Bewertung
Jalil Lespert

Yves Saint Laurent

Während sich manche Modebiopics auf gewisse Lebensabschnitte konzentrieren, springt "Yves Saint Laurent" durch das gesamte Leben desselbigen. Dabei kommt keine Phase zu kurz.

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Inhalt

Yves Saint Laurent war ein Modegenie, das sich immer wieder neu erfunden hat. Trotz aller Rückschläge hat sein Lebensgefährte Pierre Bergé stets an ihn geglaubt – dieser Film ist ein Zeugnis Saint Laurents Lebens, Schaffens, Liebens.

Kritik

Der Film wird aus der Sicht Pierre Bergés erzählt, doch wir treffen Yves Saint Laurent zunächst, als er noch nicht seinem zukünftigen Lebensgefährten und Geschäftspartner begegnet ist. Er ist in Oran, Algerien, bei seinen Eltern, es tobt der Krieg, er fürchtet um seine Familie. Später wird dies zum großen Thema – Saint Laurent ist fragil und hat Angst, eingezogen zu werden. Dafür wird er von der Presse gescholten werden – und als er schließlich in den Krieg zieht, wird er manisch-depressiv zurückkehren. Diese Situation Anfang der 50er Jahre ist vielleicht nicht für alle Zuschauer gleich zugänglich, aber das macht nichts: Es ist wohl viel wichtiger, ihn zu Beginn als den Zeichner zu sehen.

Der schüchterne Kerl ist einer, der wie ein Besessener arbeitet. Der so sehr Wunderkind ist, dass er der jüngste Chefdesigner Diors wird. Bei seiner ersten Modenschau in Paris – bei der man deutlich die Unterschiede zu heutigen Haute-Couture-Runways erkennt, allerdings auch schon die damalige Wichtigkeit der Platzordnung -, wird Bergé ihn zum ersten Mal sehen und dieser Moment wird extrem intensiv inszeniert. Doch zunächst wird das gemeinsame Dinner nicht gleich ein Märchen-Date. Bergé passiert ein Fauxpas, eine Beleidigung, und doch kommt Saint Laurent ihn in der Provence besuchen. Es folgt bald schon der erste leidenschaftliche Kuss zwischen den beiden.

Zurück aus dem Kriegsgebiet verliert Saint Laurent seine Stelle bei Dior – und Bergé klagt. Mit dem Geld aus dem Prozess wird die Marke Yves Saint Laurent gegründet. Immerhin hatte der Exzentriker schon immer Probleme, wenn ihm jemand reinredete, und so kann er nun sein eigener Herr sein. Er überarbeitet sich – und hat er einst Alkohol abgelehnt, sagt ihm das Trinken nun zu.

Bergé wird eifersüchtig auf Saint Laurents langjährige Muse Victoire – sie schlafen miteinander und Saint Laurent wird untreu. Victoire wird rausgeschmissen, in einer Disko findet das Ausnahmetalent nach Phasen der Inspirationslosigkeit Betty. Er wendet sich dem Prêt-à-porter zu, erschafft in den 60er Jahren Silhouetten, wie man sie an Twiggy kennt, wird von Andy Warhol gemalt. Nicht nur sein Haar wächst, auch er.

Manchmal geht das alles etwas zu schnell – wie viele Eklats gibt es zwischen den beiden Liebenden? Wann sind sie fest zusammen und wann nicht? Vielleicht schwamm es so sehr, dass Bergé, der den Film freigab, es selbst später nicht mehr wusste. Jedenfalls gibt es eine Auszeit in Marrakesch und neue Inspirationen: Saint Laurents Mode wird androgyn, er kreiert den Smoking für die Frau. Doch die Drogen, vor allem Koks, nehmen die Überhand. Bergé schottet ihn ab, es eskaliert immer wieder. Saint Laurent war stets extrem - und laut seinem Partner nur glücklich im Frühjahr und im Herbst, wenn er es gezeigt hat.

Fazit

Als Biopic setzt "Yves Saint Laurent" jede Ära perfekt in Szene. Die Atmosphäre, die Mode natürlich, die Musik, die durchaus rockig sein kann, stimmen von Anfang bis zum Schluss. So ist die letzte Show Saint Laurents heilig wie ein Gottesdienst inszeniert – und die letzte Szene des Films rührt zu Tränen. Die Melancholie und die Konflikte im Film überwiegen – so wird auch kurz das Mobbing Homosexueller in den 50er Jahren angesprochen, das sehr heutigen Situationen ähnelt, trotz fortgeschrittener Aufklärung. Zudem spielt Pierre Niney Saint Laurent mit großer Intensität und auch das Synchronstimmchen von Louis Friedemann Thiele gibt einiges her. Der Text im Abspann erinnert erneut daran, dass Saint Laurent Mode fürs Museum geschaffen hat – und der Film ist ein Beweis seiner vielfältigen Schaffenskunst.

Simone Bauer - myFanbase
11.09.2014

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