Bewertung
April Mullen

Below Her Mouth

Was sind wir bereit, für wen wieso aufzugeben? "Below Her Mouth" gibt nicht direkt eine Antwort, liefert aber einige schöne Bilder.

Foto: "Below Her Mouth" (DVD) - Copyright: Universum Spielfilm
"Below Her Mouth" (DVD)
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Inhalt

"Below Her Mouth" steigt gleich voll ein – mit dem Orgasmus von Joslyn (Mayko Nguyen) und der Frage an ihre Partnerin Dallas, ob sie gekommen sei ("Ein bisschen."). Es entbricht ein sinnloser Streit, der zur Trennung führt, und irgendwie ist es der blonden Dachdeckerin dann auch egal, denn sie muss zur Arbeit.

Dabei fällt ihr Blick immer wieder auf Jasmine, die in der Nachbarschaft ihrer Baustelle wohnt – Moderedakteurin, natürlich, und nicht komplett abgeneigt, sie näher kennenzulernen. Trotz – oder wegen? – ihres Verlobten Rile (Sebastian Pigott). Zunächst wirkt Jasmine unzugänglich, doch auf einer "Girlparty", zu der sie von ihrer besten Freundin geschleppt wird, entwickelt sich ein Fang-mich-doch-Spiel, das letztlich in einem Date und in einer intensiven Zeit zusammen endet, während Rile die Hochzeit plant.

Kritik

Modelnde, queere Schauspielerinnen sind nichts Neues - man nehme Cara Delevigne, der man manche Filmfigur abnimmt, als wäre sie für diese geschaffen worden. Erika Linder hingegen hat letzteres zumindest in diesem Sinne mit ihrem Charakter gemein, dass Dallas (benannt nach der berühmten Serie) ebenfalls schwedischer Herkunft ist.

Ansonsten soll Dallas eine typische "Stone Cold Butch" sein – der Mythos der burschikosen Lesbe ohne Gefühle. Das klappt nicht so richtig. Einer – wenn auch eher in der androgynen Schublade einzuordnen – Katherine Moennig hätte man zu "The L Word" Zeiten bedingungslos den Satz "Weil du ohne mich besser dran bist" abgenommen. Aus Erikas Mund fehlt der Schwermut und nach 92 Minuten auch ein wenig die Begründung. Im Großen und Ganzen wirkt Dallas nichts anderes als unreif.

In Sachen diverser Besetzung macht "Below Her Mouth" alles richtig, speziell mit dem Cast von Mayko Nguyen, hat der nordamerikanische Film doch ohnehin Schwierigkeiten, Schauspielern asiatischer Herkunft ein Forum zu bieten. Dennoch ist der komplett weiblichen Produktionscrew anzukreiden, dass beizeiten sehr viel falsch läuft. Speziell das, was ich gerne "ästhetisches Durchturnen" nenne – siehe ebenso: "Die Taschendiebin" von Anfang des Jahres.

Erotische Darstellung in allen Ehren, doch alleine die Masturbationsszene Jasmines zu Beginn sieht, gelinde gesagt, sehr anstrengend aus. Dabei ist vor allem die Kameraführung manchmal unangenehm intim. Dallas hingegen ist übermäßig viel nackt oder nur in Unterwäsche gekleidet, als wolle der Film damit ihre zügellose Art unbeholfen unterstreichen.

Zudem tappt "Below Her Mouth" in sehr viele Klischeefallen. Sicher, was macht ein Klischee zum Klischee? Aber dennoch nervt eine Überstrapazierung doch. Toy in der Hose schön und gut, aber als wirklich den ganzen Abend über getragen – das kombiniert mit der Frage "Wärst du lieber ein Junge gewesen?" – wirft die komplette Identifikation der burschikosen Frau, die ganz Frau ist, um Lichtjahre zurück.

Dafür stimmt das Feeling eines Indiefilms – sei es die Stadtkulisse von Toronto, interessantes, buntes Licht, ruhige Musik, Dialoge, die poetisch klingen möchten. Erfrischend dabei ist auch, dass "Below Her Mouth" weniger ein "But we're both girls!" als ein "Der mysteriösen Dallas hinterherjagen" ist, denn Jasmine hat schon als Mädchen wenig erfolgreich versucht, Erfahrungen mit einem anderen Mädchen zu sammeln, niedergeschlagen von ihrer Mutter. So bleibt nach Filmende Ratlosigkeit zurück, wenn auch das Ende zufrieden stimmt.

Fazit

Für ein Erotikdrama, mit Betonung auf dem letzten Teil des Wortes, ist die Handlung extrem flach. Als Pluspunkt muss man "Below Her Mouth" eingestehen, dass Dallas' Familiengeschichte sehr eingehend eruiert wird. Ein großes Minus ist allerdings vor allem Jasmines Gefühlwelt: Natalie Krill hat gar nicht die Gelegenheit, vollständig auszuspielen, wie man vom Freak-Out über den ersten Kuss dazu kommt, doch relativ schnell den Verlobten nach sieben Jahren Beziehung zu betrügen. Man sieht sowohl davor, als auch danach zu wenig von ihm, als dass man so richtig verstehen könnte, wo das große Problem der Beziehung liegt (zumindest hat sie wegen ihm einen Job in New York nicht angenommen), mal abgesehen von Torschusspanik und der Verliebtheit in Dallas auf Knall und Fall. Andere Details stimmen jedoch wieder – Dallas' erlösender Orgasmus, ihr kleines, trauriges "Ja", als ihre beste Freundin anmerkt, dass Jasmine hetero sei. Aber so bleibt "Below Her Mouth" weit unter den Erwartungen.

Technische Details

Bildformat: 2,40:1 (16:9 anamorph)
Tonformat: DD 5.1, Stereo
Sprachen: Deutsch, Englisch
Untertitel: Deutsch
Extras: Trailer, Trailershow, Wendecover

Simone Bauer - myFanbase
14.08.2017

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