Bewertung
Adam Elliot

Mary und Max - oder: Schrumpfen Schafe, wenn es regnet?

"Mary Dinkles Augen ähnelten schmutzigen Pfützen und auf ihrer Stirn hatte sie ein kackafarbenes Muttermal."

Foto: Copyright: 2012 ASCOT ELITE Home Entertainment GmbH
© 2012 ASCOT ELITE Home Entertainment GmbH

Inhalt

Die kleine Mary hat es nicht leicht im Leben: Sie ist keine Schönheit und wird dafür ständig gehänselt. Ihr schlechtes Elternhaus macht die ganze Sache nicht besser. Während ihre Mutter Kette raucht und den ganzen Tag Sherry "probiert", beschäftigt sich ihr Vater mit dem Ausstopfen toter Vögel, wenn er nicht gerade in der Fabrik Fäden an Teebeutel heftet. Mary hat keine Freunde und, wie ihr Stimmungsring deutlich zeigt, auch keine Freude. Niemand ist da, der ihre etlichen Fragen über das Leben und die Welt beantworten könnte. Woher kommen die Kinder? Schrumpfen Schafe, wenn es regnet? Wie kann man es nur schaffen, dass einen die anderen Kinder nicht mehr hänseln? All das sind Fragen, die Mary auf der Seele brennen.

Ihr Opa sagt, in Australien kämen die Kinder aus Bierkrügen und da beschließt sie, mal einen echten Amerikaner zu fragen, woher denn die Kinder kommen. Sie sucht irgendeinen Namen aus dem Adressbuch und verfasst einen Brief. Dieser landet ausgerechnet bei Max, der unter dem Asperger-Syndrom leidet, was ihm schwer zu schaffen macht. In ihm kommen Kindheitserinnerungen hoch und es fällt ihm schwer, Marys Fragen zu beantworten. Doch nach der ersten Panikattacke fasst er sich ein Herz, antwortet Mary und das ist der Beginn einer seltsamen, faszinierenden und sehr wertvollen Freundschaft.

Kritik

Das Cover verspricht eine Komödie à la "Wallace and Gromit". Da sollte man sich jedoch nicht zu sehr drauf verlassen, denn bis auf die Knetfigurenoptik haben die beiden Filme nicht allzu viel gemein. Ganz unkonventionell wird der Film zum Großteil von einem Erzähler aus dem Off kommentiert. Es gibt nur sehr wenig direkte Sprache und eigentlich keine Dialoge. Zu Beginn meint man noch, dass einen das bald stören würde, doch man gewöhnt sich erstaunlich schnell daran und irgendwie ist diese Erzählweise auch mal was ganz anderes.

Die gesamte Machart des Films ist eigentlich sehr eigen. Ob Farbwahl, Darstellung von Erinnerungen und Gedanken, Rückblenden, Montage - dafür, dass es sich augenscheinlich um eine Animation handelt, wird der Analysefreund erstaunlich viele filmische Kniffe entdecken. Auch die Geschichte ist sehr nachvollziehbar, liebevoll erzählt und logisch aufgebaut. Es gibt lediglich einen Punkt, der hier stört: Schon in seinen frühen Briefen schreibt Max, dass er sich überhaupt nicht krank oder behindert fühle und nicht finde, dass er geheilt werden müsse. Mary schreibt schließlich ihre Doktorarbeit über das Asperger-Syndrom, ist sehr erfolgreich damit und schickt Max das erste Exemplar ihres Buches, handsigniert. Dieser ist natürlich verletzt und die Freundschaft der beiden steht auf der Kippe. Doch Mary hat sich jede Einzelheit aus Max' Briefen gemerkt, sie hat sie aufgesogen und Wert geschätzt, warum konnte sie sich an diese wichtige Aussage nicht erinnern? Für mich ist hier ein kleiner Logikfehler und der führt vor allem zu einem Verlauf der Geschichte, der den lustigen Anteil dieser Drama-Komödie hinter sich lässt.

Damit zum nächsten Kritikpunkt: Wer sich nur auf das Cover verlässt, könnte möglicherweise eine falsche Vorstellung über den Film haben. "Mary und Max" ist stellenweise lustig, vor allem etwas verrückt und auf unterhaltsame Art seltsam, letztlich ist es aber doch auch ein Drama mit viel Ernsthaftigkeit hinter der Knetfigurenmaskerade. Auf das, was da kommt, ist man irgendwie nicht richtig vorbereitet. Die Idee, ernste Themen wie Krankheit, Verrat, Freundschaft und Liebe in einer mehr oder weniger (meist weniger) bunten Knetwelt darzustellen, finde ich an und für sich super. Man sollte jedoch deutlich machen, worauf sich ein Zuschauer da einlässt.

Der Film selbst ist aber in sich stimmig und sehr intelligent gemacht. Er überzeugt mit seinem schrulligem Humor, den starken Charakteren und dem Mix aus Humor, Tragik und Verrücktheit. "Mary und Max" hat eine ganz eigene Art seine Geschichte zu erzählen und kann, wenn man das Kommende erwartet, durchaus unterhalten.

Fazit

"Mary und Max" ist eine skurrile Mischung aus Animationsfilm, Komödie und Drama mit überraschenden Wendungen, schrägem Humor, vielen Emotionen und einigen ernsten und manch nicht so ernst zu nehmenden Lektionen über das Leben.

Janina Funk - myFanbase
21.09.2012

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