Bewertung
Nikolaus Stein von Kamienski

Bis nichts mehr bleibt

"Ron sagt, wer die totale Freiheit will, muss die totale Disziplin akzeptieren oder Scientology wird untergehen."

Foto: Copyright: 2011 ASCOT ELITE Home Entertainment GmbH
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Inhalt

Frank Reiners (Felix Klare) ist verzweifelt, denn er hat den größten Fehler seines Lebens begangen und dafür bereits einen hohen Preis bezahlt. Fünf Jahre lang war er Mitglied bei Scientology, warb sogar seine damalige Ehefrau Gine (Silke Bodenbender) an. Während deren anfängliche Skepsis mit der Zeit in glühenden Fanatismus umschwang, wurden Franks zunächst leise Zweifel immer drängender. Zwar hat er mittlerweile den Ausstieg geschafft, doch der Kampf um das alleinige Sorgerecht für die gemeinsame Tochter Sarah (Lale Kan) ist noch nicht vorbei...

Kritik

Ein unsterbliches Wesen, als Thetan bezeichnet, wohne einem jedem Menschen inne. Aber durch vor Millionen von Jahren zugefügte, schwere Traumata, sind die Thetane in ihrer Funktion schwer beeinträchtigt. Scientology biete nun die Möglichkeiten, besagte Funktion zu regenerieren, was zur erhöhten Lebensqualität unsereins führe. Soweit die grobe Zusammenfassung der zentralen Lehre der überaus umstrittenen Organisation.

Schon im Vorfeld seiner TV-Premiere sorgte "Bis nichts mehr bleibt" für Aufsehen. Basierend auf den Erinnerungen ehemaliger Scientology-Angehöriger wurde unter falschem Arbeitstitel gedreht. Als herauskam, wovon der vermeintliche "Tatort" in Wahrheit handelte, gab die Sekte eine Pressekonferenz und drehte ihrerseits einen Gegenfilm. An der erschütternden Wirkung des Films konnten und können diese Maßnahmen freilich nichts ändern.

In den USA als Religion anerkannt, wird Scientology hierzulande in gleich mehreren Bundesländern vom Verfassungsschutz beobachtet. In der Diskussion um ein Verbot der von dem Science-Fiction-Autor Layette Ron Hubbard 1952 gegründeten Gemeinschaft stehen immer wieder die Fragen, wie menschenverachtend Glaubensinhalte, Rituale sowie die Behandlung aktiver und ehemaliger Mitglieder seien. Die Antworten, welche "Bis nichts mehr bleibt" gibt, sind eindeutig. Der Film möchte nicht nur aufklären, sondern auch eindringlich warnen. Auf eine reißerische Erzählweise wird dabei konsequent verzichtet. Ruhig werden die befremdlich wirkenden Praktiken (zum Beispiel stundenlanges sich gegenseitiges Anstarren) dargestellt. Die glaubwürdige Schilderung von Franks Eintritt in die Sekte und seine nach und nach aufkeimenden kritischen Gedanken erzeugt eine fortwährende Spannung.

Es ist kein bestimmtes Ereignis, das Frank dazu bewegt, die Organisation zu verlassen. Stattdessen handelt es sich bei seinem Ausstieg um einen längeren Ablöseprozess, dem verschiedene Beobachtungen und Erfahrungen vorausgehen. Die erschreckenden Wesensveränderungen Gines, auch gegenüber der Tochter, machen dabei wohl den Großteil aus. Plötzlich erkennt Frank seine eigene Frau nicht wieder. Ihr Leben widmet sie vollends Scientology, gibt gar für die Sekte in nur anderthalb Jahren 100.000 DM aus.

Felix Klare erweist sich als ideale Besetzung. Er verkörpert den zu Beginn des Dramas eher orientierungslosen, von einem geregelten Leben weit entfernten Studenten glaubhaft und strahlt zudem eine hohe Natürlichkeit aus. Diese wiederum fehlt Silke Bodenbender komplett. Zwar agiert sie passabel, doch fällt ihre gekünstelte Sprechweise durchweg unangenehm auf. Die restlichen Nebendarsteller verstehen dagegen zu überzeugen, mit Ausnahme von Victoria Trauttmansdorff als Richterin. Die Nachfragen jener Figur und die darauffolgenden Antworten der Anwältin Franks (verkörpert von Suzanne von Borsody) sollen dem Zuschauer Wissen über die Inhalte Scientologys vermitteln. Doch durch Trauttmandorffs ungelenktes Spiel erhalten besagte Dialoge einen allzu aufgesetzt erscheinenden Lehrbuchcharakter.

Fazit

Das tragische Schicksal einer Familie, die in die Fänge der Scientology-Kirche gerät, ist spannend und berührend, aber niemals reißerisch erzählt. Ein kluger und mutiger, manchmal jedoch allzu belehrend wirkenden Film, in dem nicht alle Mimen die Natürlichkeit des überzeugenden Hauptdarstellers besitzen.

Maren Langos - myFanbase
02.10.2011

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