immer… Liefers' Tourprogramm ist etwas ganz Spezielles, neben diesen und anderen Ostrock-Klassikern werden Kurzfilme, Liefers' Erinnerungen an die damalige Zeit, abgespielt, mit Anekdoten des Schauspielers, Regisseurs und Musikers.

Zu erwähnen ist noch, dass vor allem die Songs von SILLY schwer zu singen sind, da die verstorbene Sängerin Tamara Danz eine sehr spezielle, einzigartige Stimme hatte. Liefers hat es mit seinem leidenschaftlichem und ausdrücklichem Gesang geschafft, den Songs der Band seinen ganz persönlichen Stempel aufzudrücken, ohne dass sie dabei befleckt werden. Hut ab davor!

Anspieltipps

Und ich liebe dich

Wo bist du

Am Abend mancher Tage

Schlohweißer Tag

Wenn ein Mensch lebt (Live)

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