Bewertung
Dennis Gansel

Wir sind die Nacht

"Menschen gehen so schrecklich schnell kaputt."

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Inhalt

Die kleinkriminelle Lena (Karoline Herfurth) fällt durch ihre Diebstähle ins Visier des Berliner Kommissars Tom (Max Riemelt). Gerade, als sich die beiden näher kommen, trifft Lena im Club auf die moderne Louise (Nina Hoss), die sie fasziniert. Plötzlich wird Lena von ihr gebissen und muss schockiert feststellen, dass Louise ein Vampir ist. Zusammen mit den Vampirfreundinnen Charlotte (Jennifer Ulrich) und Nora (Anna Fischer) macht Louise die Berliner Gegend unsicher, raubt Modeboutiquen aus und lebt nach ihren eigenen Regeln. Gezwungenermaßen muss Lena sich mit ihrem neuen Dasein abfinden und fängt langsam an, sich in ihr neues Leben mit viel Luxus und Glamour einzugewöhnen. Doch Tom hat längst die Spur aufgenommen und wird der Anführerin Louise zunehmend ein Dorn im Auge.

Kritik

Das Vampirfieber hat nun auch die deutsche Filmindustrie gepackt. Nach der populären "Twilight"-Reihe überwog die Skepsis, ob "Wir sind die Nacht" nicht nur ein billiger Abklatsch einer ähnlich kitschigen Liebesgeschichte sein würde. Doch der erste Eindruck ist überraschend positiv. "Wir sind die Nacht" beweist, dass deutsche Filme sehr wohl mehr Beachtung im Kino finden sollten. Dabei stand die Realisierung des Projekts lange auf der Kippe. Doch als Regisseur Dennis Gansel im Kino mit "Die Welle" erfolgreich wurde, gab man ihm für die Berliner Vampirgeschichte grünes Licht. Der deutsche Vampirfilm unterscheidet sich glücklicherweise mit den altbekannten Vampirfilmen aus den letzten Jahren und bringt frischen Wind in das Genre.

Zu allererst fällt die Optik auf, die einen positiven Eindruck hinterlässt. Natürlich gibt es Effekte, die zum Einmaleins eines Vampirfilms dazugehören wie etwa spritzendes Blut, schwebende und springende Vampire und die rasend hohe Geschwindigkeiten. All das wird auch in diesem Film geboten, wobei die Macher nie in Richtung Splatter abdriften und dennoch die Atmosphäre düster halten. Die Nachtaufnahmen in der Großstadt Berlin und die daraus ergebenden Lichtreflektionen wurden clever genutzt und verleihen somit der Stimmung zusätzlich Mystik. Die Inszenierung als auch der Soundtrack sind also rundum gelungen.

Auch wenn die Geschichte auf den ersten Blick nicht sehr einfallsreich erscheint und sie vor allem zu Beginn sehr vorhersehbar ist, werden diese Tatsachen mit den interessanten Charakteren retuschiert. Die Beziehung zwischen Lena und Tom ist genau so schön anzusehen wie die Eskapaden der Vampirclique. Der Film pendelt gekonnt zwischen diesen beiden Storylines. Die starken weiblichen Charaktere stehen im Fokus und besonders können Louise und Charlotte herausstechen. Beide Figuren zeigen das Schattenleben der Unsterblichkeit auf und in ihrer besonders tiefgründigen Beziehung geht der Schmerz über das ungewollte Dasein von der Leinwand direkt auf den Zuschauer über. Dadurch findet ebenfalls die erste unerwartete Wendung statt, was dem Film in der zweiten Hälfte und vor allem gegen Ende hin noch spannender macht.

Die Vampirinnen Louise und Charlotte als auch ihre Darstellerinnen Nina Hoss und Jennifer Ulrich sind die wahren Stars des Films und überzeugen mühelos mit ihrer Präsenz. Karoline Herfurth dagegen schwächelt als Hauptdarstellerin. Durch ihren Charakter der Lena wird der Zuschauer in das Vampirleben eingeführt, aber ihr fehlt der gewisse Biss, um sich vollkommen mit der Figur identifizieren zu können. Anna Fischers Charakter als Partygöre kommt eher als Störfaktor rüber, die für ein paar Lacher gut ist, aber ansonsten nicht viel zur Handlung beiträgt. Dennis Gansel greift mit Max Riemelt auf sein altbewährtes Personal zurück und an dessen solide Darstellung als verständnisvoller Polizist gibt es nichts auszusetzen.

Das Ende hätte viel ruinieren können, wenn man bedenkt, wie solche Vampirfilme des Öfteren ausgehen. Beim Showdown hat man wieder alles richtig gemacht und abermals mit einer interessanten Wendung die Zuschauer am Ende zufrieden gestellt. Letztlich konnte die Liebesbeziehung zwischen Lena und Tom überzeugen, ohne zu sehr ins Klischee zu verfallen. Zu Beginn überzeugt sie mit kecken und witzigen Dialogen, während sie zum Schluss mit viel Gefühl und ohne vieler Worte auskommt. Allerdings hätte man insgesamt ruhig mehr wagen können.

Fazit

"Wir sind die Nacht" hat großen Unterhaltungswert mit kleinen Schönheitsmakeln, überrascht aber mit interessanten Charakteren und einer gelungenen Inszenierung mitten in der Großstadt Berlin.

Tanya Sarikaya - myFanbase
19.05.2013

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