Interview mit Vince Gilligan aus Akte X-Magazin No2

Vince Gilligan spricht über die Zukunft der Serie, seine persönlichen Lieblingsfolgen von Akte X, die Absetzung der Serie "Lone Gunmen" und vieles mehr. Finden Sie, dass die laufende Staffel einfacher zu schreiben ist, weil Ihr neue Charaktere und Situationen habt, an denen man arbeiten kann, oder ist es schwieriger ohne die Mulder-Scully-Dynamik?

Manchmal ist es einfacher, manchmal schwieriger. Es ist einfacher neue Ideen und Situationen für die Charaktere zu entwickeln, da sie verglichen mit Mulder und Scully in so wenigen Episoden vorkamen. Und es ist eine Herausforderung und aufregend für mich mit Ideen für sie herauszukommen, weil sie solche interessante und originelle Charaktere sind. Ich liebe die Rolle John Doggett und die Art und Weise, wie ihn Robert Patrick spielt. Das Selbe gilt für Annabeth Gish, die Monica Reyes spielt. Sie sind zwei sehr einheitliche Charaktere und sie haben meiner Meinung nach markante Unterschiede zu Mulder und Scully, daher macht es riesigen Spaß für sie zu schreiben. Auf der anderen Seite haben wir mit jeder Folge, die wir schreiben, eine Idee weniger für eine spätere Folge und es wird immer schwieriger mit etwas Neuem zu kommen, aber andererseits ist es da schon einfacher für neue Charaktere zu schreiben.

Denken Sie, dass das Konzept von Akte X stark genug ist für die neunte Staffel ohne Mulder und Scully?

Ich glaube schon. Ich kenne einige Fans, die dem nicht zustimmen werden, aber meiner Meinung nach ist die Grundidee von Akte X mehr als ausreichend für eine andere Besetzung. Vorausgesetzt, die beiden neuen Charaktere sind genauso stark und interessant wie die alten. Letztendlich denke ich aber, dass die Serie mit dem neuen Cast genauso interessant sein kann.

Ist es einfacher, seine gesamten Energien als Autor nur auf eine Serie zu konzentrieren?

Für mich ist das Schlimmste an der Absetzung der Serie "Lone Gunmen", dass wir die Hälfte der Arbeit, die zu tun ist, dieses Jahr haben. Das letzte Jahr war das härteste Jahr, das ich beim Arbeiten an einer Serie hatte, weil wir mehrere Aufgaben hatten und immer dachten: "Mensch, ich möchte nicht, dass die Serie abgesetzt wird, aber wie sollen wir das in der nächsten Staffel noch mal machen?" Fox löste das Problem für uns, indem sie die Serie absetzten und ich kann Euch nicht sagen, wie enttäuscht ich war. Ich mochte die Serie und die Charaktere und habe gerne für sie geschrieben. Allerdings weiß ich nicht, wie wir durch ein weiteres Jahr hätten kommen sollen, weil wir dieses Jahr 20-22 Episoden hätten machen müssen, und wir hatten gerade so 13 geschafft.

Warum kam die Serie Ihrer Meinung nach nicht an?

Das ist eine Frage, die ich mir selbst jeden Tag gestellt habe, weil ich gerne eine Antwort wüsste. Vielleicht war es eine Serie, die zu einer bestimmten Zeit hätte rauskommen müssen und wir haben diesen Zeitpunkt verpasst. Ich weiß nicht, wann dies hätte sein müssen, aber ich meine, es war inhaltlich interessant und humorvoll genug und die Charaktere waren liebenswürdig. Ich fragte mich immer, was kann man daran nicht lieben?, aber bin die voreingenommenste Person, die sie fragen konnten. Vielleicht gab es zu wenig Sex oder Erotik oder so was. Vielleicht brauchen die Menschen mehr Romantik als drei Männer, die zusammen in einem Keller rumhängen. Ich weiß nicht warum.

Erzählen Sie uns etwas über Ihre letzte Folge "John Doe"!

Diese Episode ging über viele Entwicklungsstufen und wurde zum Schluss eine Geschichte über Gedächtnisverlust und Amnesie. Es geht um einen Charakter, der die Erinnerungen der Menschen direkt aus ihrem Kopf saugen kann. Im Vorspann erwacht Doggett in einem verlassenen Warenhaus, wo ihm ein Cracksüchtiger die Schuhe von den Füßen zu klauen versucht. Doggett verfolgt den Kerl in eine sehr helle Landschaft, die sich als eine mexikanische Grenzstadt herausstellt, wo Doggett sofort verhaftet wird und man erkennt, dass er absolut keine Erinnerung daran hat, wer er ist oder wie er da hinkam. Der Großteil der Episode handelt von Doggett, der sich zu erinnern versucht, wer er ist und Charaktere trifft, die ihn überzeugen wollen, dass es wohl das Beste wäre, loszulassen und nicht in die USA zurückzukehren, von der er zu kommen meint. Es ist eine andere Art von Episode. Im Mittelpunkt der Folge steht dieser kleine Funken Erinnerung, in der ein Junge kommt und ihn weckt. Er stellt sich vor, dass dieser kleine Junge sein Sohn ist. Und das ist der emotionale Teil der Folge, weil, wie Fans wissen, Doggett seinen Sohn, ein paar Jahre bevor er zu den X-Akten kam, verloren hat. Das ist der Schlüssel um seine Erinnerung zurück zu gewinnen.

Also ist es eine eher psychologische Episode?

Es gibt etwas Aktion in der Episode, aber es handelt sich definitiv um eine psychologische Episode. Es war interessant, sie zu schreiben , weil der Vorspann und der erste Akt zeigen nur Doggett in Mexiko. Es dauert bis zum zweiten Akt, dass wir etwas über die anderen Hauptcharaktere in Washington erfahren und sehen, was dort passiert. Ich mochte es schon immer, eine andere Art von Struktur zu konstruieren und "John Doe" ist eine Art von Geschichte.

Was ließ Sie zu der Entscheidung kommen, in dieser Staffel wieder Regie zu führen?

Ich fühle, wie glücklich ich mein ganzes Leben gewesen bin, da ich immer wusste, was ich werden wollte, schon seit der dritten Klasse. Ich wollte immer schon Filme machen und alles, was dazu gehört - ich wollte sie schreiben und Regie führen, ich wollte die Special Effects machen sowie die Kostüme - und all die Jahre später bin ich sehr glücklich meine Träume erfüllt zu sehen. Autor ist ein toller Beruf und ich bin froh einer geworden zu sein, aber ich wollte auch probieren Regie zu führen. Das erste Mal, als ich dies tat (bei "Je souhaite"), war mein Terminkalender schon voll und ich war wirklich nervös. Im Hinterkopf hatte ich Gedanken wie: "Ich sollte alles absagen, was, wenn alles schrecklich wird und ich Geld von 20th Century Fox verschwende. Was, wenn mich jeder nur für einen Narren hält."  Aber irgendetwas ließ mich weitermachen, ich glaube es war der Gedanke daran, dass, wenn ich diese großartige Möglichkeit nicht wahrgenommen hätte, als ich sie hatte, ich immer zurück schauen würde und mir in den Hintern treten würde, weil ich es nicht wenigstens probiert und vermasselt habe. Jetzt, wo ich gemacht habe, muss ich noch so viel zu lernen und das ist ein Grund, warum ich wieder Regie führen möchte.

Also haben Sie dadurch einige Erfahrungen gesammelt, die Sie beim zukünftigen Schreiben und Regie Führen nutzen werden?

Ja und hoffentlich kann ich noch gute Arbeit leisten. Ich hatte eine kleine Idee, aber ich muss sie noch zu Papier bringen, weil die Zeit davonläuft und ich mit dem Drehbuch weiter machen muss. Ich hoffe, ich werde bald damit fertig, je früher desto besser, damit ich später noch Zeit habe es zu überarbeiten und so zu machen, wie ich es will. Das betrifft uns immer: "Haben wir noch genug Zeit?" Irgendwie klappt es immer, obwohl viel Nervosität und Stress mit diesem Job verbunden sind, aber ich glaube, wir wollen es auch nicht anders.

Was halten Sie für Ihre Stärken als Autor bei Akte X?

Ich kann Ihnen sagen, was meine Stärken nicht sind. Ich habe definitiv kein Fable für die Mythologiefolgen. Es gab nur eine, an der ich als Autor beteiligt war, die Quasimythologiefolge "Momento Mori". Ehrlich, ich liebe es, die Mythologiefolgen zu sehen, aber ich sehe sie nur als Fan. Ich habe nicht so viel damit zu tun. Es ist eine andere Art von Geschichtenerzählen, eine sehr gute Art, aber eine, für die ich nicht wirklich ausgestattet bin. Wenn ich Stärken bei der Serie habe, dann sind das die abgeschlossenen Folgen, die nichts mit der Mythologie zu tun haben. Meine Stärken sind sowohl das sich Hinsetzen und das Schreiben einer Folge. Das sage ich deshalb, weil wir als Produzenten während der Produktion einer Folge viele verschiedene Aufgaben haben. Wir erfinden eine Geschichte und stoßen sie Stein für Stein heraus, bevor irgend jemand zu schreiben beginnt. Dann müssen wir die Folge besetzen und sie schneiden und die Musik anhören und mit den FX-Produzenten zusammen arbeiten. All diese Dinge sind Teil unseres Jobs. Ich denke, ich habe viel darüber gelernt, aber meine Stärke liegt darin, eine fertiges "Board" zu nehmen und es in ein fertiges Drehbuch zu verwandeln. Falls ich eine Stärke habe, dann ist es dies.

Fallen Ihnen irgendwelche Lieblingsfolgen ein, wenn Sie auf alle Folgen, an denen sie gearbeitet haben, zurück blicken?

Das ist eine gute Frage. Die Wahrheit ist, ich habe keinen Favoriten. Ich war nie einer derjenigen, die ein Lieblingsessen oder ein Lieblingsgetränk oder sonst was hatten. Ich weiß nicht warum, aber ich konnte nie etwas zum Favoriten bestimmen und das gilt auch für die Folgen, die ich geschrieben habe. Auch bei den Episoden, an denen ich als Zuschauer viel Spaß hatte, fällt es mir schwer einen Liebling heraus zu suchen.

Haben Sie eine Auswahl?

Von meinen Episoden? Nun gut, "Bad Blood", "Pusher", "Paper Hearts", "Hungry", "Je Souhaite", einfach, weil es so viel Spaß gemacht hat. Eine Episode, auf die ich besonders stolz bin, ist "Folie à Deux", die, glaube ich, bei den Fans nicht so ankam, wie ich gehofft hatte, aber sie gehört noch zu meinen Favoriten.

Gibt es Episoden, die Sie lieber aus dem Gedächtnis streichen würden?

Ich bin glücklich, dass unter den Folgen, an denen ich gearbeitet habe, einige sind, auf die ich nicht so stolz bin. Aber ich kann ehrlich sagen, es gibt keine einzige Folge, vor der ich mich verstecken würde und mich am liebsten mitten im Wald vergraben würde. Ich bin einfach so stolz Teil dieser Serie zu sein, die schon großartig war, bevor ich dazu kam. Und bis heute, neun Jahre später, ist sie immer noch großartig. Es war eine Serie, von der ich ein Fan war, bevor ich irgendetwas mit ihr zu tun hatte und ich wäre noch immer ein Fan, wenn ich nie mitgearbeitet hätte. Ich denke, das ist eine starke Serie, egal was ich getan habe, aber ich bin auch stolz auf das, was ich getan habe. Ich bin sehr stolz auf diese Serie, und ich bin befangen, das gebe ich zu, aber ich hoffe, sie bekommt einen Platz in der Fernsehgeschichte. Quelle: havennews



Emil - myFanbase
23.03.2002 00:00

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