Bewertung
Florian Henckel von Donnersmarck

Leben der Anderen, Das

"Wenn Sie wissen wollen, ob jemand schuldig ist oder unschuldig, gibt es kein besseres Mittel als ihn zu befragen, bis er nicht mehr kann." - HGW XX/7

Foto: Copyright: Walt Disney Studios Motion Pictures Germany
© Walt Disney Studios Motion Pictures Germany

Inhalt

Ost-Berlin, November 1984: Stasi-Hauptmann Gerd Wiesler (Ulrich Mühe) ist ein linientreuer Staatsbürger, immer bereit sich für die Prinzipien der DDR einzusetzen – ein Roboter der Macht. So unterrichtet Wiesler angehende Mitarbeiter der Staatssicherheit wie man Angeklagte erfolgreich verhört. Sein Vorgesetzter, Oberstleutnant Anton Grubitz (Ulrich Tukur), setzt Wiesler auf den Theaterschriftsteller Georg Dreymann (Sebastian Koch) an, der als einziger regimetreuer DDR-Schriftsteller Erfolge im Westen feiern kann. Gegen Dreymann liegt eigentlich kein Verdacht vor, aber Kultusminister Bruno Hempf hat ein Auge auf seine schöne Freundin Christa-Maria Sieland (Martina Gedeck) geworfen und will Dreymann aus dem Weg geräumt haben.

So beginnt Wiesler, das Leben der Anderen zu bespitzeln und baut sich im Dachgeschoss von Dreymanns Mietshaus ein Abhörbüro auf, in dem er fortan abwechselnd mit einem Kollegen das Geschehen in der Dreymannschen Wohnung verfolgt. Wiesler ist es auch, der Christa-Marias Affäre mit Kultusminister Hempf aufdeckt, die sich davon erhöhte Karrierechancen verspricht. Wiesler sorgt dafür, dass Dreymann Wind von der Sache bekommt.

Georg Dreymann, zu Beginn des Films ein großer Idealist, verändert sich zunehmend, nachdem sich sein bester Freund, der Regisseur Albert Jerska, mürbe geworden und jeglicher Hoffnung beraubt, nach zehn Jahren Berufsverbot erhängt. Dreymann beschließt daraufhin, einen Artikel über Selbstmorde in der DDR zu verfassen und ihn unter falschem Namen im Spiegel zu veröffentlichen. Wiesler ist da schon längst im Bilde, was in Dreymanns Wohnung vor sich geht, beginnt aber zunehmend seine Berichte zu fälschen, fasziniert von der künstlerischen Welt und seinen zwischenmenschlichen Beziehungen, die dem allein Lebenden und nur auf den Job fokussierten Wiesler so fremd sind. Doch auch er kann nicht verhindern, dass die Stasi die Schlinge um Georg Dreymann immer enger zieht...

"Das Leben der Anderen" wurde mit einem Oscar in der Kategorie "Bester ausländischer Film", drei Europäischen, sieben Deutschen und vier Bayrischen Filmpreisen ausgezeichnet.

Kritik

Alle nostalgischen Gefühle in Ehren – jeder, der sich heute noch in einem Anfall von verklärter Sehnsucht die DDR zurückwünscht, sollte sich diesen Film ansehen. Mir, als ehemaligem Bürger dieses Landes, läuft jedes Mal ein Schauer über den Rücken, wenn ich daran denke, wie perfide die Mitarbeiter der Staatssicherheit ihr eigenes Volk bespitzelten.

"Das Leben der Anderen" reiht sich ein in die Reihe erfolgreicher deutscher Filme, die sich in den vergangenen Jahren mit der Aufarbeitung dieses jüngeren Teils der deutschen Geschichte befasst haben – und er ist mit Abstand der beste.

Florian Henckel von Donnersmarck gelingt es mit seinem Regiedebüt auf beeindruckende Art und Weise die Zerrissenheit der DDR-Bürger zwischen Wahrheit und allzu oft notwendiger Lüge, der Schere zwischen Fiktion und Realität zu schildern. Das gilt sowohl für Dreymanns Nachbarin Frau Meineke, die von der Observierung weiß und nach der Bemerkung von Dreymann ("Das bleibt aber unser Geheimnis") – sie hatte ihm beim Schlips binden geholfen – nicht mehr in seine Augen schauen kann, als auch für den Schriftsteller selbst, der nach dem Tod seines besten Freundes in Gewissenskonflikte kommt und anfängt Position zu beziehen und nicht zuletzt auch für Gerd Wiesler, der immer mehr in die zwischenmenschliche Welt eintaucht.

Eine Szene, die mir ganz besonders in Erinnerung bleiben wird, ist die, in der Wiesler zusammen mit einem Kind im Aufzug fährt und das Kind ihn fragt, ob er wirklich für die Stasi arbeitet, wo es seinem Papa zufolge "schlimme Männer gibt, die andere einsperren." Man sieht, wie Wiesler mit sich ringt, aber letzten Endes das Kind nicht nach dem Namen seines Vaters fragt – ein erstes Anzeichen, dass Wiesler von seiner Linie abweicht.

Der interessanteste Aspekt des Filmes ist sicherlich, welche charakterlichen Veränderungen sowohl Wiesler als auch Dreymann durchmachen. Zunächst Perfektionisten, Dreymann in der Welt der Kunst und Wiesler auf Seiten der Regierung, weichen beide zunehmend von ihren Idealen ab. Vor allem die Tatsache, dass ein inoffizieller Mitarbeiter der Staatssicherheit Berichte zugunsten seines potentiellen Opfers verfälscht, man ihm sozusagen ein Gewissen und Menschlichkeit zugesteht, ist bemerkenswert und macht diesen Film so einzigartig.

Fazit

Von der ersten bis zur letzten Minute ein brillanter Film, dem es gelingt, ohne Spezialeffekte, sondern allein durch die Dialoge und dem bemerkenswerten Schauspiel der Hauptdarsteller zu glänzen, der eine Geschichte erzählt ohne zu verurteilen. "Das Leben der Anderen" ist einer der besten deutschen Filme aller Zeiten und zu Recht mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet worden.

Danielle Scherbaum - myFanbase
27.02.2007

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