Bewertung
Pavel Lungin

Conductor, The

"Jeder da draußen hat Angst vor ihnen und ich bin keine Tomate, die man einfach so zertreten kann, um den Saft heraus zu pressen. Aber genau das tun sie! Sie saugen mir das Blut aus meinen Adern und lassen dann das Stück getrocknete Fleisch einfach auf dem Boden liegen!"

Inhalt

Vjacheslav Petrov (Vladas Bagdonas) ist ein berühmter und äußerst erfolgreicher Dirigent. Eines Morgens erhält er ein Fax, das ihn sehr verstimmt. Er erscheint nicht einmal zu der Generalprobe seines Orchesters, wodurch sein Gehilfe Puschenkov (Sergej Barkovskij) nach ihm schauen geht. Anstatt dass Petrov ihm Rechenschaft ablegt, ordnet er seinem Gehilfen an, die Abreise für das Orchester nach Jerusalem vorzubereiten. Zur Generalprobe erscheint er dann doch, nur um diese dann abzubrechen und allen Beteiligten die verfrühte Abreise mitzuteilen. In Jerusalem angekommen begibt sich Petrov nicht sofort in sein Hotel, sondern in ein Gebäude, welches im ärmeren Viertel Jerusalems liegt. Dort trifft er auf eine Gruppe von Drogensüchtigen. Sie haben ihm das Fax zukommen lassen, in welchem stand, dass sein Sohn tot sei. Nun möchte er von eben diesen wissen, wo sein Sohn tatsächlich steckt.

Kritik

Dieser Streifen ist kein Film der vielen Worte, und doch ein Film mit starker emotionaler Bindungskraft. Dies gelingt durch drei wesentliche Punkte. Der erste Punkt ist eben der Verzicht auf lange Dialoge, der zweite sind die inszenierten Abläufe in und um Jerusalem, welche durch den dritten Punkt - die Musik – wunderbar umrahmt wird. Diese Musik, wie sollte es anders sein bei einem Film welcher den Titel "Der Dirigent" trägt, ist klassischer Natur und manchmal sind es auch einfach nur russisch-orthodoxe Kirchengesänge.

Der Regisseur Pavel Lungin hat für diesen Film einen Charakter erschaffen, der beängstigend und zugleich schwach ist und um die Persönlichkeit dieses Menschen ansatzweise zu begreifen, reicht es auch völlig aus, ihn in diesen kurzen 80 Minuten zu beobachten. Trotzdem bleibt etwas mystisches an der Person Petrov hängen, was unter anderem mit einer Zeichnung von ihm verdeutlicht wird. In dieser Zeichnung sieht man ihn, wie er tot auf dem Boden liegt und dabei an ein Abbild Jesu erinnert. Diese Zeichnung entstammt aus den Händen seines Sohnes, was noch deutlicher die Situation beschreibt, in welcher sich das Leben von Petrov befindet, und wie er von allen Menschen um ihn herum wahrgenommen wird.

Zur Hauptgeschichte reiht sich noch ein Nebenschauplatz hinzu, welcher von dem Paar Alla und Nikodimov handelt. Ihre Beziehung steckt in einer Sackgasse, was durch viele Kleinigkeiten angedeutet wird, wie beispielsweise der Umstand, dass sie nicht zwei Plätze nebeneinander im Flugzeug haben. Nikodimov macht dadurch im Flugzeig eine neue Bekanntschaft mit der attraktiven Olga, welche einer Einladung zum Konzert des Orchesters nicht abgeneigt reagiert. Durch solch subtile Gegebenheiten und der aussagekräftigen Mimik der Schauspieler Inga Strelkova-Oboldina und Karen Badalov wird dieser mit Symbolen und Metaphern durchzogene Film noch nervenaufreibender, als er durch die Haupthandlung eigentlich schon ist.

Die elementare Frage dieses Filmes ist es aber nicht, welche Probleme sich diese Charaktere stellen müssen, sondern eine andere, zutiefst schwierige. Wie viel Macht und Einfluss haben Handlungen und Entscheidungen für den weiteren Verlauf des eigenen Lebens und den eines anderen Menschen, und wenn es dabei einen Zusammenhang geben sollte, wie viel Schuld oder Unschuld trägt dann eben jede dieser Entscheidungen? Eine Frage, auf die dieser Film zwar keine klaren Antworten gibt, doch vor unverkennbare Anzeichen wie dem eines Selbstmordattentäters keine Scheu zeigt.

Fazit

Beklemmendes Drama mit ausgeprägter Symbolik und Metaphorik als auch ausgezeichneter Schauspielkunst.

Ignat Kress - myFanbase
19.12.2012

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