Bewertung
Avantasia

The Scarecrow

Mehr als zwei Jahre nach dem letzten Teil seiner Metal-Oper "Avantasia" schickt Tobias Sammet nun den dritten Teil in die Startlöcher und knüpft nahtlos dort an, wo er seine Fans zurückgelassen hatte.

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Melodischer Metal, gerne auch mal Power Metal genannt, erfuhr seit dem gigantischen Erfolg von Tobias Sammets Metal-Oper "Avantasia" einen unglaublichen Hype. Bands wie Within Temptation, Evanascence, Nightwish und Sonata Arctica ritten auf der Welle mit, die der Mastermind aus Fulda 2003 mit seinem gigantischen Projekt losgetreten hatte. Dies sorgte fast schon unausweichlich dafür, dass das Genre im Laufe der Zeit bei den anspruchsvollen Metal-Fans etwas an Reiz verlor, denn viele Alben klangen plötzlich unglaublich ähnlich und ungewöhnlich langweilig. Von selbst ernannten "echten" Metallern schon immer als "Soft-Rock" verschrien, schafften es einige Bands sogar bis nach ganz oben in die Hitlisten und waren plötzlich einem ganz anderen Publikum zugänglich, das es zwar rockig, aber eben nicht wirklich hart und laut wollte.

Aber es gibt sie noch - die Alben voller opulenter, kraftvoller Kompositionen mit ordentlich viel Gitarrenrock und richtig viel Power. An derartigen Alben führt für Fans des Power-Metal-Genre kein weg vorbei. "The Scarecrow", Teil drei der Metal-Oper "Avantasia", zählt auf jeden Fall dazu!

Im Vergleich zu den vorhergehenden beiden Teilen von "Avantasia" kommt "The Scarecrow" jedoch um einiges reifer daher. Es scheint fast so, als verabschiede sich Sammet ein wenig von den richtig harten Riffs hin zu knackigem Gitarrenrock, der trotzdem noch immer kraftvoll aus den Boxen dröhnt, auf Krach jedoch weitgehend verzichtet. Ist es möglich, dass Sammet ein wenig erwachsener geworden ist, fast sogar ein wenig ruhiger auf seine "alten Tage"? Tatsächlich fehlt ein richtiger Knaller wie etwa "The Seven Angels" von "Avantasia II" vollkommen. Auch der titelgebende, immerhin zwölf Minuten lange Song "The Scarecrow" schafft es nicht wirklich, so bombastisch-genial wie "The Seven Angels" zu werden, obwohl das gesamte Potential von "Avantasia III" in ihm zu erkennen ist. Keltische Melodien wechseln sich ab mit orchestralen Szenen und einem Refrain, der fast schon als Hymne bezeichnet werden könnte, und zeigen Sammets Stärken.

Nach dem ersten Durchhören der Scheibe wird klar, dass ein jeder Song das gewisse Etwas hat, um das Album letztlich, trotz der ruhigeren und besonnenerer Auswahl der Songs, doch noch zu einem richtigen Meisterwerk werden zu lassen.

Dazu tragen auch nicht zuletzt die vielen unterschiedlichen "Charaktere" der Metal-Oper bei, die bei dem dritten Teil wesentlich stärker im Mittelpunkt stehen als noch zu Beginn des Projekts. Neben den bereits aus den ersten beiden Teilen bekannten "Oldies" Michael Kiske, Oliver Hartmann und Bob Catley konnte Tobias Sammet dieses Mal außerdem eine echte Galleonsfigur des Rock für sein Werk gewinnen. Niemand geringeres als Rock-Gigant Alice Cooper gibt sich die Ehre als "Toy Master" und sorgt für ein weiteres Highlight auf der CD. Sein Song ist einzigartig, wundervoll düster und unglaublich melodisch zugleich. Ein wahrer Glücksgriff also. Unglaublich anders und doch absolut passend ist auch Sammets Duett mit Songwriterin und Vocalcoach Amanda Somerville, die dem europäischen Metalfan sicherlich nicht unbekannt sein dürfte. "What kind of Love" hat beinahe schon Soundtrack-Charakter, tut der Komposition jedoch keinem Abbruch, sondern trägt die aufgebaute Stimmung der Charaktere ohne Umschweife auf die Zuschauer weiter.

Mittendrin gibt es mit "Devil in the Belfry" fast schon wieder das altbekannete Edguy-Feeling, mit schnellen Rhythmen, Sammets großartiger Stimme und einem Refrain, der nach zwei Mal hören zum Mitsingen einlädt. Auf einer Sammet-Scheibe darf ein solcher Song natürlich nicht fehlen, denn genau das ist es, was Sammet perfekt beherrscht.

Das fast schon etwas poppig anmutende Schlusswort hat am Ende natürlich Mastermind Sammet selbst und manövriert sich mit "Lost in Space" in eine Ecke, die ihm die eine oder andere kritische Stimme eingebracht hat. Als "0815-Rock", "Radio-Metal" und "komerzieller Rock" wurde der Song beschimpft. Und auch wenn er aufs erste Hören nicht unbedingt 100%ig in das "Avantasia"-Schema passt, so hat "Lost in Space" doch irgendwie seine Daseinsberechtigung und rundet das Album gekonnt ab.

Fazit

Unglaublich! Ich ziehe meinen imaginären Hut vor Tobias Sammet, der einmal mehr bewiesen hat, dass sich Power Metal, bombastische Chöre und eine interessante Geschichte nicht ausschließen müssen. Einfach nur fantastisch!

Anspieltipps

What Kind of Love

The Toy Master

Devil in the Belfry

Tracks

1.Twisted Mind
2.The Scarecrow
3.Shelter From The Rain
4.Carry Me Over
5.What Kind Of Love
6.Another Angel Down
7.The Toy Master
8.Devil in the Belfry
9.Cry Just A Little
10.I Don't Believe in Your Love
11.Lost in Space

Melanie Wolff - myFanbase
27.01.2008

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