Novemberkind
"Ich muss dieses Mädchen finden."
Das Drama "Novemberkind" zeigt ein Kapitel der jüngsten deutschen Geschichte, das die Trennung von Familien durch die Flucht aus der ehemaligen DDR in den Westen aufgreift.
Inhalt
November 2007: Inga (Anna Maria Mühe) ist im mecklenburgischen Malchow bei ihren Großeltern (Christine Schorn & Hermann Beyer) aufgewachsen. Ihre Mutter Anne ist in der Ostsee ertrunken. Das wird ihr jedenfalls seit ihrer Kindheit von ihren Großeltern, Bekannten und sogar Freunden weisgemacht, bis eines Tages der Literaturprofessor Robert (Ulrich Matthes) in der Kleinstadt auftaucht. Er behauptet, Anne vor einigen Jahren in Konstanz getroffen zu haben. Als Inga herausfindet, dass sie jahrelang belogen wurde, bricht für sie eine Welt zusammen. Sie will nur noch eines wissen: Was ist wirklich passiert und warum hat ihre Mutter sie zurückgelassen? Alle hüllen sich jedoch in Schweigen. Schließlich macht sie sich gemeinsam mit Robert auf die Suche nach ihrer Mutter, die sie durch fast ganz Deutschland führt. Doch dann erkennt sie, dass auch Roberts Erscheinen in Malchow kein Zufall war.
Kritik
Ich kann mich noch gut erinnern, als ich vor gut zwei Jahren unsere Tageszeitung aufschlug und dort im örtlichen Blatt groß in Lettern stand: "Achtung, Kamera läuft." Der Film "Novemberkind" wurde in der Mecklenburgischen Seenplatte im Raum Malchow und Groß Niendorf gedreht. Doch für eine Szene verschlug es die Hauptdarsteller Anna Maria Mühe, Christine Schorn und Hermann Beyer auch in unser Dorf. Das war einer der Gründe, warum ich diesen Film unbedingt sehen wollte, doch dieser Grund rückte in weite Ferne, als ich mich näher mit der Geschichte befasste.
Christian Schwochow machte mit "Novemberkind" seine Diplomarbeit, auf die er wirklich stolz sein kann. Sein Streifen wirkt auf mich fast schon wie ein Episodenfilm, da er drei Geschichten erzählt: Die von Anne, Ingas Mutter, die 1980 Juri, einen russischen Deserteur, bei sich versteckte und später mit ihm in den Westen floh. Dann hauptsächlich Ingas Geschichte, deren Leben von heute auf morgen einem Scherbenhaufen gleicht, als sie die Wahrheit über ihre Mutter erfährt. Ja und schließlich Ingas Suche nach ihrer wahren Identität, auf der sie von Robert begleitet wird; wie sich beide langsam näher kommen, aber genauso schnell wieder voneinander entfernen - auch durch eine Lüge.
Der Film wirkt sehr realitätsnah und glaubwürdig, was daran liegt, dass sich der Regisseur wirklich die Mühe gemacht hat, gründlich zu recherchieren. Das ist heutzutage keine Selbstverständlichkeit für einen Regisseur oder Drehbuchautor. Die Umgebung, in diesem Fall Mecklenburg-Vorpommern, aber auch Ingas Roadszenen während ihrer Suche, waren ebenso ausschlaggebend für diesen Eindruck.
Von den Hauptdarstellern konnte allen voran die sympathische Anna Maria Mühe überzeugen, die eine Doppelrolle spielte. Sie schaffte es, in ihren beiden Charakteren, die schon von ihrer Persönlichkeit her unterschiedlicher nicht sein konnten, von Anfang bis zum Ende zu überzeugen. Vor allem Anne, die im Westen immer labiler wurde, weil sie ihr Kind zurückgelassen hatte und es nicht holen durfte, spielte Anna Maria grandios. Obwohl Mühe in beiden Rollen überzeugt hat, hätte ich es jedoch besser gefunden, wenn eine andere Schauspielerin den Part der Anne übernommen hätte, sodass man nicht lange hätte nachdenken müssen, wenn wieder eine Szene aus den 1980er Jahren und Annes Leben gezeigt wurde. So aber hat man erst nach einer Weile realisiert, dass es wirklich Anne ist und nicht Inga. Wenn man den Film ein zweites Mal schaut, dann weiß man, wer wer ist. Beim ersten Mal ist man doch leicht irritiert.
Dagegen wirkte Ulrich Matthes doch ein wenig blass und wie fehl am Platze. Das lag sicher auch daran, dass der Zuschauer nicht viel Sympathie für diesen Charakter empfinden konnte, auch wenn es zwischen Inga und Robert knisterte. So wusste man schon früh, was er im Schilde führt. Die Großeltern von Inga gefielen mir in ihrer Rolle ebenfalls gut. Hermann Beyer und Christine Schorn mussten den Verrat für sich darstellen, aber gleichzeitig die nachvollziehbare Rechtfertigung ihres Handelns, da sich jeder, nachdem Anne geflohen war, vor dem Staatsapparat DDR fürchtete.
Schwochow inszenierte mit "Novemberkind" einen glaubhaften und interessanten Film, der einen berührt und der nicht umsonst zwei Nominierungen für den Deutschen Filmpreis bekommen hat, des Weiteren einige Auszeichnungen auf Filmfestspielen.
Fazit
Die Geschichte über Inga und ihre Suche nach ihrer wahren Identität ist keine spannende Geschichte, dafür aber eine, die berührt, und dank Anna Maria Mühe glaubhaft ist. Der Regisseur wollte einen Film über die Frage nach dem richtigen Leben im Falschen drehen, so seine Worte. Das ist ihm mit Hilfe seiner Mutter, die das Drehbuch verfasste, gelungen. Will ich mit einer Lüge leben, wenn doch alles ganz gut funktioniert oder stattdessen die Wahrheit einfordern, auch wenn damit Schmerz und Enttäuschung verbunden sind? Diese Frage lag dem Regisseur vor allem auf dem Herzen, aber sie betrifft nicht nur Ost, sondern auch West. Beide Teile Deutschlands sind durch diese Trennungen von Schicksalsschlägen befallen worden und aus diesem Grund ist dieser Film kein typischer Ostfilm, so wie man es vielleicht vermutet.
Dana Greve - myFanbase
06.10.2009
Diskussion zu diesem Film
Weitere Informationen
Originaltitel: NovemberkindVeröffentlichungsdatum (DE): 20.11.2008
Länge: 99 Minuten
Regisseur: Christian Schwochow
Drehbuchautor: Christian Schwochow, Heide Schwochow
Genre: Drama
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Darsteller/Charaktere
Anna Maria Mühe
als Inga / Anne
Ulrich Matthes
als Robert
Christine Schorn
als Oma Christa
Hermann Beyer
als Opa Heinrich
Jevgenij Sitochin
als Juri
Thorsten Merten
als Alexander
Christina Drechsler
als Steffi
Steffi Kühnert
als Kerstin
Ilja Pletner
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als Alexander (jung)
Juliane Köhler
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