Bewertung
Juraj Jakubisko

Bathory - Die Blutgräfin

"The less of a proof, the more of a legend."

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Inhalt

"Bathory" erzählt die Geschichte um die mächtige Gräfin Erzsébet Báthory (Anna Friel) in einem Teil des damaligen ungarischen Königreiches, das heute der Slowakei zuzuordnen ist. Während ihrer Lebenszeit (1560-1614) soll sie bis zu 600 Jungfrauen gefoltert und getötet haben, um in ihrem Blut zu baden und dadurch – so war ihr Plan - ihre Jugend und Schönheit zu erhalten. Später wurde sie verurteilt und in einem kleinen Zimmer ihres Schlosses eingemauert, wo sie drei Jahre später starb.

Kritik

Erzsébet Báthory ist zweifellos eine der faszinierendsten Persönlichkeiten der Weltgeschichte, die auch heute nichts von ihrer Anziehungskraft verloren hat. In Literatur, Bild und Film finden sich auch heute noch deutliche Bezüge auf die als "Blutgräfin" bekannte Serienmörderin. Nicht nur der Horrorfilm "Stay Alive" griff den Mythos (mehr schlecht als recht) auf, auch Julie Delpy hat mit ihrem Film "Die Gräfin", der Anfang des Jahres 2009 auf der Berlinale mit u.a. Daniel Brühl aufgeführt wurde, an die Lebensgeschichte erinnert. Dazu kommen unzählige Verweise in der Musik, vor allem im Bereich des Black Metal, sowie in zahlreichen anderen Medien.

Der Grund für die Faszination ist einfach zu fassen: Bis heute ist unklar, ob Erzsébet Báthory zum einen überhaupt wirklich 600 Mädchen getötet hat (wofür sie übrigens im Guinness Buch der Rekorde steht), zum anderen sehen viele den folgenden Prozess gegen sie als politisch motiviert und als eine geschickt gesponnene Intrige aus dem Hause Habsburg. Habsburger und Báthorys waren schon seit langem verfeindet. Auf den Befehl des habsburgischen Königs Mathias II. durchsuchte Graf Juraj Thurzo, der bereits vorher im Verruf stand, hochadelige Witwen kaltzustellen (Erzsébets Gatte Ferenc Nádasdy verstarb), um sich ihren Besitz anzueignen, die Burg Čachtice von Erzsébet, woraufhin er tote Dienerinnen fand und einen Prozess gegen sie veranlasste. An diesem durfte Erzsébet nicht teilnehmen und ein Großteil der Zeugenaussagen wurde durch Folter erzwungen. Ebenso wurde ignoriert, dass die Prügelstrafe an Dienerinnen damals vollkommen üblich war und unter anderem auch von Thurzo selbst ausgeübt wurde. Auch Morde an ihnen waren nicht gerade unüblich und wurden oft als Recht des Adeligen angesehen, wenn ihm seine Untergebenen nicht genügten. Ebenso waren die damaligen medizinischen Prozeduren, die von Hochadeligen gern an Dienerinnen durchgeführt wurden, auf höchst zweifelhaftem Niveau, sodass oft nicht einmal eine unmittelbare Tötungsabsicht nachgewiesen werden konnte.

Bis heute ist unklar, ob Erzsébet Báthory eine eiskalte Mörderin von etwa 600 Jungfrauen war, um sich in ihrem Blut zu baden, oder ob sie, als jemand, der sich für die damalige Zeit durchaus üblich verhielt, Opfer einer poltischen Intrige aus dem Hause Habsburg wurde, damit diese ihre Macht im ungarischen Königreich ausbauen konnten. Zahlreiche Studien durch angesehene Historiker konnten auch nach 300 Jahren nicht eindeutig belegen, was Fakt und was Legende ist. Und so erzählt Juraj Jakubisko, der sowohl berühmteste als auch international angesehenste Regisseur aus der Slowakei, mit seinem ersten Film in englischer Sprache, dem teuersten in der Geschichte des slowakischen Films, eine der vielen alternativen Geschichten über Erzsébet Báthory.

Er berichtet daher in knapp 140 Minuten von einer Frau, die Opfer der Umstände ist und nur deshalb so gnadenlos handelt, weil sie verzweifelt um ihr eigenes Leben kämpft, da ihr durchaus bewusst ist, dass ihre Anreicherung von Macht ihrem Umfeld ein Dorn im Auge ist. Niemals hat sie – so der Film – derart viele Mädchen umgebracht. Zudem kommt ihre anfängliche Vorliebe für Blut nicht von sich selbst hinaus, sondern aus der eigenen Angst davor, aufgrund ihrer fahlen Hautfarbe ungesund zu sein. Die Hexe Darvulia bringt sie schließlich dazu, dass nur fremdes Blut ihr helfen kann, nicht nur gesund zu werden, sondern auch ewiges Leben und immerwährende Schönheit zu erlangen. Bis sich Erzsébet endgültig von ihr abwendet, vergeht einige Zeit. Wirklich klar wird nicht, was Darvulias Einfluss auf sie eigentlich angerichtet hat, da man sich hier leider auf sehr unklare Andeutungen und Traumsequenzen stützt, wahrscheinlich auch, um sich selbst nicht eindeutig zu positionieren. Der Film zumindest macht klar, dass Erzsébet, nachdem sie Darvulia verstößt, keinerlei Interesse an Blut hat und die berühmt berüchtigten Blutbäder sich eher auf durch Kräuter rotgefärbtes Wasser beziehen.

Die bewusst uneindeutige Inszenierung ist allerdings aufgrund der Unklarheit über die tatsächlichen historischen Begebenheiten zu verkraften, nicht jedoch die schwache Zeichnung der Charaktere. Einzig Erzsébet erhält genug Facetten, um den Film zu tragen und wird dabei von Anna Friel außerordentlich gut verkörpert. Der Rest der unzähligen im Film vorgestellten Figuren allerdings ist entweder gut oder böse. Motivationen oder Auslöser ihrer Handlungen werden nicht offenbart. Vor allem Karel Roden als Juraj Thurzo hätte man als Gegenspieler Erzsébets gründlicher präsentieren müssen. Die Figur des machtbesessenen und von Grund auf bösen Antagonisten ist nämlich nicht nur Teil nahezu jedes schlechten Historienepos, sondern auch ganz und gar öde, obwohl eine gute Wechselwirkung der beiden den Film auf ein ganz anderes Niveau hätte heben können.

Dazu kommt, dass einige Nebenplots angedeutet und dann unaufgelöst in der Luft hängen gelassen werden. Dies geschieht immer wieder und stört nicht nur den Erzählfluss des Haupthandlungsfadens, sondern führt auch dazu, dass zunehmend weniger Klarheit über den Verlauf der Handlung herrscht, auch wenn die Eckpunkte natürlich bekannt sind. Unwichtige Charaktere werden in der einen Szene eingeführt, um sie danach nie wieder zu sehen, was vor allem dann stört, wenn der Hauptplot dringend ausgefeilter dargestellt werden müsste und man dementsprechend eher dafür Zeit aufwenden müsste.

Dennoch bleibt "Bathory" zugute zu halten, dass die allseits bekannte Legende um die Blutgräfin ansprechend abgebildet wurde, was auch der tollen Kostümierung und düsteren Inszenierung zu verdanken ist. "Bathory" ist blutig und teilweise drastisch und strahlt vor allem deshalb so viel Faszination aus.

Fazit

"Bathory" ist eine vor allem optisch sehr ansprechende Verfilmung von Erzsébet Báthorys Leben bzw. von dem, wie es sich einige Historiker vorgestellt haben. Anna Friel weiß in einer gänzlich anderen Rolle wie der der zuckersüßen Charlotte Charles in "Pushing Daisies" zu überzeugen. Dennoch hätten eine fokussierte Darbietung der Handlung und facettenreiche Charaktere aus dem Film einen echten Geheimtipp machen können. So bleibt der Film nur eine von vielen Interpretationen über das Leben der wohl interessantesten Gräfin, die je gelebt hat.

Das diesjährige Fantasy Film Fest bietet ab 18. August die Möglichkeit, sich den Film auch auf der großen Leinwand in zahlreichen deutschen Großstädten anzusehen.

Andreas K. - myFanbase
15.08.2009

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